Beachvolleyball: Poken auf der Strandparty

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Christopher Kern (li. beim "Poken") und Simon Hahn vom TV Haßfurt nutzen einen der letzten Sommer-Tage zum Beachvolleyballspielen. Foto: René Ruprecht
Christopher Kern (li. beim "Poken") und Simon Hahn vom TV Haßfurt nutzen einen der letzten Sommer-Tage zum Beachvolleyballspielen. Foto: René Ruprecht
Foto: René Ruprecht
Foto: René Ruprecht
 
Thorsten Kalb spielt nach offiziellen Beach-Regeln, das heißt die Annahme ist nur per Baggern (Foto) oder Tomahawk erlaubt. Foto: René Ruprecht
Thorsten Kalb spielt nach offiziellen Beach-Regeln, das heißt die Annahme ist nur per Baggern (Foto) oder Tomahawk erlaubt. Foto: René Ruprecht
 
Thorsten Kalb. Foto: René Ruprecht
Thorsten Kalb. Foto: René Ruprecht
 
Thorsten Kalb. Foto: René Ruprecht
Thorsten Kalb. Foto: René Ruprecht
 
Hinweis für den Partner: Falls der linke Gegenspieler angreift, wird dieser diagonal geblockt, der rechte Gegner wird "longline" verteidigt. Foto: René Ruprecht
Hinweis für den Partner: Falls der linke Gegenspieler angreift, wird dieser diagonal geblockt, der rechte Gegner wird "longline" verteidigt. Foto: René Ruprecht
 
Christopher Kern macht den Tomahawk-Schlag. Foto: René Ruprecht
Christopher Kern macht den Tomahawk-Schlag. Foto: René Ruprecht
 
Philipp Hahn. Foto: René Ruprecht
Philipp Hahn. Foto: René Ruprecht
 
Günter Bernard. Foto: privat
Günter Bernard. Foto: privat
 

Die Strand-Sportart steht oft im Schatten des Hallenvolleyballs. Bevor die Beacher das Feld komplett den Indoor-Kollegen überlassen, werfen wir einen Blick auf Sonderregeln, Geheimzeichen und Winter-Spielmöglichkeiten.

Maximal sieben Zentimeter breit durfte die Bikini-Hose der Beachvolleyballerinnen bei offiziellen Wettbewerben sein. 2012 kippte der Volleyball-Weltverband (FIVB) diese - überraschend wenig umstrittene - Regel. Damit das ohnehin geringe Zuschauerinteresse nicht zu versanden drohte, sprangen die Männer ein und holten im selben Jahr Gold bei den olympischen Spielen in London. Dennoch fristet das Beachen ein Dasein als Freibadbeschäftigung oder dient den Volleyballern als Ausweichmöglichkeit, wenn sich die Trainingshalle im Sommer auf unerträgliche Temperaturen aufgeheizt hat.

Auch Thorsten Kalb ist eigentlich "indoor" zu Hause, zwischen Mai und September geht er mit seinen Teamkollegen vom TV Haßfurt aber ein bis zwei Mal pro Woche an die frische Luft. "Das ist einfach so ein Sommer-Ding und ein perfektes Training", findet der Außenangreifer, der nur wenige reine Beach-Profis kennt. Die wenigen können aber in der Weltspitze mithalten. So wie das mittlerweile aufgelöste Duo Jonas Reckermann/Julius Brink, das vor drei Jahren den Olympiasieg holte. Im Finale gegen Brasilien gab es nur eine strittige Situation. Ausgerechnet der Matchball war nicht eindeutig auf der Linie, wurde vom Referee aber gutgegeben.

"Hallen-Volleyball ist sehr verschult, die Regeln werden streng ausgelegt", meint der 29-Jährige. "Im Sand brauchst du fast keinen Schiedsrichter. Es herrscht eine lockere Party-Atmosphäre", weiß Kalb, der mit Kumpel Philipp Hahn regelmäßig an Beachvolleyball-Turnieren teilnimmt. Dort stehe zwar der Sport im Mittelpunkt, fast genauso wichtig seien aber die Musik, das gemeinsame Feiern, Essen und Trinken.


Abteilungsleiter und Kapitän

Mit Platz 2 im vergangenen Sommer hat der Zahnarzt sogar ein kleines Erfolgserlebnis zu verzeichnen, bleibt aber bescheiden: "Ich bin kein Beachvolleyball-Profi." Gott sei dank, werden sich die Kollegen vom TV Haßfurt denken, für die Kalb Abteilungsleiter, Kapitän und Chef-Organisator ist. Und auch bleibt, denn reine Beachvolleyball-Vereine gibt es in Deutschland kaum.

Die Zeit des Freiluft-Spielbetriebs ist ohnehin längst vorbei. Die Sieger der bayerischen Meisterschaft in Augsburg, verschiedener Challenges oder Liga-Turniere sind gekürt. Ganz auf Beachvolleyball verzichten müssen die Sportler im nahenden Winter nicht. Dazu ist aber eine Reise in den Süden, zur einzigen Indoor-Möglichkeit in Franken erforderlich. Neben der Fahrt nach Fürth (www.indoor-fuerth.de) schlagen dort allerdings auch die Kosten für das Spielen zu Buche. Während die meisten Beachvolleyballplätze kostenlos zugänglich sind, werden in Fürth 45 Euro pro Stunde und Feld fällig.

Dafür werden die Sportler nicht von Wind, Regen oder Kälte gestört und finden ordentliche Bedingungen vor. Die öffentlichen Felder werden teilweise nicht gepflegt, da seitens der zuständigen Gemeinde das Geld oder die freiwilligen Helfer fehlen. Zur Förderung des Beachvolleyballs hat sich 2001 die European Beachvolleyball Foundation (ebf) gegründet. Sie bietet Sportlern und Vereinen eine Internet-Plattform (www.ebf.li).


Interview: "Beachvolleyball ist keine Trendsportart mehr"

Eine Vision hatte Günter Bernard, als er im Jahr 2001 seinen Posten als mittelfränkischer Bezirksbeachwart des bayerischen Volleyball-Verbands (BVV) aufgab und die European Beachvolleyball Foundation (ebf) gründete. Der Plan des 48-jährigen Zirndorfers, die Sportart zu fördern, ging auf.

War es Größenwahn, als Sie im Jahr 2001 eine kleine mittelfränkische Stiftung gründeten und diese European Beachvolleyball Foundation nannten?
Günter Bernard: Das "European" war eine Vision. Wir wollten dem Ganzen keine Grenzen setzen. Mittlerweile haben wir 2700 Mitglieder und sind von Südbayern bis Nordhessen aktiv. Europäisch sind wir insofern, dass wir Beach-Trainings-Camps in Italien und der Türkei anbieten. An der Algarve vermieten wir eine Finka mit zwei Beach-Feldern.

Wie stehen ebf und BVV im Verhältnis?
Zuerst war es ein Konkurrenzdenken, doch seit fünf Jahren kooperieren wir. Unter dem Dach des BVV gibt es Masters- und Cup-Turniere für ambitionierte Beachvolleyballer. Die ebf bietet Challenge-, Liga- und Fun-Turniere für Breitensportler an. Im Prinzip muss sich jeder selbst nach seiner Stärke einordnen. Um sich bei einem Masters anzumelden, braucht man aber Ranglistenpunkte, die man durch Siege bei niedrigeren Turnieren erspielt.

In den vergangenen Jahren sind Beachvolleyball-Felder wie Pilze aus dem Boden geschossen oder täuscht der Eindruck?
Das ist mir auch aufgefallen. Durch Olympia und Felder in Freibädern wurde der Sport sehr populär. Viele Vereine haben sich Anlagen gebaut, um als Turnierausrichter Geld zu verdienen. Mittlerweile ist aber ein Sättigungsgrad erreicht. Beachvolleyball ist keine Trendsportart mehr, hat aber enormes Entwicklungspotenzial.

Inwiefern?
Wir von der ebf können Hobby-Spieler noch nicht optimal versorgen. Teilweise stimmt das Angebot, aber wir erreichen die potenziellen Spieler, zum Beispiel Fußballer oder Handballer nicht. Auch für Jugendliche ist Beachen nicht die Sportart Nummer 1. Daher planen wir für nächste Saison eine Hobby-Liga mit vereinfachten Regeln.

Wie viele Vereine oder Spieler gibt es in Deutschland?
Eine Zahl zu nennen, ist unmöglich. Reine Beachvolleyball-Vereine setzen sich kaum durch, weil sie ihren Mitgliedern im Winter kein Angebot machen können. Dazu braucht es eine Halle, deren Unterhalt extrem teuer ist. Und was die Spieler betrifft: Wer ist ein Beachvolleyballer? Jemand, der im Urlaub spielt? Einer, der wöchentlich beacht? Oder jemand, der an einem Turnier teilgenommen hat?

Hat die fränkische ebf ein heißes Eisen im Feuer?
Yannic Beck aus Schwabach, der in der ebf groß geworden ist, wurde Anfang August bayerischer Meister. Für die deutsche Meisterschaft, die von heute bis Sonntag in Timmendorfer Strand stattfindet, hat er sich aber nicht qualifiziert. Selbst bei der DM können höchstens die besten drei Teams in der Weltspitze mithalten.


Professionalisierung in den Vereinigten Staaten

Beachvolleyball hat sich in den 1920er Jahren in den USA als Variante zum Spiel in der Halle entwickelt. Im Laufe der Zeit wurde die Sportart professionalisiert, um das Image als reiner Freizeitsport abzulegen. 1996 in Atlanta war Beachvolleyball erstmals olympisch und 1997 fand in Los Angeles die erste offizielle Weltmeisterschaft statt.


Strengere Regeln als beim Hallenvolleyball

Anders als beim Hallenvolleyball stehen sich beim Beachen nur jeweils zwei Spieler auf einem 16 Mal acht (statt 18 Mal neun) Meter großen Feld gegenüber. Das Netz wird - wie in der Halle - auf 2,43 (Männer) oder 2,24 Meter (Frauen) gespannt. Der Aufschlag darf nur per Bagger oder mit beiden, über dem Kopf verschränkten Händen (Tomahawk) angenommen werden. Als Angriffsschläge sind nur Schmettern, Baggern und das sogenannte Poken, also Schlagen mit den Knöcheln oder der Faust erlaubt. Das obere Zuspiel (Pritschen) ist nur als mittlerer von drei Ballkontakten gestattet. Eine Ausnahme bildet der missglückte Stellversuch.


Zwei Finger stehen für den Diagonalblock

Per Handzeichen signalisieren sich die Beachvolleyballer - vom anderen Team unbemerkt -, ob und wenn ja, wie sie die Gegenspieler blocken wollen. Der Vordermann legt dazu seine Finger für den Aufschläger sichtbar auf seinen Hintern. Die linke Hand steht für den linken, die rechte für den rechten Gegenspieler. Der ausgestreckte Zeigefinger sagt aus, dass der Spieler "longline" geblockt wird. Kommt der Mittelfinger dazu, wird das Diagonalfeld abgesichert. Eine geschlossen Faust bedeutet, dass auf einen Block verzichtet wird. Im Gegensatz zum Hallenvolleyball zählt der Block als Berührung, danach stehen also nur noch zwei Versuche zur Verfügung, den Ball über das Netz zu befördern.