"Die Päpstin" in Kronach: Modern und brisant
Autor: Sonny Adam
Kronach, Sonntag, 16. März 2014
Eine große Kulisse mit Pomp braucht die Bühnenfassung von Susanne F. Wolf nicht. Doch um ein Haar hätte die Technik dem Ensemble "Theaterlust" bei der Premiere in Kronach einen Strich durch die Rechnung gemacht.
Das Schauspiel "Die Päpstin" wurde einen Tag vor der Premiere in Kronach von dem Ensemble "Theaterlust" aus Kempten uraufgeführt. Es soll eine moderne, temporeiche Inszenierung sein - sickerte bereits im Vorfeld durch.
Doch das Ensemble spannte die Kronacher zur Premiere auf die Folter. Denn der Server war ausgefallen, mit Standleitung versuchte das Ensemble zu retten, was noch zu retten war. "Das ist mir in 28 Jahren noch nicht passiert", sagte Kreiskulturreferentin Gisela Lang und überlegte schon, ob die Vorstellung nachgeholt werden könnte oder ob man einfach ohne Technik spielen könnte.
Kisten und eine Leinwand
Dann klappte doch noch alles. Mit einer halben Stunde Verspätung konnte das Drei-Stunden-Stück in Kronach doch noch Premiere feiern.
Denn in der Produktion von Thomas Luft gab es keine große Kulisse, die zwischen Ingelheim am Rhein und Rom, zwischen dem Kloster Fulda und Dorstadt gewechselt werden musste.
Nur ein paar Kisten standen auf der Bühne - und eine weiße Leinwand. Und je nach Spielort wurden auf die Kisten und auf die weiße Leinwand dahinter Videos und Computeranimationen eingeblendet.
Auch in der Auswahl der Kostüme setzte die Inszenierung auf Einfachheit. Denn schließlich spielte "Die Päpstin" im neunten Jahrhundert. Und in dieser Zeit hatten Frauen kaum Rechte. Deshalb liefen die Frauen einfach in sackähnlichen Gewändern umher. Nur die Priester waren herrlich gekleidet - als Hinweis auf den Stellenwert der Kirche in der damaligen Zeit.
Frauen hatten damals keine Rechte, schon gar nicht das Recht auf Bildung. Sie mussten sich unterordnen, wurden wie Tiere behandelt. Schon zu Johannas Geburt, bei der Johannas Mutter Gudrun (Petra-Lina Schulze) fast gestorben wäre, war Johannas Vater, der Dorfpriester von Ingelheim (Alexander Wagner), kein bisschen froh. Die Geburt eines Mädchens sei eine Strafe Gottes.
Heimliches Lernen
Nur Johannas Brüder - Matthias, der ältere Bruder (Johannes Schön) und Johannes (Sebastian Krawczynski), ihr jüngerer Bruder - waren wichtig. Der ältere sollte Priester werden. Und weil Johanna keine Ruhe gab, aber schlau und intelligent war, lehrte Johannes die kleine Schwester Latein und Griechisch. Heimlich.
Doch dann starb Matthias. Nun musste der jüngere Bruder Johannes in die Fußstapfen treten, obwohl er doch lieber Soldat werden wollte und auch sonst mit der Bildung und dem Lernen so seine Schwierigkeiten hatte.
Johanna kämpfte sich durch, überlebte sogar eine grausame Schlacht der Normannen, bei der auch ihr Bruder getötet wird. Und schließlich schnitt sie sich die Haare ab und trat als "Johannes" ins Kloster Fulda ein. Denn Johanna wollte die Welt verändern, sie wollte Wissen, Wissen, Wissen.
Johanna wird wegen ihrer Heilkünste berühmt, wird sogar als Leibarzt des Papstes berufen - und schließlich wird sie selbst Papst. Niemand ahnte, dass auf dem Papstthron eine Frau sitzt. Doch in Rom traf Johanna ihren Geliebten Gerold (Johannes Schön) wieder und wird schwanger.
Johanna steht vor einer Entscheidung - bleibt sie Päpstin oder folgt sie dem Herzen. Doch die Entscheidung bleibt aus. Mit den Worten "Es ist ein Mädchen" geht das brisante Stück zu Ende. Besonders beeindruckend in der Inszenierung des Ensembles Theaterlust waren die Showeinlagen. So lebten die Mönche in Kästen - und zeigten immer wieder beeindruckende Tanz-Rituale.
Durch die ständigen Umbauten der Kästen in einer durchdachten und ausgefeilten Choreographie bekam das Stück Dramatik und Tempo, Modernität und Brisanz - und manchmal auch eine ungeheuere Intensität und Brutalität.
Hinter allem stand die Frage: "Gott hat uns den Verstand geschenkt. Warum sollen wir ihn nicht nutzen?" - die Kernfrage, mit der sich die Hauptfigur Johanna ihr ganzes Leben lang auseinandersetzte.
Doch am Ende besteht das Leben dann wohl doch aus Verstand und Herz - muss auch Johanna lernen.