Die alten Werte erleben ein Comeback
Autor: Veronika Schadeck
Kronach, Donnerstag, 15. Oktober 2015
Zukunftsforscher Horst Opaschowski war am Mittwochabend Gast bei der Jubiläumsveranstaltung "25 Jahre Kronach Creativ". Er sieht einen Wertewandel in unserer Gesellschaft, der mehr das Miteinander in den Vordergrund rückt.
Kronach Unsicherheiten, Terror, Finanzkrise, Flüchtlinge - die Welt scheint sich aus Sicht vieler Menschen immer schneller und zu drehen, sie wird immer unberechenbarer, sagte der Zukunftsforscher Opaschowski. Die Folge: Tugenden wie Ehrlichkeit, Fleiß und Disziplin werden ebenso wie die Familie immer wichtiger.
Der Professor ging auch die aktuelle Situation mit den Flüchtlingen ein. Es stimme bedenklich, dass die Deutschen derzeit mehr Angst vor religiösen Auseinandersetzungen mit dem Islam haben als vor den sozialen Folgen der wachsenden Kluft zwischen arm und reich. Die Flüchtlinge seien aber auf der Suche nach einem ruhigen und sicheren Leben, Grenzen werden dieses Streben danach nicht aufhalten können.
Der Pavillon in der Hauptstelle der Sparkasse war nahezu bis auf den letzten Platz gefüllt. Kronach Creativ hatte im Rahmen ihrer Veranstaltung zum 25-jährigen Bestehen den Wissenschaftler eingeladen.
Viele Menschen kämen mit der rasanten Entwicklung und der digitalen Revolution nicht mehr mit. Dazu kommt die Verunsicherung durch Terror und Skandale. Nahezu nichts sei mehr planbar. Daher setzten die Bürger wieder mehr auf Bewährtes, auf feste Bindungen, auf Familie. Von der Nach-68-er-Zeit bis zur Jahrtausendwende hätten emanzipatorische Werte die Skala beherrscht. Nun zählten Fleiß, Disziplin, Pflichterfüllung zu den Top-Ten und das auch bei der jüngeren Generation.
Die Aufwertung alter Werte sei eine Antwort auf die Krisen der Zeit und den Vertrauensverlust in Politik und Gesellschaft. Es gehe den Bürgern im Leben nicht nur um Finanzielles, sondern auch um gefühlten Wohlstand.
Er sprach weiter davon, dass sich die Wohnformen ändern werden, mehr Generationen beziehungsweise mehrere Senioren werden unter einem gemeinsamen Dach leben.
Opaschowski sprach seine zehn Zukunftstrends an. Dazu zählen unter anderem "Total digital - völlig normal!". Es könne passieren, dass die Bürger mehr mit Medien als mit Menschen kommunizieren und dann den Stecker ziehen. Die "Leistungsorientierung" der jungen Generation werde zunehmen. Viele werden eine unternehmerische Grundhaltung dahingehend entwickeln, dass "Leben die Lust zum Schaffen" ist. Weiterhin sprach er davon, dass die Arbeitswelt weiblich und die Wirtschaft wieder mehr ältere Mitarbeiter ab 50 Jahren einstellen wird.
Der Zukunftspabst prophezeite einen "Weg vom Egokult hin zum sozialen Miteinander". Und er ist überzeugt: "Wohlstand wirde nicht mehr allein die Frage des Geldes sein!". Viele, so meint er, würden zwar ärmer, aber nicht unzufriedener sein. Sinnhaftigkeit, Beständigkeit und Heirat werden als "Werte" wichtiger. Er ermutigte die Zuhörer zu langen Bindungen, beappellierte er an sie, ihren Nachwuchs dazu zu ermuntern.
Aufbruchstimmung im einstigen Jammertal
Der Vorsitzende von Kronach Creativ, Rainer Kober, erinnerte an dem Abend in der Sparkasse an die Gründung von Kronach Creativ durch den früheren Landrat Werner Schnappauf. Damals seien die Menschen im Landkreis eher deprimiert gewesen. "Bei uns geht nichts, wir sind am letzten Ende von Deutschland!" So habe oftmals der Tenor gelautet. Mittlerweile sei es anders geworden. Es könne eine Aufbruchstimmung verzeichnet werden. Viele Projekte seien entstanden, wie beispielsweise das Tropenhaus, die private Fachoberschule am Rennsteig, Handwerk und Kultur, das von Kronacher Creativ initiierte Event "Kronach leuchtet" oder das Innovationszentrum an. Er sprach die Zusammenarbeit von Kronach Creativ mit verschiedenen Institutionen, wie dem Caritas-Verband, an, aufgrund dessen der Landkreis weiter vorangebracht werden könnte. Möglich sei dies alles durch die Aktivierung der Selbsthilfe geworden. Dazu habe Kronach Creativ einen wesentlichen Beitrag geleistet.
Kober ging auf die Ziele von Kronach Creativ bis zum Jahre 2030 an. Ein Ziel sei die Schaffung von hochwertigem Wohnraum für alle Generationen und "es müsste gelingen, dass jeder Bürger einen kleinen Beitrag für seine Gemeinde leistet."
Eingangs hatte Kober dem Hausherrn und Vorstand der Sparkasse, Harry Weiss, für die bisherige Unterstützung gedankt, die unter anderem einem Geldbetrag in Höhe von rund 40 000 Euro beinhaltet. Weiss wiederum bezeichnete Kronach Creativ als Erfolgsgeschichte.