Ehrenamt hat im Kreis Kronach (noch) einen hohen Stellenwert
Autor: Marco Meißner
Kronach, Donnerstag, 04. Dezember 2014
Vereinsleben, Sport, Sozialwesen - ohne ehrenamtliche Helfer würde auch im Kreis Kronach nichts laufen. Der Tag des Ehrenamts am Freitag, 5. Dezember, soll daran erinnern. Doch auch in unserem ländlichen Raum zeichnen sich negative Veränderungen ab.
Ehrenamtliche? "Es werden immer noch welche gesucht!", sagt Karl H. Fick schmunzelnd mit Blick auf den morgigen Tag des Ehrenamts. Der Kreisvorsitzende des Bayerischen Landes-Sportverbands (BLSV) ist selbst seit Jahrzehnten engagiert und kennt die Situation der Ehrenamtlichen aus dem Effeff. "In den Vereinen sind wir noch relativ gut aufgestellt", beurteilt er die Lage, die aber schwieriger werde. Vor allem die Posten der Vorsitzenden und Schatzmeister seien zum Teil nicht leicht zu besetzen.
Schatzmeister - keine leichte Aufgabe
Wer mit den Finanzen eines Vereins befasst sei, müsse sich unter Umständen noch um ein Sportheim oder Ähnliches kümmern. "Das ist ein Wirtschaftsbetrieb", weiß Fick, dass in solchen Fällen Fachwissen von Nöten ist. Keine dankbare Aufgabe für einen unbezahlten Job nach Feierabend.
Eva-Maria von Nordheim vom Schwimmverein Kronach sieht das ebenso. "Das Schulsystem hat uns einen Bärendienst erwiesen", schimpft sie. Viele junge Leute hätten dadurch kaum noch privaten Spielraum.
Auch manche Maßnahmen, welche die Ehrenamtlichen als Einzelpersonen unterstützen sollen (zum Beispiel eine Ehrenamtskarte), hält sie prinzipiell für eine Themaverfehlung. "Wir arbeiten alle aus Idealismus", betont sie. Eine Ehrenamtskarte ändere nichts daran, dass es in den Vereinen zumeist nur ein harter Kern sei, der die Arbeit leiste. Viel wichtiger wäre es nach ihrer Ansicht, dass die Sportstätten in Schuss und die Trainingsgebühren niedrig gehalten werden. Dann könnten die Vereine weiter Beiträge verlangen, die familienfreundlich sind und möglichst viele Mitglieder in ihre Reihen locken.
Jugendliche sollen merken, dass es Spaß macht
Dass es in ländlichen Regionen besser um das Ehrenamt bestellt ist als in Metropolen, hebt Jugendpfleger Bernd Pflaum vom Landratsamt hervor. Für wichtig hält er, dass der überwiegende Teil der Ehrenamtlichen im Jugendbereich tätig ist. "Wenn Jugendliche so ans Ehrenamt herangeführt werden, sind sie später auch bereit, selbst mitzumachen. Sie sehen ja, dass es Spaß machen kann", weist er auf die Vorbildfunktion der heutigen Ehrenamtlichen hin. Er teilt auch Ficks Ansicht, dass sich recht schnell Helfer für projektbezogene Aufgaben finden; bei Vorstandsposten sehe es anders aus. Und er pflichtet bei, dass die Schule den jungen Leuten immer weniger Raum für sich selbst lässt.
Ralf Schmidt, Ehrenamtsbeauftragter im Rot-Kreuz-Kreisverband, hält seine Organisation mit 187 ehrenamtlich Tätigen für gut aufgestellt. Dennoch erkennt er ebenfalls einen Wandel durch das veränderte Bildungssystem, die häufige Mehrfachbelastung durch Posten der Mitglieder in verschiedenen Vereinen und die wachsenden Anforderungen. "Das ganze Rechtswesen, die Ausbildungen - das macht's nicht leichter", betont er. Daher müsse man neue Wege suchen. Online-Ausbildungen könnten ein möglicher Ansatzpunkt sein.
Hintergrund zum Internationalen Tag des Ehrenamts
Am morgigen Freitag ist der Internationale Tag des Ehrenamts. Dieser Gedenk- und Aktionstag wird jährlich am 5. Dezember abgehalten. Er dient der Anerkennung und Förderung ehrenamtlichen Engagements. "Deutschland ist ein Land der Vereine", betont BLSV-Kreisvorsitzender Karl H. Fick die große Bedeutung des Ehrenamts in der Bundesrepublik. Dieses wird durch den Gedenktag gewürdigt. Der Tag des Ehrenamts wurde 1985 von der UN beschlossen. 1986 trat dieser Beschluss in Kraft.
Statistik des Sport-Ehrenamts
35 bis 38 Prozent der deutschen Bürger seien in einem Sportverein organisiert, erklärt Karl H. Fick. Das seien 27 Millionen Mitglieder. Und darunter fänden sich 1,9 Millionen Ehrenamtliche. Beim BLSV seien 4,4 Millionen Mitglieder und rund 300 000 Ehrenamtliche in 10 600 Sportvereinen registriert. Auf Oberfranken-Ebene sei von 380 000 Mitgliedern und 27 000 Ehrenamtlichen in den Sportvereinen die Rede. Im Landkreis Kronach gebe es 140 Sportvereine mit circa 30 000 Mitgliedern und rund 1000 Personen, die ehrenamtlich tätig seien.
Das denken ehrenamtlich Tätige
Andy Fischer (BDKJ/Kreisjugendring): Für Andy Fischer ist es etwas Selbstverständliches, sein Leben mit Ehrenämtern zu bereichern. "Ich bin ein total ehrenamtlich geprägter Mensch und in diesem Bereich breit aufgestellt", räumt er ein. "Dieses Engagement bringt mir auch persönlich sehr viel." Er ermutigt andere dazu, ihr soziales Engagement für die Gesellschaft ebenfalls in Ehrenämtern zu leben. Unserer Region gehe es da noch relativ gut. In den Familien würden die Werte des Ehrenamtes an die jungen Leute weitergegeben. "Da können wir uns im ländlichen Bereich glücklich schätzen." Darauf dürfe man sich aber nicht ausruhen. Vielmehr müsse man den Sinn sozialer Organisationen wieder stärker unter die Leute streuen.
Michael Neubauer (BRK): "Die Ehrenamtlichen sind beim BRK sehr wichtig. Sie machen ja den größten Teil der Helfer aus", erklärt Michael Neubauer, der sich selbst beim Roten Kreuz engagiert. Warum er das tut? "Grundsätzlich ist es einfach schön, anderen Menschen helfen zu können. Und wenn man selbst mal auf Hilfe angewiesen ist, kann man so wieder etwas zurückgeben." Da die Helfer beim BRK auch bei schwierigen Einsätzen anpacken müssen, sei es sehr wichtig, dass den Ehrenamtlichen eine fundierte Ausbildung ermöglicht wird. "Es wird keiner in den Einsatz geschickt, der nicht darauf vorbereitet ist", betont Neubauer. Und schön sei es dann auch, mit Leuten aus anderen Gegenden im Einsatz zusammenzuarbeiten.
Egon Grünbeck (BFV): Für Egon Grünbeck hat das Ehrenamt einen hohen Stellenwert. Das war schon zu seinen Zeiten als Aktiver so, ehe er selbst auf die Seite der Ehrenamtlichen gewechselt ist. "Ich wusste als Spieler das Ehrenamt zu schätzen", betont er. "Es war für mich keine Selbstverständlichkeit, dass die Kabine sauber und der Rasen gemäht war. Ich wusste, dass da jemand dahinter stand, der seine Freizeit geopfert hat." Ihm selbst gehe es nicht darum, sein Amt hoch zu hängen. "Ich mache das, weil ich dem Fußball seit jeher verbunden bin. Und mache ich's nicht, dann macht's bestimmt ein anderer", sagt er mit einem Schmunzeln. Was ihm im Ehrenamt wichtig ist: Teamarbeit und ein ehrlicher Umgang miteinander.
Hans Hutzl (Feuerwehr Kronach): Bei der Schreiner-Innung und der KAB ist Hans Hutzl engagiert. Doch sein Herzblut steckt seit jeher vor allem in der Feuerwehr. Als Jugendlicher war er so begeistert von den Übungen der Brandschützer, dass er mit 19 selbst beitrat. "Ich habe alle Laufbahnen bis zum stellvertretenden Kommandanten durchlaufen. Heute kümmere ich mich noch um die Feuerwehr-Senioren." Die Freude an seinem Ehrenamt hat er nie verloren. "Die Arbeit macht Spaß, und wir konnten bei Bränden und Unfällen so manchem helfen", blickt er auf die vergangenen 50 Jahre zurück. Die bis zu 115 aktiven Feuerwehrler aus "Hugel-Rekordzeiten" heute noch einmal zu erreichen (derzeit 85), sei nicht realistisch.
Ulrich Zeuß (TS Kronach): Zwölf Jahre lang stand Ulrich Zeuß an der Spitze des größten Sportvereins im Kreis. Der leidenschaftliche Sportler ist nun (wieder) Beisitzer. "Der enge Zusammenhang mit dem Beruf als Sportlehrer am Frankenwald-Gymnasium und die Freude an der Teamarbeit" haben ihn erst als Aktiven, dann als vielfältig engagierten Ehrenamtlichen zur Turnerschaft gebracht. Heute spürt er, dass es zunehmend schwieriger wird, Posten zu besetzen. "Dabei braucht jeder Verein für seine Funktionsfähigkeit eine intakte Organisation." Andernfalls wären die Angebote nicht realisierbar. Doch der persönliche Bezug zum Ehrenamt und zu den Vereinen selbst nimmt Zeuß' Einschätzung nach in der Gesellschaft ab.