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Der Schrott ist ein Millionengeschäft


Autor: Sonny Adam

Neuses, Samstag, 20. Oktober 2012

Frank Mölter beherrscht das Schrott-Alphabet von A wie Aluminium bis Z wie Zink aus dem Stegreif. Mit seinem Unternehmen in Neuses ist er in einer Branche tätig, die von Börsenkursen bestimmt wird.
Frank Mölter steht vor einem Berg Edelstahl-Schrott, der mehr als 400.000 Euro wert ist.


Eigentlich handelt Frank Mölter (46) nur mit Dingen, die keiner mehr haben will: Schrott ist sein Geschäft. Und doch ist sein Unternehmen in Neuses gesichert wie ein Hochsicherheitstrakt: mit Alarmanlage, mit Videoüberwachungsanlagen und mit einem scharfen Rottweiler als lebendigen Wachhund. "Leider ist das in unserer Branche auch nötig", erklärt Frank Mölter und berichtet von einem großen Diebeszug vor zehn Jahren. Damals suchten Einbrecher die Firma heim und nahmen alles mit, was nicht niet- und nagelfest war. Darunter auch zwei Lkw. Der Schaden: 400.000 Euro. "Es gab in diesem Zusammenhang ein Jahr später eine Festnahme in Frankfurt, aber das Material war längst weg, und die Lkw hatten sie zerlegt. Da war nichts mehr zu kriegen", erzählt Mölter.

20 Mitarbeiter


Die Firma Mölter Recycling existiert bereits seit 1858 und gehört damit zu den ältesten ihrer Art. Johann Mölter gründete das Unternehmen, aber nicht als Metallrecyclingsfirma. Vielmehr sammelte er Lumpen, Knochen, um daraus Seife herzustellen und Papier. "Sogar Schlachthausabfälle wurden angeliefert", erinnert sich Frank Mölter. Doch ab den 70er Jahren konzentrierte sich das Unternehmen auf Metalle. Zudem verlagerte man den Firmensitz vom Flügelbahn in Kronach nach Neuses. Das Unternehmen, das gemeinsam von Frank Mölter und seinem Bruder Jochen geführt wird, hat inzwischen 20 Mitarbeiter. Tendenz steigend.



Auf 18.000 Quadratmetern lagern Eisen und Metalle aller Art. "Allein dieser Edelstahlberg hat einen Wert von 400.000 Euro. Aber der Preis ist derzeit nicht gut, deshalb lasse ich ihn noch liegen", zeigt Frank Mölter auf. Das Geschäft mit Schrott ist reinste Spekulation. Aus diesem Grund hat Frank Mölter einen direkten Draht zur Börse. Rund um die Uhr laufen im Büro die aktuellen Kurse, um die Preise brandaktuell berechnen zu können.

Pro Monat werden im Schnitt zwischen 2000 und 3000 Tonnen Schrott umgeschlagen. Privatanlieferer bringen Metallsachen oder Autos; Hauptlieferanten sind aber Maschinenbaufirmen, metallverarbeitende Betriebe, Lasterschneidbetriebe oder Hersteller von Autoteilen. Das Gros der Kunden kommt dabei aus einem Umkreis von 100 Kilometern.

Rostfreier Stahl hat schlechte Kurse


Frank Mölter blickt auf ein Jahr, das nur mittelprächtig war. Aktuell seien die Preise nicht sonderlich hoch. Rostfreier Stahl kam beispielsweise im ganzen Jahr überhaupt nicht aus dem Tal heraus. "Ich hab da noch einiges gebunkert", erklärt Frank Mölter. "Manchmal muss man was auch zwei oder drei Jahre liegen lassen und liegen lassen können", verrät er sein Geheimrezept. "2008 war Schrott am teuersten. Denn die Chinesen haben viel weggekauft. Heute ist die Türkei unser größter Kunde", betont Mölter und liefert zugleich den Grund: "In der Türkei sind aktuell die großen Stahlhersteller zu Hause."

Auch politische Entscheidungen merkt Mölter sofort. "Normalerweise kommen an einem Tag so zehn Autos. Nach Einführung der Abwrackprämie waren es 30 und mehr am Tag." Und teilweise waren die noch recht gut in Schuss. Die Fahrzeuge werden, wenn sie zu Mölter kommen, erst einmal von Benzin und Öl befreit. Dann werden noch brauchbare Teile ausgebaut. Wenn die Autos noch gut in Schuss sind, werden sie auf ein Regal gestellt, so dass sich Interessierte Ersatzteile zu kleinen Preisen holen können.

"Ich bin zuversichtlich, dass das Geschäft mit Schrott auch in zehn oder 20 Jahren noch recht gut läuft. Denn bei uns ist ja alles immer wieder recyclebar", erklärt Frank Mölter. Das Unternehmen aus Neuses investiert regelmäßig in seinen Fuhrpark. Denn die Lkw halten maximal zehn Jahre. Und auch die Bagger und Spezialmaschinen müssen immer wieder erneuert werden. "Aktuell haben wir wieder einen neuen Bagger bestellt, der 270.000 Euro kostet", berichtet Mölter. Doch für den alten, der sechs Jahre alt ist, kann er noch 100.000 Euro erlösen. Der Handel mit dem Schrott ist ein gigantisches Geschäft. Mehr als zehn Millionen Euro werden pro Jahr umgesetzt. "Ja, Umsatzmillionär bin ich schon lang", lacht Frank Mölter.

Besuch vom Zollamt


Heute gehört Kupfer zu den begehrtesten Stoffen. "Aber das liegt daran, dass große Fonds investieren und spekulieren", erklärt Mölter diese Entwicklung. Offen gibt er zu, dass manches Mal das Zollamt zu Gast bei ihm ist. Denn Frank Mölter kauft auch von Privatleuten. Dann wird schon einmal nachgeforscht, ob Hartz-IV-Empfänger mit Schrotthandel nebenbei Geld verdienen. Wenn ja, werden die Erlöse angerechnet. "Und wenn irgendwo Kupferdachrinnen gestohlen worden sind, bekomme ich auch immer Besuch", gibt Mölter einen tiefen Einblick in seine Branche. Als Absicherung lässt sich der Neuseser Geschäftsmann schriftlich bestätigen, dass die angebotene Ware nicht aus strafrechtlich relevanten Taten stammt. "Wenn ich weiß, dass irgendwas nicht in Ordnung ist, lasse ich gleich die Finger davon", ist Mölter vorsichtig.