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Der Chef setzt bei Datex-Perfekt ganz auf Frauen


Autor: Sonny Adam

Kronach, Samstag, 17. November 2012

Bei Datex-Perfekt gibt es 195 weibliche und fünf männliche Mitarbeiter, inklusive Firmenchef Helmut Schiffner. Dessen Lebensgefährtin Inge Neubauer wurde jetzt in die Geschäftsführung berufen.
Helmut Schiffner


Es ist abends, kurz nach 18 Uhr. Während in anderen Büros die Computer heruntergefahren sind oder werden, herrscht bei Datex-Perfekt betriebsame Hektik. Immer neue Mitarbeiterinnen kommen und setzen sich an ihren Computerarbeitsplatz. Die Getränkeflaschen werden auf dem Schreibtisch griffbereit positioniert, manche holen sich einen Kaffee. Kopfhörer auf, Mikro angesteckt. Fertig.

Jetzt ist die heiße Phase und sie dauert auch noch bis etwa 22 Uhr an. Erst dann, wenn Deutschland langsam schlafen geht, wird es bei Datex-Perfekt ruhiger. Doch besetzt ist das Büro rund um die Uhr. Dann, wenn die meisten Feierabend und Zeit haben, laufen bei Datex-Perfekt die Telefone heiß.

Kunden hören das Lächeln
Der Beweis: Die Frauen bei Datex telefonieren unaufhörlich. Sie nehmen Bestellungen für die größten Versandhäuser Deutschlands entgegen und tragen diese mit einem Dauerlächeln im Computer ein. Auch wenn die Kunden das Lächeln nicht sehen können, sie hören es.

In Küps, Mitwitz und Steinbach am Wald laufen die Drähte zusammen. Auf jedem Schreibtisch der Angestellten klebt ein Schild mit den "Power-Wörtern" für einen guten Gesprächsverlauf: Und die sind "nett, schön, toll, prima, besten oder herzlichen Dank oder wunderbar".

Freundlichkeit ist die Maxime, darauf legt der Firmenchef Helmut Schiffner größten Wert und schenkt jedem seiner Mitarbeiter zum Einstieg das Buch des bekannten Psychologen John Selby mit dem Titel "Das Freundlichkeits-Prinzip".

Freundlichkeit kostet nichts und schafft eine gute Atmosphäre. "Wir haben sehr gute Werte bei den Befragungen. Die Leute sprechen gerne mit uns. Das ist wichtig", sagt Schiffner. Doch neuerdings sprechen sie nicht nur: Datex-Perfekt erledigt auch E-Mail-Verkehr und mehr.

Mit zehn Frauen fing er an
1990 gründete Helmut Schiffner das Unternehmen in Küps mit zehn Mitarbeiterinnen. Er hatte die Vision, dass jeder arbeiten kann, wann er will und solange er will. "Damals haben wir einen Auftrag bekommen, bei dem wir drei Millionen Akten erfassen mussten", erinnert sich Helmut Schiffner und ist auch heute noch stolz, dass er den Auftrag des Bundesarchivs an Land gezogen hat.

Er kam soeben frisch von der Uni, hatte sich bei der Ausschreibung nach seinem Betriebswirtschaftsstudium beworben. Und er hat den Zuschlag bekommen. Ohne Referenzen. Der Grund: Schiffner hatte als Einziger angeboten, wirklich alle Lastenausgleichs-Akten, die sich mit den Zahlungen, die im Zuge von Enteignungen und Vertreibungen befasst haben, händisch zu erfassen. "Ich habe ausgerechnet, dass ich, wenn ich gleich nach dem Studium anfange, 278 Jahre brauche, wenn ich jeden Tag arbeite und keinen Urlaub habe. Aber das war mir zu viel", sagt Schiffner lachend. Er stellte Aushilfen ein.

"Ich hatte immer die Vision, dass ich Frauen eine Arbeit bieten möchte, bei der sie selbst bestimmen, wann sie arbeiten und wie viel sie arbeiten", erklärt Schiffner. Und das Firmenkonzept schlug ein wie eine Bombe. Bis heute sind fast alle seiner Mitarbeiter weiblich. Allerdings sind nur noch die wenigsten Aushilfen, die meisten sind fest angestellt. Viele in Teilzeit. Und noch immer arbeiten alle, wann es ihnen gefällt.

Konzept wurde bald erweitert
Natürlich erweiterte sich das Firmenkonzept. Im Zuge der Wiedervereinigung half Datex-Perfekt den heimischen Katalogversendern, Bestellungen, die damals noch per Bestellkarten ans Versandhaus geschickt wurden, einzugeben. "Bei den Versendern standen kistenweise Bestellungen. Die kamen gar nicht nach, die Bestellungen zu bearbeiten. Wir haben dann geholfen", erklärt Schiffner. Erst bei den Versandhäusern vor Ort, dann lagerten die Versandhäuser die aufwendige Eingabe aus. Weitere Versandhäuser folgten dem Beispiel aus Burgkunstadt.

Leistungsfähige Leitungen
Und inzwischen liegen längst hochleistungsfähige Datenleitungen zwischen den größten Versandhäusern und Datex. "Wir erfassen Daten - ich sage immer schriftlich, telefonisch und wenn's sein muss auch telepatisch", sagt Schiffner lachend.

Derzeit befasst er sich mit sozialen Netzwerken. "Aber Facebook und Co. werden überschätzt. Ich bin überzeugt, dass wir ein Comeback des Telefons erleben, vor allem dann, wenn die teueren Hotlines, die ja bis zu 50 Cent vom Mobiltelefon kosten, fallen", so Schiffner.

Immer seiner Zeit voraus
In Zukunft möchte sich Schiffner wieder mit neuen Ideen befassen. Er möchte seinen Pferdehof, auf dem er Schulungen für Manager und Mitarbeiter nach dem Motto "Keine Angst vor großen Tieren" anbietet, voranbringen. Er möchte sich mit neuen Marketing- und Kommunikationskonzepten befassen. Und bei "Kronach Creativ" ist er außerdem aktiv. "Wir haben uns immer als Problemlöser verstanden und das wollen wir auch in Zukunft sein", erklärt der Chef.

So nebenbei hat er in seiner Firma soeben eine neues Mobilitätskonzept eingeführt. Mitarbeiter, die andere mitnehmen, können sich bares Geld dazuverdienen. "Wir hatten im Sommer bei 33 Fahrern 32 Mitfahrer", zieht Schiffner Bilanz und macht aus seiner Position, dass die Mobilitätsprobleme in Zukunft sicherlich nicht durch öffentlichen Nahverkehr zu lösen sind, keinen Hehl. "Vielleicht nehmen ja andere Firmen die Anregung auf", so Schiffner. Und er hat schon neue Geschäftsideen rund ums Thema Marktforschung, Marketing, Kundenbetreuung, Reklamationsannahme, Datenverarbeitung und Archivierung - immer ein bisschen seiner Zeit voraus.