Ehemaliger Todesstreifen bei Burggrub - Mostholzer haben sehr gelitten
Autor: Marco Meißner
Burggrub, Freitag, 10. Oktober 2014
Herbert Kalb erinnert sich an die Freude in Burggrub bei der Grenzöffnung und an große Probleme am Todesstreifen.
25 Jahre ist es her, dass die kürzeste Bundesstraße der Bundesrepublik durch Burggrub geführt hat. Im Nachbardorf Mostholz hat es eine Straße gegeben, die zur Hälfte zu Thüringen, zur Hälfte zu Bayern gehört hat. Und es hat Stacheldraht sowie einen Wachturm gegeben.
Auch heute entdeckt man entlang des ehemaligen Todesstreifens bei Burggrub Besonderheiten; die haben ihren Ursprung in wesentlich erfreulicheren Ereignissen. Da ist die einzige Grenz- und Friedenskapelle weit und breit. Es gibt Wegkreuze die an das Überwinden der deutschen Teilung erinnern. Und das "Grüne Band" zieht sich an der Stockheimer Gemeindegrenze entlang.
Herbert Kalb (84) verbindet mit diesen Wegpunkten besondere Glücksmomente, welche die Burggruber und ihre Nachbarn in Neuhaus-Schierschnitz haben zusammenrücken lassen. Als Bürger, Kommunalpolitiker und Sportfunktionär erlebte er die Grenzöffnung und die ersten Kontaktaufnahmen aus drei Blickwinkeln.
"Um 12.21 Uhr wurde die Verbindung auf der B 89 - wenn auch nur für Fußgänger aus Burggrub und Neuhaus-Schierschnitz - geöffnet", blickt Kalb auf den 24. November 1989 zurück. "Es war ein Tag wie kein anderer. Der Jubel war unbeschreiblich."
Der Burggruber, der auch als freier Mitarbeiter für den Fränkischen Tag bekannt ist, wollte gleich Bilder von der anderen Seite der Grenze aus schießen. Das war aber gar nicht so einfach. "Die von drüben wollten mich rüberlassen, aber unsere wollten mich zunächst nicht durchlassen", erinnert er sich an seinen ersten Grenzübertritt.
Am Ende ist er aber zu seinen Fotos gekommen, und kurz darauf pilgerten die Menschenmassen auf der B 89 zwischen Ost und West hin und her.
Noch am Tag der Grenzöffnung wurde in Burggrub privat, in der Gastwirtschaft Höring und im FC-Sportheim ausgiebig gefeiert. Bereits einen Tag später trafen sich die Neuhaus-Schierschnitzer und ihre Nachbarn auf dem Fußballplatz des FC Burggrub.
Die Altliga des BSG Isolator setzte sich dabei mit 4:3 gegen die AH der Hausherren durch. Bald darauf trat das Burggruber Team zur Revanche in Thüringen an. "Wir haben damals Bier mit rüber geliefert", erinnert sich Kalb. Das sei ruck zuck weg gewesen. "Denn das Bier drüben konntest Du nicht trinken", fügt er mit einem Schmunzeln an.
In Mostholz begegnet Kalb dem dort wohnenden Heinrich Günther. Gemeinsam erinnern sich die beiden Weggefährten daran, dass die Zeiten rund um Burggrub nicht immer so freudig waren wie beim Fall des Eisernen Vorhangs. Günther hatte den Todesstreifen direkt vor der Haustür.
Nur ein paar Meter weiter spaltete die Grenze die Straße in einen Ost- und einen Westteil. Gegenüber von seinem Heim mussten zwölf Häuser Platz für Stacheldraht und Minengürtel machen. Und ehe die Grenze geschlossen wurde, tauchten die russischen Soldaten immer wieder auf den Bauernhöfen auf, bedienten sich dort am Vieh. "Das waren Aufzüge", erinnert sich Günther an das Leid der Landwirte, wenn ihre Kühe und Pferde über die Grenze getrieben wurden.
Ein Todesopfer
"Es wurde ein paar Mal geschossen, danach hat sich keiner mehr rausgetraut", beschreibt der Mostholzer, wie die Bauern letztlich in ihre Schranken verwiesen wurden. Kalb fällt dabei auch der Todesfall eines Burg grubers im Grenzgebiet ein. "Hermann Schnabel wurde erschossen", sagt er. "Das war eine schlimme Zeit", versichert Günther. Und die beiden Männer sind sich einig: "Gott sei Dank, ist sie vorbei."