Manfred Thiel hat seine Leidenschaft zum Beruf gemacht: Seit 40 Jahren entdeckt er gemeinsam mit seinen Fahrgästen die Länder Europas. Richtig brenzlig wurde es nur einmal - als er in Italien für tot erklärt wurde. Und dann auch noch einen Auslandskrankenschein nachreichen sollte.
40 Jahre ist es her, dass der jetzt 64-jährige Manfred Thiel von seinem Bruder Karl-Heinz überredet wurde, sich bei dem Steinberger Unternehmen als Busfahrer zu bewerben.
Seitdem hat er rund zwei Millionen Kilometer zurückgelegt. In den Anfangsjahren, so Thiel, waren die "Autos" nicht so komfortabel wie in der jetzigen Zeit. Mit "Auto" meint der Fischbacher seinen Bus. Klimaanlage, Bordküche, WC waren Fremdwörter. Auch die Bussitze waren nicht so bequem und von der Technik ganz zu schweigen.
Dennoch: Auch damals zog es ihn in andere Länder. Oftmals war er Tage und manchmal auch Wochen mit Reisegruppen unterwegs. In vielen Städten Europas kennt er nahezu jeden Winkel. Er weiß über die Sehenswürdigkeiten und über die Historie zu berichten.
Norwegen sei für ihn - nicht zuletzt wegen der Naturschönheiten - das schönste Land, schwärmt er.
Fernweh stellte sich früh ein Seine Schwäche für das Fahren von Bussen und sein mitunter vorhandenes Fernweh könnte ihm in die Wiege gelegt worden sein. Schon von frühester Kindheit an hat er sich für Autos, Fahrzeugtechnik und andere Länder interessiert. Wohl auch deshalb erinnert er sich gerne an seine Zeit als Seemann bei der Marine.
"Das Unterwegssein hat schon einen gewissen Reiz", meint er etwas nachdenklich. Man lernt die verschiedensten Typen von Menschen kennen, man muss manchmal auch - etwa bei kleineren Reparaturen - selbst mit Hand anlegen und hat eine große Verantwortung gegenüber seinen Fahrgästen.
Noch heute ist er dankbar, dass er während seiner beruflichen Laufbahn nahezu keinen Unfall hatte.
"Ich versuchte seit jeher, im Straßenverkehr immer rücksichtsvoll und umsichtig zu fahren." Auch bei Ampel-Grün rechne er beispielsweise mit querenden Fußgängern, Radfahrern oder Autos. Manfred Thiel hatte nicht nur sehr viele schöne Momente, sondern auch traurige und manchmal auch turbulente Situationen zu meistern. Noch heute, nach über 20 Jahren, ist Traurigkeit in seiner Stimme zu hören, als er davon spricht, dass ohne Eigenverschuldung ein Kind unter seinen Bus gekommen ist. "Solche Augenblicke gehen nicht spurlos vorbei. Wenn dieses Kind gestorben wäre, ich wäre nicht mehr glücklich geworden!"
Falsche Todesnachricht Auch "totgesagt" wurde er. In diesem Zusammenhang erinnert der Busfahrer an eine Italienreise vor 25 Jahren, als ihm in Mailand der Pass aus dem Bus gestohlen wurde.
Etwa sechs Monate später erhielt seine Frau - er befand sich gerade auf Tour - die Todesnachricht, weil der gestohlene Pass Thiels bei einem Verstorbenen gefunden wurde. Thiel spricht von anschließenden Verwirrungen und Auseinandersetzungen, beispielsweise mit einer Klinik in Mailand, die nach zwei Jahren den Auslandskrankenschein wegen einer angeblichen Behandlung anforderte.
Die Frage, ob denn die Fahrgäste im Lauf der Jahre anspruchsvoller geworden seien, verneint er. Das könne man nicht sagen, zumal die Menschen ja - ebenso wie in der Vergangenheit - verschiedene Charaktere haben.
Nur noch wenige Monate wird Manfred Thiel bei der Firma Buckreus beschäftigt sein. Dann geht er in den Ruhestand, reisen will er aber auch weiterhin, "dann halt mehr mit meiner Frau". Die Firma Buckreus bezeichnet er als eine Art Familie.
Man kennt den anderen und außerdem: "Ich hatte immer zu arbeiten und habe pünktlich meinen Lohn bekommen!"
Hans Weber will noch gar nicht an den Abschied denken: "Ich konnte mich auf ihn hundertprozentig verlassen, er war pünktlich, zuverlässig und er konnte mit Menschen umgehen. Es wird schwer sein, einen derartigen Nachfolger zu finden.