Die Kosten für die Seniorenheime steigen ebenso wie die Zahl der zu pflegenden Menschen. Davon wird auch der Landkreis Kronach nicht verschont. Im Gespräch erläutern Vertreter des Roten Kreuzes die aktuellen Entwicklungen.
Im Landkreis gab es wohl noch nie so viele pflegebedürftige Menschen wie heute. Und noch nie seit Einführung der Pflegeversicherung musste so viel für die Pflege bezahlt werden. Zum 1. Januar 2015 tritt das erste Pflegestärkungsgesetz in Kraft. BRK-Kreisgeschäftsführer Roland Beierwaltes und die Heimleiter der BRK-Seniorenhäuser Kronach und Ludwigsstadt, Harald Schubert und Peter Schulz, erläutern, was es damit auf sich hat und wie es um die Pflege im Landkreis bestellt ist.
In wenigen Tagen tritt das erste Pflegestärkungsgesetz in Kraft. Was hat es damit auf sich?Schubert: Es bedeutet, dass die Pflegekassenbeiträge um vier Prozent steigen werden. In der Pflegestufe eins sind dies 41 Euro, in zwei 51 Euro und in drei 62 Euro pro Monat.
Das ist nicht gerade viel Geld im Verhältnis zu den Heimkosten, die ja in letzter Zeit, unter anderem auch beim BRK-Kreisverband, gestiegen sind.
Die Heimbewohner und die Angehörigen werden dadurch nur wenig entlastet. Die Pflegeversicherung, im Jahr 1996 eingeführt, deckt nur einen Teil der Ausgaben. Trotz Teuerungsraten, trotz gehobener Ansprüche, stärker gewordenen gesetzlichen Vorgaben und höherer Energiekosten wurden die Sätze seit dieser Zeit in den Pflegestufen eins und zwei nicht angepasst, in der Pflegestufe drei nur minimal. Nach wie vor erhält ein Patient in der Pflegestufe eins 1023 Euro; würde die Teuerungsrate mit berücksichtigt, müsste es zwischenzeitlich ein Betrag von 1330,31 Euro sein.
Haben die Bewohner und Angehörigen Verständnis für die Steigerung der Kosten für die Heimplätze?Schubert: Machen wir uns
nichts vor. Das Ganze ist mit einer Problematik verbunden. Es geht insgesamt um die Frage, wie Pflege in Zukunft bezahlt werden kann. Fakt ist, fast alle Menschen möchten in ihrer eigenen Wohnung oder ihrem Haus ihren Lebensabend verbringen. In den letzten Jahren wurden ja auch viele Angebote für die Pflege zu Hause geschaffen. Das ändert aber nichts daran, dass viele Menschen am Ende des Lebens in ein Heim umziehen müssen, weil es anders einfach nicht mehr geht. Es sind in der Regel Demenzkranke und Schwerstpflegefälle. Und da geht es auch um die Frage, wer pflegt die denn?
Haben die Pflegeheime keine weiteren Alternativen als Preiserhöhungen?Beierwaltes: Wir versuchen, dass Pflege bezahlbar bleibt. Aber ohne Geld geht es nicht. Da sind zum einen die Unterhaltungs- und Energiekosten, die in den letzten Jahren enorm gestiegen sind. Weiterhin spielen die Lohnkosten eine Rolle.
Wir brauchen, um eine qualitativ hochwertige Pflege gewährleisten zu können, motiviertes und gut ausgebildetes Personal. Wir entlohnen unsere Pflegekräfte nach Tarif, und das soll auch so bleiben.
Schubert: Ein Faktor ist aber auch die Verbesserung der Versorgung von Demenzerkrankten. Hinzu kommt der Gesetzgeber, der in den letzten Jahren die Auflagen, wie beispielsweise beim Brandschutz, drastisch erhöht hat. Bei Neubauten müssen 80 Prozent der Bewohner in Einzelzimmern untergebracht sein. Das hat zur Folge, dass der Raumbedarf und somit auch die Unterhaltungskosten steigen. Es geht auch darum, Lebensraum mit einer wohnlichen Atmosphäre im letzten Lebensabschnitt zu schaffen.
Da aber der Pflegesatz seit 1996 gleich geblieben ist, entstand nun eine Finanzlücke, die von den Betroffenen und deren Angehörigen geschlossen werden muss.
Die Heimbewohner beziehungsweise die Angehörigen, haben diese dafür Verständnis?Schulz: Steigende Kosten sind immer ein leidiges Thema. Bei uns finden nach einer Preisanpassung Angehörigenabende statt, bei denen die Problematik erläutert wird. Es wird in den meisten Fällen Verständnis gezeigt. Auch wurde noch nie geklagt, dass das BRK zu viel Lohn zahlen würde. Im Gegenteil: Die Angehörigen haben Respekt vor dem Pflegeberuf. Sie wissen, es ist ein schwieriger und anstrengender Job, den die Pflegekräfte ausüben.
Die persönlichen Situationen der Betroffenen sind oft nicht einfach. Auch darf der emotionale Faktor nicht unterschätzt werden.
Oftmals konnten die Betroffenen bis zum Umzug ins Seniorenheim allein für ihren Lebensunterhalt sorgen, jetzt auf einmal sind sie auf Angehörige oder auch auf den Staat angewiesen. Vielen ist das peinlich. Dabei brauchen sich diese Leute nicht zu schämen, denn gerade dies war die Generation, die mit viel Entbehrungen und Arbeit das Land aufgebaut hat.
Kann man die steigenden Heimkosten überhaupt in den Griff bekommen?Schubert: Das ist eine Herausforderung. Würde die Teuerungsrate beim ersten Pflegestärkungsgesetz berücksichtigt, müsste sich die Erhöhung in den drei Pflegestufen mit 307,31, beziehungsweise 384,21 und 430,18 Euro niederschlagen.
Beierwaltes: Für die überfällige Dynamisierung der Leistungen der Pflegeversicherung ist die beschlossene Anhebung von 41, 51 und 62 Euro deutlich zu wenig.
Deshalb fordert der BRK-Landesverband für 2015 für die stationäre Pflege eine Erhöhung der Leistungen in allen Pflegestufen um 450 Euro pro Monat. Allerdings, hat dies auch einen negativen Beigeschmack. Denn wahrscheinlich müssten dafür die Beiträge der Pflegeversicherung erhöht werden, was mehr Abgaben seitens der Arbeitgeber und weniger Einnahmen seitens der Arbeitnehmer zur Folge hätte. Alles in allem ein schwieriges Thema. Meiner Meinung nach wird die Bezahlbarkeit der Pflege neben dem Erhalt des Friedens eine der größten Herausforderungen der Politik in den nächsten Jahren sein.