Gnodstadt
Landwirtschaft

Gülle-Regel stinkt Bauern

Wenn Karl-Friedrich Erbar seinen Güllebehälter nachrüsten wollte, müsste er seinen Hof vier Meter tief aufgraben. Ein teures Vorhaben für den Vollerwerbslandwirt. Geht es nach dem Willen des Bundesumweltministeriums, kommt das in Zukunft aber auf viele Bauern zu.
Foto: Karina Brock
"Wenn diese Verordnung in Kraft treten sollte, weiß ich nicht, ob wir mit der Ferkelzucht weitermachen." Karl-Friedrich Erbar ist geschockt ob der neuesten Nachrichten aus dem Bundesumweltministerium: Wird der aktuelle Entwurf zur Bundesanlagenverordnung zum Gesetz, müsste er so viel Geld in seinen Güllebehälter investieren, dass es mehr Sinn machen würde, die Viehhaltung aufzugeben.Wie dem Gnodstädter Landwirt würde es vielen Bauern gehen - allen, deren Güllebehälter nicht zu den neuesten Modellen gehören.

Großer technischer Aufwand


Die Bundesanlagenverordnung regelt den Umgang mit wassergefährdenden Stoffen, zu denen auch Jauche oder Silosickersaft zählen. Da Gülle jedoch nicht annähernd so gefährlich ist wie beispielsweise Chemieprodukte oder Mineralöl, nimmt sie eine Sonderstellung ein. "Künftig sollen Güllebehälter aber wie Chemieanlagen behandelt werden", sagt Rudolf Bender, Geschäftsführer des Bauernverbandes Kitzingen. Zumindest, was eine Kontrollvorrichtung zur Erkennung von Lecks angeht. Diese muss bereits jetzt jeder neue Güllebehälter haben - beim Bau eine zusätzliche Investition von gerade mal 800 Euro. Der neue Entwurf bringt die Landwirte nun deshalb so auf, weil er eine Nachrüstung älterer Anlagen vorsieht. "Innerhalb von zehn Jahren müssten die Anlagen den Vorgaben angepasst werden - was vor allem kleine und mittlere Betriebe vor unlösbare Probleme stellt", erklärt Bender.
Das bestätigt Stephan Drobek, Fachberater der Wolf System GmbH, die unter anderem Viehställe und Biogasanlagen baut. "Bei Neubauten ist das eine einfache Sache. Eine Nachrüstung ist hingegen ein gigantischer technischer Aufwand." Je tiefer ein Behälter im Boden steckt, desto problematischer und teurer wird die Angelegenheit, da der Behälter komplett freigelegt werden müsste. Bei Güllebehältern innerhalb von Höfen - die also um- und überbaut sind - wäre das Unterfangen gar so gut wie unmöglich. "Man kann nicht mehr für die Standsicherheit einer Halle garantieren, an deren Außenwand man ein fünf Meter tiefes Loch gräbt." Selbst als Fachmann kann Drobek die Kosten, die auf einen Betroffenen zukommen würden, nicht absehen. "Das könnte durchaus an eine neue Anlage heranreichen."

Gülle dichtet selber ab


So eine Investition kann sich Karl-Friedrich Erbar nicht leisten - zumal er zwei Güllegruben hat: eine kleine, ältere, die direkt neben der Scheune liegt, und eine größere, die erst 25 Jahre alt ist und einige Meter neben der alten Grube im Erdreich eingelassen ist. Schwierigkeiten mit austretenden Flüssigkeiten hatte der 49-Jährige noch nie. "Selbst wenn irgendwo kleine Risse im Beton sind, dann dichtet das die Jauche selbst ab." Das Gemisch sei schließlich nicht mit Wasser zu vergleichen, sondern beinhalte faserreiche Schwebstoffe.
An der Bauart der Behälter würde die Regelung auch nichts ändern. "Die sind dicht, egal ob sie vor 40 oder vor fünf Jahren gebaut wurden", sagt Fachmann Drobek. Die Kontrollvorrichtung sei zwar trotzdem sinnvoll, sie nachzurüsten wirtschaftlich jedoch ein Unding. Die Vorgaben, die der Entwurf für Biogasanlagen vorsieht, seien erst recht nicht zu erfüllen. "Hier müssten wir unter die Bodenfläche der bestehenden Anlage kommen - wie soll das denn gehen?"
Aus diesen Gründen wehrt sich der Bauernverband gegen den Entwurf, der noch einige weitere Verschärfungen bestehender Regelungen beinhaltet. Die Erfahrungen des Wasserwirtschaftsamtes geben ihm Recht: "Probleme treten eigentlich nur auf, wenn der Mensch ins Spiel kommt", berichtet Thomas Pfeiffer vom Landratsamt. Wenn bei Reinigungsarbeiten Leitungen beschädigt werden oder beim Umpumpen von einem in einen anderen Behälter Fehler passieren. "Die Behälter selbst sind dicht." Daher werden Dichtheitsprüfungen und Nachrüstungen in Bayern jeweils nur in begründeten Einzelfällen angeordnet. Auch das könnte sich künftig ändern: Regelmäßige Überprüfungen der Anlagen durch Sachverständige würden laut dem Bauernverband zu hohen Zusatzkosten führen. "Dabei ist es ja nicht so, dass wir jetzt nicht überprüft würden", sagt Erbar. Im Rahmen der EU-Zahlungen würde in landwirtschaftlichen Betrieben die Lagerstätten für Diesel oder Gülle ebenso kontrolliert wie die Einhaltung aller anderer Verordnungen. "Diese Kontrollen sind aber nicht kostenpflichtig."

Bayerische Politik auch dagegen


Der Bauernverband lehnt die Pläne aus Berlin deshalb als überzogen ab - und bekommt Unterstützung aus der bayerischen Politik. "Wir versuchen auf allen Ebenen, diese unverhältnismäßigen Auflagen zu verhindern", bekräftigt Landtagsabgeordneter Otto Hünnerkopf. Laut amtlicher Statistik hätten von den bundesweit rund 400 000 Güllebehältern bisher weniger als 0,03 Prozent Probleme verursacht. "Umwelt- und Grundwasserschutz sind uns sehr wichtig. Die bayerischen Maßnahmen reichen aber aus, unser Wasser hat eine gute Qualität." Die hohen Kosten für die Nachrüstung würde den Strukturwandel in der Landwirtschaft nur weiter beschleunigen.
Die Auswirkungen der neuen Bundesverordnung würden übrigens über die Landwirtschaft hinausgehen: Auch private Betreiber von Heizölanlagen müssen mit kostspieligen Prüfungen durch Sachverständige rechnen.