Auch mit ihren 81 Jahren ist Lyrik für Margarete Biedermann etwas Einzigartiges geblieben. Und deshalb hat sie sich auch einer besonders schwierigen Art des Dichtens verschrieben: der Haiku-Dichtung.
Schon seit vielen Jahren dichtet sie in dieser äußerst anspruchsvollen und sensiblen Kunstform und hat dafür schon zahlreiche Preise in Empfang nehmen können. Margarete Biedermann präsentierte in der Buchhandlung Friedrich ihr neues Buch "Der Mond schreibt Liebesbriefe". Es ist eine bibliographische Kostbarkeit - eine Sammlung ihrer schönsten Haiku-Gedichte.
Nur 17 Silben braucht die Hobby-Dichterin, um die Gedanken der Menschen einzufangen, um wichtige Dinge auszusagen und zum Nachdenken zu inspirieren. "Ein goldener Punkt im Kreislauf der Gefühle. Möge er leuchten", lautet eines ihrer Gedichte. Natürlich steht auch dieser Haiku in ihrem neuesten Buch, das den Titel "Der Mond schreibt Liebesbriefe" trägt.
Das Buch ist eine Rarität Das Buch ist ein bibliographische Rarität - und dafür hat der Kronacher Künstler Ingo Cesaro gesorgt.
Denn er hat das Buch in seinem Verlag Neue Cranach Presse herausgebracht. Nur 120 Exemplare, natürlich von Hand durchnummeriert, gibt es von dem Buch in der Buchhandlung Friedrich. Das Buch hat einen handgeschöpften Umschlag, in den Wollfäden mit eingearbeitet worden sind und wird von einer Durchstichfadenheftung zusammengehalten. "Das Papier ist in Nepal handgeschöpft", erklärte der Künstler. Doch auch das Innere des Buchs kann mithalten. Die Gedichte sind in Japanblock gebunden, auf dickem Werksbuchpapier.
Bei der Präsentation ihres Buchs kamen viele Weggefährten von Margarete Biedermann: die Familie, Verwandte, Freunde, und viele, die Dichtung und Lyrik lieben. Die Dichterin indes machte nicht viele Worte um ihre Person. Nur so viel, dass sie sich freut, dass sie Haiku-Gedichte machen kann.
Margarete Biedermann rezitierte ihre Gedichte immer zweimal - leise und unaufdringlich und doch entfalteten die Haiku-Gedichte eine unglaubliche Präsenz. Sie zogen die Menschen in ihren Bann, sie sorgten für innere Berührung und für Nachdenklichkeit und Tiefsinnigkeit. Und eigentlich hätte man die kurzen Gedichtchen noch öfters hören können, denn manche waren so faszinierend, dass es sich gelohnt hätte, über die Worte noch länger nachzudenken.
Der Reiz der Dichtung Beim ersten Vortrag konnten die zahlreichen Zuhörer, die zur Buchpräsentation in der Buchhandlung Friedrich gekommen waren, den Reiz der Dichtung einfangen, beim zweiten Mal rückte dann der Sinn und Hintersinn der Dichtung in den Mittelpunkt.
Die Gedichte von Margarete Biedermann hatten so manche stille Botschaft parat: "Es sind Botschaften, die von den Quellen geschickt werden - ganz leise."
Doch Haiku-Dichtung kann auch einfach nur Spaß machen, bewies Margarete Biedermann; "Das Kasperle kauft im Kaufladen der Träume neue Späße ein", lautete ein Gedicht. Die Zuhörer hatten verstanden und lachten spontan. Überhaupt war es bei der Lesung faszinierend, hautnah mitzuerleben, wie Margarete Biedermann die Menschen faszinierte. Denn die Zuhörer lauschten den Worten, suchten nach der Botschaft, die in den 17 Silben steckte. "Meine Luftballons fliegen in heimatliche Gefilde - wie schön", las Margarete Biedermann. Und mache Gedichte entpuppten sich auch ein bisschen hintersinnig: "Eros und Ethos - habt ihr Gemeinsamkeiten? Ich sehe das E." las Margarete Biedermann beispielsweise vor.
Künstler Ingo Cesaro erklärte die Kunstform des Haiku.
Denn die ist äußerst kompliziert. In Japan muss immer die Zeit, in der der Haiku spielt, beschrieben sein und immer muss ein Haiku ein Naturbild beinhalten, ein so genanntes "Kigo". Doch das Verständnis für Jahreszeit ist ein anderes als in Deutschland, erklärte Cesaro die komplexe Dichtform und versuchte, den besonderen Reiz der Haiku-Dichtung zu vermitteln. Cesaro war es auch, der vor vielen Jahren Margarete Biedermann zur Haiku-Dichtung brachte.
Große Gedankengänge Bis heute ist die Kulmbacherin fasziniert davon, wie wenig Silben nötig sind, um große Dinge und große Gedankengänge auszudrücken. "Der Ingo Cesaro ist ein großer Meister, Mentor und ist noch heute ein großes Vorbild von mir", gab sich Margarete Biedermann bescheiden. Doch für ihre Fans ist auch Margarete Biedermann ein großes Vorbild. Denn sie lebt die Haiku-Dichtung.