Große Mehrheit war für Schulen in Kronach

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Heinz Köhler ist auch heute noch überzeugt, der Bau des Schulzentrums und somit eine zweite Realschule und Gymnasium für die Kreisstadt, war eine richtige Entscheidung.
Heinz Köhler ist auch heute noch überzeugt, der Bau des Schulzentrums und somit eine zweite Realschule und Gymnasium für die Kreisstadt, war eine richtige Entscheidung.

Heinz Köhler war Landrat, als die Weichen für das Schulzentrum in der Kreisstadt gestellt wurden. Er erinnert sich noch gut an die Gegebenheiten, die aus seiner Sicht gegen eine weiterführende Schule im Norden sprachen.

Die Themen Schülerbeförderung und weiterführende Schule im Norden sorgen zurzeit immer wieder für Diskussionen. Es wird mitunter von Fehlern in den 70er Jahren gesprochen. Von einer Zeit, in der Heinz Köhler Landrat war. Noch heute wird er für gelegentlich kritisiert, dass unter seiner Federführung statt im Norden in der Kreisstadt ein zweites Gymnasium und eine zweite Realschule errichtet wurden. Wie es dazu kam, darüber äußert sich Köhler im Interview.

Macht es Ihnen etwas aus, wenn Stimmen laut werden, die Sie für eine fehlende weiterführende Schule im Norden verantwortlich machen?
Heinz Köhler: Das ist ein dummes Gerede, zum Teil von Leuten, die damals noch nicht auf der Welt waren und die die damaligen Rahmenbedingungen nicht kennen. Jeder, der solche Behauptungen äußert, sollte sich zuvor ein klares Bild machen.

Der Kreistag hatte sich 1971 für eine Realschule in Steinbach ausgesprochen. Dies hat das Kultusministerium abgelehnt. Das bedeutete das Aus für eine Schule in der Rennsteig-Region. Es muss endlich Schluss sein mit den Gerüchten, der Kreistag oder ich als Landrat und eine Zwietracht der Bürgermeister hätten eine Schule verhindert.

Damals wie heute kann im Landkreis aufgrund der Geographie keine ideale Situation für alle Schüler geschaffen werden. Eine weiterführende Schule im Norden wäre zwar insbesondere aus strukturpolitischen Gründen wünschenswert, ist aber meiner Meinung nach nicht realisierbar.

Warum nicht?
Die Schülerzahlen sprechen dagegen und sie bewegen sich nachweislich nach unten. Hinzu kommen mangelnde Querverbindungen. Außerdem werden zurzeit Millionen von Euros in die bestehenden Schulgebäude investiert. Auch die Kreisräte aus dem Norden haben die entsprechenden Beschlüsse mitgetragen. Und Kronach ist nun mal das Zentrum, das von allen Teilen des Landkreises gut erreichbar ist. Weiterführende Schulen müssen für den gesamten Landkreis ausgelegt werden, auch für das Rodachtal.

Und außerdem: Wie soll denn eine qualitative Beschulung bei den verschiedenen Wahlmöglichkeiten gewährleistet werden? Vielmehr sollten die Bemühungen um eine Optimierung des Personennahverkehrs noch mehr intensiviert werden. Hier besteht Handlungsbedarf.

Aber die Schüler würden sich sicherlich freuen, wenn eine weiterführende Schule in der Rennsteig-Region vorhanden wäre...
Sicherlich, wenn man die zum Teil utopischen Vorstellungen mancher Leute zugrunde legen wollte. Wenn man konkret wird, habe ich meine Zweifel. Ich erinnere mich noch genau, als im Jahre 1972 eine Schülerbefragung durchgeführt wurde. Von 1233 Stimmen sprachen sich 1062 Schüler für den Standort Kronach aus. Aus den Rennsteiggemeinden und dem Pressiger Einzugsgebiet votierten von 431 Schülern 306 (71 Prozent) für Kronach.

Bei der Elternumfrage wurden 1263 Stimmen abgegeben. Davon entfielen 1068 auf den Standort Kronach. Selbst aus den Rennsteiggemeinden und dem Einzugsbereich Pressig sprachen sich von 438 Eltern 289 (66 Prozent) für Kronach aus.

Und deshalb kamen die zweite Realschule und das zweite Gymnasium nach Kronach?
Da muss ich etwas ausholen. Wie oben schon angesprochen, hatte sich der Kreistag am 6. September 1971 für eine Realschule in Steinbach ausgesprochen. Dieser Standort wurde von der Regierung von Oberfranken und dem Kultusministerium abgelehnt, da diese Gemeinde keine Hauptschule im Ort hatte und auch kein zentraler Ort im Sinne der Landesplanung war. Das waren damals die Vorgaben. Gleichzeitig wurde Pressig als Standort für eine Realschule und für ein Teilgymnasium vorgeschlagen. Die Entscheidungsfindung lag also in den Händen des Kultusministeriums.
Wenn man damalige Bürgermeister für irgendein Verhalten verantwortlichen machen kann, dann nur insoweit, dass sie 1968 den Rat von Hans Parnickel nicht angehört haben, sich für eine integrierte Gesamtschule zu öffnen. 1971 war es zu spät, da schon Fakten geschaffen waren.

Das Kultusministeriums zog Anfang der 70er Jahre ein "Pro-Gymnasium", also Unterricht bis zur zehnten Klasse in Pressig, in Erwägung. Dafür machte sich auch der aus Reichenbach stammende Ministerialrat Hoderlein stark. Aber am Ende waren es einfach auch zu wenig Schüler.

Und anschließend fiel die Entscheidung für das Schulzentrum in Kronach?
Ich kam am 1. Juli 1972 ins Amt. Ich hatte versprochen, die offenen Entscheidungen über die Schulstandorte allein nach objektiven Gesichtspunkten zu treffen. Es standen also die Schulstandorte Kronach oder Pressig zur Wahl. Letztendlich wurde mit 46:11 Stimmen der Beschluss für Kronach gefasst. Dieser Entscheidung lag in den breit gefächerten Bildungsmöglichkeiten begründet, die vor allem die Lehrerschaft des Kaspar-Zeuß-Gymnasiums als Fachleute vorgetragen hatten. Auch hatte die Bundesbahn erklärt, dass sie nur Kronach als einzigen Ort im Landkreis optimal anbinden könnte. Der öffentliche Personennahverkehr war damals noch wichtiger als heute. Hinzu wurde das Problem der Lehrerversorgung diskutiert. Damals herrschte Lehrermangel. Es war kaum möglich, Pädagogen nach Kronach zu bekommen; für den Standort Pressig schien es noch unwahrscheinlicher.

46:11 Stimmen, das bedeutet, auch Kreisräte aus dem Norden sprachen sich für den Standort Kronach aus?
Diese eindeutige Mehrheitsentscheidung ging quer durch alle Fraktionen. Im Wesentlichen stimmten die Mandatsträger aus dem Raum Pressig für ihre Gemeinde. Die Vertreter aus den Rennsteiggemeinden votierten für Kronach, da ihrer Ansicht nach Pressig nicht mehr zur Rennsteig-Region gehörte.

Sind Sie denn heute noch überzeugt, dass die Entscheidung damals richtig war?
Ja, bei den damaligen Rahmenbedingungen und der jetzigen Geburtenentwicklung umso mehr. Außerdem, für die Kinder aus dem Norden ist der Schulweg nicht das zentrale Problem. Es sollte an den Anbindungen gearbeitet werden. Auch ich hatte übrigens einen langen Schulweg zu bewältigen. Ich stand täglich um 5 Uhr auf, fuhr von Mitwitz nach Coburg, war über zehn Stunden unterwegs und das an sechs Tagen pro Woche. Also ich weiß wovon ich spreche. Und mir hat es nicht geschadet.