Der Philosoph Hegel verklärt ihn zur "Weltseele zu Pferde", Goethe spricht vom "größten Verstand, den die Welt je gesehen". Ein Karikaturist sieht es anders: Er zeichnet Napoleon, der nach St. Helena verbannt worden ist, als Scheusal, das auf einer fetten Ratte reitet - war doch die entlegene Atlantikinsel für ihre Rattenplage bekannt.
Als sich Napoleon Bonaparte 1804 in Notre-Dame zum Kaiser krönte, war er 35 Jahre alt. Als er am 1821 in seinem Exil an Magenkrebs starb, gerade mal 51.
Der gebürtige Korse hat die Geschichte Europas geprägt wie kein anderer. Kulmbach ist davon direkt betroffen: Im Oktober 1806 wird die Burg, eine preußische Festung, von bayerisch-französischen Truppen belagert. Nach tapferer Gegenwehr muss die Besatzung nach 45 Tagen kapitulieren. Die Hohe Bastei wird geschleift, das Inventar geplündert, das wertvolle Archiv nach Bamberg abtransportiert.
Dass das Deutsche Zinnfigurenmuseum den weltweit größten Bestand an Napoleon-Dioramen zusammengetragen hat, hat mit diesem lokalen Hintergrund zu tun. Die großen Schlachten werden gezeigt, die Erhebungen gegen die Franzosen wie der Tiroler Volksaufstand mit der Hinrichtung Andreas Hofers 1810 in Mantua. Doch auch fürs Herz wird was geboten.
Ein reizendes Diorama ist Napoleon mit Prinzessin Marie Louise in einer goldenen Hochzeitskutsche. Ihre Eheschließung entspring dynastischem Kalkül. Napoleon wollte durch die Ehe mit der Habsburger Kaisertochter die Verbindung der beiden großen europäischen Herrscherhäuser. Doch dann ergibt sich eine Romanze: Die 18-jährige Erzherzogin war widerwillig der Vereinbarung gefolgt. Am 13. März 1810 bricht sie von Wien mit 83 Kutschen nach Paris auf.
Ab der bayerischen Grenze reist sie mit kleinem Tross. Napoleon, erfahren auch in der Eroberung von Damen, schickt ihr galante Briefe und Präsente. Schließlich reitet er Marie Louise entgegen und steigt, aller höfischen Etikette Hohn sprechend, zu ihr in die Kutsche. Ihre anfängliche Skepsis schlägt um in Euphorie, der vorgezogene Hochzeitsnächte folgen. Die prunkvolle Trauung erfolgt am 2. April im Louvre, danach fahren sie unter dem Jubel der Bevölkerung in der Kutsche durch Paris.
Das Diorama zeigt ihre Ankunft im Tuilerien-Palast, der Königsresidenz. Zehn Monate später wird sich der ersehnte Thronfolger einstellen.
Tod im eisigen Wasser
Liebesnächte hier, das Verrecken von Zehntausenden dort. Napoleons Russland-Feldzug ist ein militärisches und menschliches Fiasko. Er ist der Anfang seines Endes. Mit fast 600 000 Soldaten aus 20 Nationen stößt er im Juni 1812 nach Russland vor. Bayern muss 30 000 Mann stellen, nur wenige werden ihre Heimat wiedersehen. Das Ausweichen der Russen, ihre Taktik der verbrannten Erde und der Wintereinbruch führen zu dramatischen Verlusten der Grande Armée. Ihr Rückzug über die Beresina ist das bekannteste Beispiel für den Niedergang. In einem an Größe und Eindringlichkeit weltweit einzigartigen Diorama auf der Plassenburg ist das Drama vom 27. November 1812 nachgestaltet.
Pioniere haben die Häuser der Dorfbewohner niedergerissen und aus dem Bauholz leidlich tragfähige Behelfsbrücken gebaut. Man weiß, dass jeder der Männer 15 Minuten ins eiskalte Wasser musste, bis er abgelöst wurde, sodass von den 400 eingesetzten Pontonieren nur zwanzig überlebt haben. Die Szene zeigt, wie Panik ausbricht, Kürassiere und Berittene sich ins eisige Wasser stürzen, um das andere Ufer zu erreichen. Sie werden von den reißenden Fluten mitgerissen. Andere werden von Fuhrwerken überrollt, zerquetscht, von der Brücke gestoßen, von russischen Kartätschen zerfetzt. Von 70 000 Soldaten erreicht nur etwa die Hälfte das andere Ufer.
Was man nicht sieht: Napoleon selbst hat sich bereits vom anderen Ufer aus mit seiner Garde abgesetzt. Auf einem Bauernschlitten flüchtet er über Warschau und Dresden nach Paris, um dort dann verkünden zu lassen: "Die Gesundheit Ihrer Majestät war niemals besser."
Man schätzt, dass bei Napoleons Kriegen auf europäischem und russischem Boden 3,5 Millionen Soldaten und Zivilisten umgekommen sind. Seinem Nachruhm hat es nicht geschadet.