"Stadtteile möchten Urnenfelder"
Autor: Marco Meißner
Kronach, Montag, 02. Februar 2015
Antrag Die SPD-Fraktion bringt im Stadtrat Kronach Urnengräberfelder und anonyme Gräber wieder auf die Tagesordnung.
von unserem Redaktionsmitglied
Marco Meissner
Kronach — In Kronach gibt es schon seit einiger Zeit Urnengräberfelder. Als diese geschaffen wurden, reagierte die Kreisstadt auf die steigende Nachfrage nach neuen Bestattungsformen. Urnenfeldern in den Stadtteil-Friedhöfen und anonymen Bestattungen hingegen wurde bisher eine Absage erteilt. In der Sitzung des Stadtrates kommen heute beide Punkte wieder einmal auf den Tisch.
"Der Bedarf ist da und er ist am Steigen", betont Stadträtin Marina Schmitt (SPD). "Auch in den Stadtteilen." Diese Nachfrage nach neuen Möglichkeiten der Bestattung hat sie veranlasst, einen Antrag zu stellen. Darin wird die kurzfristige Schaffung von Urnenfeldern "in größeren Stadtteilfriedhöfen, wie zum Beispiel in Fischbach, Friesen oder Neuses" gefordert. Zugleich werden anonyme Grabstätten zur Diskussion stellt.
"In erster Linie geht es um die Urnenfelder", unterstreicht sie, wo der Kern ihres Antrags zu finden ist. Diesem Anliegen stehen die Vertreter der anderen Parteien und Gruppierungen im Stadtrat grundsätzlich nicht im Wege. "Wir können über alles reden, wenn bei den Urnenfeldern ein Wunsch besteht", stellt Jonas Geissler (CSU) fest. Es müsse allerdings klar sein, dass sich eine solche Einrichtung auch auf die Gebühren auswirken könnte. "Es wird fünf Friedhöfe betreffen. Wir müssen sehen, wo es zu Verschiebungen kommen würde. Das muss sauber durchgerechnet werden", betont er, die Kostenfrage zu klären und erst dann Tatsachen zu schaffen.
In die gleiche Kerbe schlägt Michael Zwingmann (FW). "Grundsätzlich werden wir uns nicht sperren", sagt er zum Antrag auf Urnenfelder in den Stadtteilen. Allerdings fordert auch er vorab verlässliche Zahlen und einen Blick auf Kosten und Gebühren.
In dieser Hinsicht verweist Marina Schmitt darauf, dass Friedhöfe kostendeckende Einrichtungen sein müssen. Aus diesem Grund müsse ihre Kosten- und Gebührenentwicklung ohnehin regelmäßig auf den Prüfstand kommen - unabhängig von neuen Einrichtungen.
Cilly Volk (FL) weiß aus ihrem Heimatstadtteil Fischbach selbst, dass eine Nachfrage nach Urnenfeldern besteht. Deshalb unterstützt sie diesen Antrag der SPD: "Es muss jetzt im Gremium besprochen werden, wie sich so etwas realisieren lässt."
Für Grünen-Stadtrat Peter Witton ist diese Lösung ebenfalls denkbar. Anders sieht es beim zweiten Teil des SPD-Antrags aus. Vollkommen anonyme Bestattungen sieht er mit großem Argwohn. Alleine schon wegen seiner Erfahrungen aus der Trauerarbeit als Vorsitzender des Hospizvereins ist er gegen solche Überlegungen.
Jonas Geissler steht ihm in dieser Hinsicht zur Seite.
Wenigstens Namenstafeln im Umfeld der Gräber gehören für ihn dazu. Eine Bestattung völlig "unter Ausschluss der Öffentlichkeit" spricht aus seiner Sicht gegen die Menschenwürde: "Es soll kein Name vergessen werden." Unabhängig davon sei es auch für die Trauerbewältigung Dritter, die keinen Einfluss auf auf die Beisetzung hätten, wichtig, einen Anlaufpunkt zu haben. "Anonymes Bestatten wollen wir nicht", laute deshalb die Meinung der CSU-Fraktion.
Entscheidung des Betroffenen
Offener begegnen die Freien Wähler diesem Thema. Bereits beim ersten Mal, als die anonymen Gräber im Stadtrat zur Sprache gekommen seien, habe sich seine Fraktion dafür ausgesprochen, erinnert sich Michael Zwingmann.
Er knüpft diese Ansicht aber heute wie damals an eine Vorgabe: "Der Betroffene muss sich die anonyme Bestattung selbst so gewünscht haben." Es solle nicht sein, dass ein Mensch nur ano nym beigesetzt werde, weil die Angehörigen sparen wollen. Cilly Volk will sich in dieser Sache noch nicht auf eine Marschroute für Montag festlegen. Sie möchte vorher erst das Gespräch innerhalb der Frauenliste suchen.
Für Marina Schmitt sind die anonymen Bestattungen ein hochaktuelles Thema. "Ich habe schon Nachfragen bekommen, warum so etwas nicht in Kronach möglich ist", betont sie. Schmitt weiß auch von Leuten, die sich deshalb in einem sogenannten Friedwald außerhalb des Landkreises beisetzen lassen wollen. Das müsse nicht sein, meint sie.
Wenn man entsprechende Grabstätten in Kronach schaffen würde, dann "verpflichtet man ja niemanden dazu, sie zu wählen.
Aber man sollte die Möglichkeit anbieten".
Dem widerspricht Geissler deutlich. Und im Hinblick auf die "Abwanderung" in den Friedwald bezieht er auch einen anderen Standpunkt als Marina Schmitt. Wenn ein Mensch nach seinem Tod quasi spurlos von der Bildfläche verschwinden wolle, dürfte für denjenigen ein bestimmter Begräbnisort kaum von großer Bedeutung sein. "Wenn jemand anonym bestattet werden will, dann ist es für ihn doch letztlich egal, wo."