Druckartikel: Viele Flurnamen in der Region gehen auf den "Hängegott" Wotan zurück

Viele Flurnamen in der Region gehen auf den "Hängegott" Wotan zurück


Autor: Gerda Völk

Unterneuses, Dienstag, 05. Dezember 2017

Das Thema wird in der Literatur etwas stiefmütterlich behandelt, sagt der Bamberger Historiker und Sprachwissenschaftler Joachim Andraschke. Flur- und Ortsn...
Der Bamberger Historiker und Sprachwissenschaftler Joachim Andraschke (links) und der Vorsitzende des Vereins für Heimat- und Dorfgeschichte Unterneuses, Josef Hofmann Foto: Gerda Völk


Das Thema wird in der Literatur etwas stiefmütterlich behandelt, sagt der Bamberger Historiker und Sprachwissenschaftler Joachim Andraschke. Flur- und Ortsnamen faszinieren ihn schon seit der Kindheit. "Ich habe immer meinen Vater gefragt, woher denn die Namen in der Flur kommen." Schon damals eignete er sich Kenntnisse in den Bereichen fränkische Landeskunde, deutsche Geschichte und Archäologie an. Später schloss er sein Studium mit einer Magisterarbeit über Wüstungen in Oberfranken ab. Sein Forschungsschwerpunkt war und ist seitdem die fränkische Namenkunde.
Gerade ist sein Buch zu den "germanisch-frühdeutschen Ortsnamen des Regnitz- und Obermaingebietes" erschienen. Beim Verein für Heimat- und Dorfgeschichte referierte Andraschke über "sakrale Orts-, Flur-, Gewässer- und Bergnamen als Hinweise auf vorchristliche Kultplätze".
Göttervater Wotan, der größte Gott der Germanen, hatte viele Namen. Allein in Skandinavien sind 156 Beinamen Odins (die Namensform für Wotan bei den Wikingern) nachgewiesen. "Im fränkischen Material sind derzeit 40 Beinamen sicher auszumachen, zehn weitere können als unsichere oder wahrscheinliche hinzugefügt werden", erläutert Andraschke. Ein Beiname lautete Hangatyr "der Hängegott". Diesen Beinamen erhielt Wotan, weil er neun Tage verwundet an seinem Haarschopf an der Weltesche hing, um Weisheit zu erlangen. Ein Hinweis darauf findet sich auch heute noch in manchen Flurnamen Frankens. Als Beispiel nannte der Referent Strangoldslohe "zum heiligen Hain des Stranghold", einen Flurnamen in der Gemarkung Forchheim, dessen Ursprung auf Stranghold ("Strang-Gott") zurückführt.
Fündig wurde der Forscher auch in der näheren Umgebung. Ein weiterer Beiname Wotans war Human (Hummenberg bei Küps) oder Herman, der einen Hinweis auf Odins Beinamen Herjan "Führer des wildes Heeres" gibt. Darauf deutet ein Flurname in Unterbrunn hin. Ein weiterer Beiname Wotans war Raudwan "der Vernichter-Riese", wie er in Rothmannsthal (1240 Rodewanstal) zu finden ist. Auf Opferplätze weisen Flurnamen in Theisau und Weismain hin. Das althochdeutsche Wort geltan für "vergelten, büßen, opfern" lebt häufig in Flurnamen wie "Goldbaum, Goldbühl, Goldberg, Goldgrube" fort und habe mit dem gleichnamigen Edelmetall nichts zu tun. Als Beispiel nennt Andraschke die Flurnamen in Lichtenfels (ein Leidten auf den Goltperg) und Unterneuses (Acker in der Goldgruben).
Der Flurname Tiergarten kann ein Wildgehege bezeichnen und mit adliger Nutzung im Zusammenhang stehen. Es kann aber auch auf das althochdeutsche tiorgarto zurückgehen, was so viel wie ein "Platz, wo man Sühneopfer darbringt" bedeutet und auf einen Kultplatz hinweist. "Sehr wahrscheinlich ist dies bei der Flur Tiergarten bei Theisau der Fall, da sie sich unmittelbar bei der Flur Schletzenkammer befindet", sagt Andraschke. Auf einen Kultplatz weist auch die Bezeichnung "Wiesen im Thiergarten" bei Unterneuses hin, da die Nähe zur Goldgrube und dem Ansberg doch sehr auffällig ist.