Sigismund von Dobschütz
Ungewohnt turbulent endete am Dienstag eine Verhandlung am Bad Kissinger Amtsgericht. Der Angeklagte aus dem Raum Bad Kissingen wollte das Urteil wegen Volksverhetzung nicht anerkennen, beschimpfte Richterin und Staatsanwältin und musste schließlich von bereit gestellten Polizeibeamten aus dem Gerichtssaal gedrängt werden.
Angeklagt war ein 49-jähriger Diplom-Ingenieur wegen seiner Kommentare in einem Chat einer inzwischen gelöschten Facebook-Gruppe. Dort hatte er im Sommer 2016 unter anderem die Worte gepostet: "Es gab nie einen Holocaust." Ein Diskussionsteilnehmer hatte diesen Satz in Nordrhein-Westfalen zur Anzeige gebracht. Über die Schweinfurter Kripo wurde die Identität des Angeklagten festgestellt.
Vor Prozessbeginn standen sechs schwarz gekleidete, einschüchternd wirkende Beamte der Operativen Ergänzungsdienste (OED) im Vorraum zum Gerichtssaal, die das Gericht zum eigenen Schutz, aber auch zum Schutz vor möglichen Unterstützern des Angeklagten angefordert hatte. Wie in der Verhandlung bekannt wurde, hatte der Beschuldigte noch am Vortag im Internet Freiwillige als "Prozessbeobachter" eingeladen und ihnen 50 Euro zahlen wollen. Sogar direkt vor Verhandlungsbeginn - im Blickfeld der sechs Polizisten - suchte der Angeklagte noch vergeblich nach Unterstützern.
Während der Verhandlung kam nicht allein die Holocaust-Leugnung des Beschuldigten zur Sprache, sondern auch weitere Facebook-Kommentare in ähnlicher Richtung. So hatte der Angeklagte einen fremden Online-Kommentar des Wortlauts "Hitler war ein Genie, der Holocaust nur jüdische Propaganda" auf der eigenen Seite geteilt. Zunächst argumentierte der Angeklagte, der vor Gericht auf die Unterstützung eines Verteidigers verzichtet hatte, er habe nie den Holocaust geleugnet. Ihm eine persönliche Nähe zum Nationalsozialismus zu unterstellen, sei ungeheuerlich. Auch keiner seiner Vorfahren habe jemals der NSDAP nahegestanden.
Später argumentierte er, der in seinem Fall angewandte Paragraph 130 des Strafgesetzbuches, wonach die Verharmlosung oder Leugnung des Holocausts unter Strafe steht, sei nicht mehr rechtsgültig. "Der Paragraph 130 ist längst Makulatur." Unter Verweis auf dem Gericht unbekannte Quellen, die er der Richterin in Ausdrucken vorgelegt hatte, wandte sich der Angeklagte im weiteren Fortgang seiner Verteidigungsrede immer häufiger an die Zuhörer im Gerichtssaal. Mehrmals mussten Richterin und Staatsanwältin im Laufe des Verfahrens den Angeklagten zur Mäßigung und zur Konzentration auf den ihm zum Vorwurf gemachten Straftatbestand auffordern. Doch der Angeklagte ließ sich in seiner Rede nicht beirren und erklärte seinen Facebook-Post als "freie
Meinungsäußerung". Die Staatsanwältin stellte in ihrem abschließenden Plädoyer fest, die gepostete Holocaust-Leugnung sei "im besten Fall verharmlosend", und forderte, da der Angeklagte nicht vorbestraft und momentan ohne Einkommen sei, eine Geldstrafe von 95 Tagessätzen zu je 15 Euro zuzüglich Übernahme der Verfahrenskosten.
Dieser Antrag ärgerte den Angeklagten erneut: "Die Dame, die sich Staatsanwältin nennt", habe keinen Punkt berücksichtigt, den er zu seiner Verteidigung vorgetragen habe. "Dieser Fall ist doch konstruiert", rief er den Zuhörern laut zu. "Es beschuldigen mich Leute, mit denen ich nichts zu tun habe und die ich nicht kenne." Schließlich steigerte sich der Angeklagte zur Aussage: "Die Interessenlage hier [im Gericht] ist doch eindeutig." Der Paragraph 130 StGB gelte wohl nur noch in Bad Kissingen. Richterin Susanne Wasserbauer, die sich während der 45-minütigen Verhandlung merklich um Sachlichkeit und angemessene Verhandlungsführung bemüht hatte, brach nach diesem Wortschwall des Angeklagten ab und verkündete das Urteil: Schuldig wegen Volksverhetzung, 70 Tagessätze zu je 15 Euro zuzüglich der Verfahrenskosten.
Zu der sonst üblichen Urteilsbegründung kam die Richterin nicht mehr. Der Angeklagte unterbrach sie, laut in den Saal rufend: "Sie wollen die Fakten nicht zur Kenntnis nehmen." Er weigere sich, die Begründung anzuhören und nehme das Urteil nicht an. Als er zuletzt dem Gericht vorwarf, "das Urteil hat doch vorher schon festgestanden", wurde er von den sechs Polizeibeamten, die vor ihm Aufstellung genommen hatten, sehr bestimmt zum Verlassen des Gerichtssaales aufgefordert und hinaus begleitet.
Ungewohnt turbulent endete am Dienstag eine Verhandlung am Bad Kissinger Amtsgericht. Der Angeklagte aus dem Raum Bad Kissingen wollte das Urteil wegen Volksverhetzung nicht anerkennen, beschimpfte Richterin und Staatsanwältin und musste schließlich von bereit gestellten Polizeibeamten aus dem Gerichtssaal gedrängt werden.
Kripo ermittelt Identität
Angeklagt war ein 49-jähriger Diplom-Ingenieur wegen seiner Kommentare in einem Chat einer inzwischen gelöschten Facebook-Gruppe. Dort hatte er im Sommer 2016 unter anderem die Worte gepostet: "Es gab nie einen Holocaust." Ein Diskussionsteilnehmer hatte diesen Satz in Nordrhein-Westfalen zur Anzeige gebracht. Über die Schweinfurter Kripo wurde die Identität des Angeklagten festgestellt.Vor Prozessbeginn standen sechs schwarz gekleidete, einschüchternd wirkende Beamte der Operativen Ergänzungsdienste (OED) im Vorraum zum Gerichtssaal, die das Gericht zum eigenen Schutz, aber auch zum Schutz vor möglichen Unterstützern des Angeklagten angefordert hatte. Wie in der Verhandlung bekannt wurde, hatte der Beschuldigte noch am Vortag im Internet Freiwillige als "Prozessbeobachter" eingeladen und ihnen 50 Euro zahlen wollen. Sogar direkt vor Verhandlungsbeginn - im Blickfeld der sechs Polizisten - suchte der Angeklagte noch vergeblich nach Unterstützern.
Während der Verhandlung kam nicht allein die Holocaust-Leugnung des Beschuldigten zur Sprache, sondern auch weitere Facebook-Kommentare in ähnlicher Richtung. So hatte der Angeklagte einen fremden Online-Kommentar des Wortlauts "Hitler war ein Genie, der Holocaust nur jüdische Propaganda" auf der eigenen Seite geteilt. Zunächst argumentierte der Angeklagte, der vor Gericht auf die Unterstützung eines Verteidigers verzichtet hatte, er habe nie den Holocaust geleugnet. Ihm eine persönliche Nähe zum Nationalsozialismus zu unterstellen, sei ungeheuerlich. Auch keiner seiner Vorfahren habe jemals der NSDAP nahegestanden.
Später argumentierte er, der in seinem Fall angewandte Paragraph 130 des Strafgesetzbuches, wonach die Verharmlosung oder Leugnung des Holocausts unter Strafe steht, sei nicht mehr rechtsgültig. "Der Paragraph 130 ist längst Makulatur." Unter Verweis auf dem Gericht unbekannte Quellen, die er der Richterin in Ausdrucken vorgelegt hatte, wandte sich der Angeklagte im weiteren Fortgang seiner Verteidigungsrede immer häufiger an die Zuhörer im Gerichtssaal. Mehrmals mussten Richterin und Staatsanwältin im Laufe des Verfahrens den Angeklagten zur Mäßigung und zur Konzentration auf den ihm zum Vorwurf gemachten Straftatbestand auffordern. Doch der Angeklagte ließ sich in seiner Rede nicht beirren und erklärte seinen Facebook-Post als "freie
Meinungsäußerung". Die Staatsanwältin stellte in ihrem abschließenden Plädoyer fest, die gepostete Holocaust-Leugnung sei "im besten Fall verharmlosend", und forderte, da der Angeklagte nicht vorbestraft und momentan ohne Einkommen sei, eine Geldstrafe von 95 Tagessätzen zu je 15 Euro zuzüglich Übernahme der Verfahrenskosten.
Dieser Antrag ärgerte den Angeklagten erneut: "Die Dame, die sich Staatsanwältin nennt", habe keinen Punkt berücksichtigt, den er zu seiner Verteidigung vorgetragen habe. "Dieser Fall ist doch konstruiert", rief er den Zuhörern laut zu. "Es beschuldigen mich Leute, mit denen ich nichts zu tun habe und die ich nicht kenne." Schließlich steigerte sich der Angeklagte zur Aussage: "Die Interessenlage hier [im Gericht] ist doch eindeutig." Der Paragraph 130 StGB gelte wohl nur noch in Bad Kissingen. Richterin Susanne Wasserbauer, die sich während der 45-minütigen Verhandlung merklich um Sachlichkeit und angemessene Verhandlungsführung bemüht hatte, brach nach diesem Wortschwall des Angeklagten ab und verkündete das Urteil: Schuldig wegen Volksverhetzung, 70 Tagessätze zu je 15 Euro zuzüglich der Verfahrenskosten.
Zu der sonst üblichen Urteilsbegründung kam die Richterin nicht mehr. Der Angeklagte unterbrach sie, laut in den Saal rufend: "Sie wollen die Fakten nicht zur Kenntnis nehmen." Er weigere sich, die Begründung anzuhören und nehme das Urteil nicht an. Als er zuletzt dem Gericht vorwarf, "das Urteil hat doch vorher schon festgestanden", wurde er von den sechs Polizeibeamten, die vor ihm Aufstellung genommen hatten, sehr bestimmt zum Verlassen des Gerichtssaales aufgefordert und hinaus begleitet.