Bluetooth sät Weißtannen in Nordhalben

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Revierleiter Christof Mörtlbauer, Praktikant Sebastian Rummel und der Leiter des Forstbetriebes Nordhalben, Fritz Maier, überprüfen, ob die winzigen Weißtannensamen auch gut unter die Erde gebracht worden sind - alles perfekt. Fotos: Sonja Adam
Revierleiter Christof Mörtlbauer, Praktikant Sebastian Rummel und der Leiter des Forstbetriebes Nordhalben, Fritz Maier, überprüfen, ob die winzigen Weißtannensamen auch gut unter die Erde gebracht worden sind - alles perfekt.  Fotos: Sonja Adam
Nur die Furche verrät, dass in dem Fichtenwald künftig Tannen sprießen sollen: Ein Kilo Samen besteht aus 10 000 einzelnen Samenkörnchen. Das bedeutet, dass pro Hektar 200 000 Samen ausgebracht werden.
Nur die Furche verrät, dass in dem Fichtenwald künftig Tannen sprießen sollen: Ein Kilo Samen besteht aus 10 000 einzelnen Samenkörnchen. Das bedeutet, dass pro Hektar 200 000 Samen ausgebracht werden.
 
 
 
 
 

Bislang ist Revierleiter Christof Mörtlbauer in seinem Revier in Nordhalben Herr über Tausende von Fichten - Nachkriegsbestände. Doch in Zukunft sollen im Staatswald Weißtannen sprießen. Pferd Bluetooth und sein Besitzer Robert Schmidt praktizieren ein schonendes Sä-Verfahren.

Mit lautem Schnauben schreitet Bluetooth Schritt für Schritt durch die Nordhalbener Wälder. Er bahnt sich seinen Weg durch die Bäume. Das Kaltblutpferd hat ein Geschirr um, und an dem Geschirr ist eine von Robert Schmidt selbstkonstruierte - streng geheime - Gerätschaft befestigt.

Und dieses Gerät sorgt dafür, dass eine kleine Furche in den Waldboden gegraben wird und dass in diese Furche Samen fallen. Diese Samen werden dann behutsam wieder mit Erde überdeckt. Und wenn alles gut geht, sprießen schon in zwei, drei Monaten neue Bäumchen.

Nicht irgendwelche Bäume, sondern Weißtannen. "Wir haben hier einen typischen Nachkriegsbestand - lauter Fichten", erklärt Revierleiter Christof Mörtlbauer und ist darüber nicht sehr glücklich. Seit Jahren versucht er den Fichtenbestand auszudünnen. Deshalb hat er alte Bäume entnommen. Altes Holz wurde aus dem Wald entfernt.


"Jetzt ist dieses Areal gut vorbereitet, es fällt genügend Licht und Wasser für die künftige Waldgeneration auf den Boden", erklärt der Förster. Und mit Hilfe von waldbegeisterten Brennholzfans wurde der Waldboden so weit von Ästen frei geräumt, dass Kaltblutpferd Bluetooth ungehindert seinen Weg gehen kann.

"Es lohnt sich, solch einen Aufwand zu betreiben. Denn hier sollen ja Bäume für die nächsten 150 bis 300 Jahre wachsen", sagt Unternehmer Robert Schmidt. Schmidt ist "Waldgärtner". Das bedeutet: Er hat sich darauf spezialisiert, Wälder wieder anzusäen.

Nur noch ein Prozent Tannen

"Das hat es noch nie gegeben, dass Tannen auf diese Art und Weise im Frankenwald gesät werden. Wir hatten ja früher hier Tannen, aber inzwischen macht der Tannenbestand gerade einmal ein Prozent aus, in manchen Gebieten gibt es weit und breit keine Tannen mehr", erklärt der Leiter des Forstbetriebes Nordhalben, Fritz Maier.
Maier schaut selbst gerne zu, wie das Saatgut ausgebracht wird.

Pro Hektar Wald sollen zwanzig Kilo Tannensamen unter die Erde gebracht werden. Im Revier Nordhalben geht es um ein Areal von zehn Hektar. Und ein Kilo Tannensamen enthält rund 10 000 Samen. Das bedeutet im Klartext: Pro Hektar werden 200 000 Samen ausgebracht, das macht insgesamt mehr als zwei Millionen Tannensamen.

Doch warum setzt man bei solch einem Mammuteinsatz keine modernen Maschinen ein? "Das liegt doch auf der Hand. Wir wollen mit einem Traktor die Waldböden gar nicht befahren. Wir würden hier auch gar nicht durchkommen. Und wenn wir den Waldboden befahren würden, würden wir den Boden nur verdichten und würden das Aufkommen der Samen vielleicht verhindern", erklärt Maier. Stattdessen bahnt sich der Kaltblüter seinen Weg durch die Baumgassen, und dort, wo er nicht durchkommt ist sowieso kein Platz für neue kleine Bäumchen.

"Wir versprechen uns viel von dieser Maßnahme", ist der Leiter der Bayerischen Staatsforsten, Fortbetrieb Nordhalben, Fritz Maier selbst auf das Ergebnis gespannt. Denn bei einer Quote von eins zu zehn würde das bedeuten, dass pro Hektar 20 000 Tännchen aufgehen würden.

"Uns würden ja auch 5000 reichen, aber wenn das wirklich so viel werden, dann können wir die kleinen Tannen an Hanglagen verpflanzen", hofft Maier auf guten Erfolg. Denn natürlich kann so eine Sä-Maßnahme nur auf einigermaßen gerader Fläche durchgeführt werden.

Die Saat von Bäumen hat große Vorteile gegenüber der Pflanzung. "Wenn wir so tiefwurzelnde Bäumchen wie Tannen haben, werden die Wurzeln bei den Pflanzen gekappt. Das ist die erste große Verletzung im Leben eines Baumes", erklärt Fritz Maier.

Und das passiert beim Aussäen eben nicht. Die Bäume können sich den besten Weg zum Wachsen und Festhalten selbst suchen. "Das ist eine natürliche Art, die stärksten und kräftigsten suchen sich ihren Weg und behaupten sich", bestätigt "Waldgärtner" Robert Schmidt.

Der Samen, der in Nordhalben verwendet wird, stammt übrigens aus dem Eigenbestand der Bayerischen Staatsforsten und kommt aus dem Bayerischen Wald. Er ist zertifiziert und qualitativ von erster Güte. Und dass der Samen aus dem Bayerischen Wald kommt, hat den Vorteil, dass die Frankenwaldtannen genetisch eine Auffrischung erfahren.

Trockenheit macht Sorge

"Waldgärtner" Robert Schmidt übt seinen Beruf bereits seit den Achtzigern aus. Er kommt aus Sohra bei Dresden und ist mit seinem Kaltblut in ganz Deutschland unterwegs. Insgesamt hat er vier Pferde im Einsatz. Und alle sind damit beschäftigt, Wald neu anzusäen.

"Ich war schon nach den sauren Regen in Wäldern tätig, jetzt sind da schon mannshohe Bäume", freut sich Schmidt und berichtet von drei Meter hohen Eichen und höheren Exemplaren, die er einst gesät hat. Der Vorteil bei dieser Art der Naturverjüngung ist, dass die kleinen Sprösslinge exakt denselben Nährstoffgehalt wie die anderen Bäume haben. Der Verbissgrad hält sich also in Grenzen. "Der Wald schiebt sich einfach nach", sagt Maier.

"Alles, was uns in diesem Jahr ein bisschen Sorge macht, ist die Trockenheit. Aber die Chancen stehen gut, dass es jetzt umschlägt", sagt Robert Schmidt. Und wenn es kalt wird? "Wenn wir weiße Ostern kriegen, ist das richtig super. Denn dann sickert das Wasser langsam in den Boden und das bekommt den Samen richtig gut", erklärt Robert Schmidt. Bis in den Frühsommer hinein kann Wald angesät werden.

Robert Schmidt ist übrigens nicht nur für die Staatsforsten tätig, sondern würde auch im Privatwald für diese etwas andere Art der Wiederaufforstung sorgen. Nicht nur mit Tannen funktioniert übrigens die Waldsaat, sondern auch mit allen anderen Waldbäumen. Und Robert Schmidt hat sogar schon Birken und Eichen gesät - mit Erfolg.