In der Nacht vom 9. zum 10. November 1938 brannten jüdische Synagogen in ganz Deutschland. Auch in Kronach gedenkt man alljährlich der Reichspogromnacht . Die Gedenkveranstaltung findet erneut am 9. November in der Kronacher Synagoge statt.
Am 15. Mai 1992 wurde der „Aktionskreis Kronacher Synagoge “ ins Leben gerufen, um das Synagogengebäude aus dem Jahr 1883 vor dem Verfall zu retten und – im Gedenken an die einstigen Kronacher jüdischen Glaubens – mit neuem Leben zu erfüllen. Seit diesen 30 Jahren gibt es bereits die alljährliche Gedenkstunde an die Reichspogromnacht vom 9. auf den 10. November 1938. Anfangs standen dabei die Aktionskreis-Mitglieder noch draußen in der Kälte vor dem Gebäude, sprich dem alten Eingangstor des ehemaligen Sanitätsdepots. Seitdem die Synagoge am 4. Oktober 2002 wieder eingeweiht werden konnte und auch als Veranstaltungsraum genutzt wird, findet die Gedenkstunde Jahr für Jahr hier statt, so auch am kommenden Mittwoch um 19.30 Uhr.
Gestaltet wird die ökumenische Gedenkveranstaltung vom Kronacher Stadtpfarrer Thomas Teuchgräber sowie dem Dekans-Ehepaar Markus Müller und Ulrike Schorn seitens der katholischen bzw. evangelischen Kirche. Die sorgsam ausgewählte musikalische Umrahmung obliegt den St.-Georgs-Bläsern aus Friesen mit ihrem majestätisch-feierlichen Spiel unter Leitung von Kirchenmusikdirektor Marius Popp. Die Erste Aktionskreis-Vorsitzende Odette Eisenträger-Sarter wird die Besucher eingangs willkommen heißen. Herzliche Einladung ergeht an die gesamte Bevölkerung.
Juden in Kronach
In Kronach wurden jüdische Bewohner erstmals 1298 urkundlich erwähnt. 1871 wurden die vielen deutschen Teilstaaten zum Deutschen Reich vereint. In diesem neuen Staat hatten alle Menschen die gleichen Rechte und Pflichten, auch die Juden. Sie waren nun freie deutsche Bürger. Viele Juden zogen in die Städte, auch nach Kronach . So konnte 1880 eine selbstständige jüdische Kultusgemeinde gegründet werden, die alsbald eine Synagoge erbaute, die am 5. Oktober 1883 feierlich eingeweiht wurde.
Als 1933 die Nationalsozialisten an die Macht kamen, verließen viele Juden ihre deutsche Heimat und gingen ins Ausland. 1936 gab es deshalb nur noch wenige jüdische Bürger in Kronach . Sie konnten keinen Gottesdienst mehr abhalten, weil sie die vorgeschriebene Mindestzahl von zehn religionsmündigen männlichen Juden nicht mehr erreichten. Somit blieb die Synagoge ungenutzt.
Die Reichspogromnacht in Kronach
Da ihr Schicksal offenkundig war, verkauften die Juden ihre Synagoge im Februar 1938 an die Stadt Kronach , die bis heute Eigentümerin des Gebäudes ist. Danach wurde das Haus zum Sanitätsdepot des Roten Kreuzes umfunktioniert und blieb deshalb vor einer Zerstörung durch die Nazis in der Reichspogromnacht 1938 verschont. Die wertvollen Einrichtungen waren bereits im Februar 1938 an die Israelitische Kultusgemeinde Bamberg gegeben worden, wo sie dem Brand der Bamberger Synagoge am 9. November zum Opfer fielen.
Der frühere Stadtarchivar Hans Kremer schreibt für das Stadtarchiv Kronach : „Auch in Kronach hat sich diese sogenannte Kristallnacht am 9. auf den 10. November 1938 abgespielt, und zwar im Hause und in der Wohnung der damals hier am Hussitenplatz/Marienplatz 5 lebenden Judenfamilie Felix Strauß, der Großkaufmann für Leder- und Hausschuhwaren war. Die begüterte Familie war aber auch ein großer Wohltäter für die Stadt und ihre Bevölkerung in den vorhergegangenen Not-Jahren, in denen sie viele Hundert von Schuhen aus sozialen Gründen verschenkte.“
In dem Buch „Ein Stück Matzen, Nachbarin!“ von Christoph Zeckai heißt es: „Die beiden Kronacher Juden Felix Strauß und Ludwig Lamm kamen in ,Schutzhaft‘, wie man die Inhaftierung unschuldiger Staatsbürger während des Dritten Reiches nannte. Wie die Polizei sich jedoch anlässlich der Verhaftung verhalten hat, ist heute nicht mehr feststellbar. Bei allen jüdischen Kronachern wurden offensichtlich Hausdurchsuchungen durchgeführt.“
In ihrem Buch „Gern gesehen und wohl gelitten“ schreiben Katja und Willi Zaich: „Die SA-Schergen drangsalierten die Familienangehörigen und verhafteten Felix Strauß, um ihn ins KZ Buchenwald zu bringen, von wo aus man ihn einige Wochen später wieder entließ. Auch Ludwig Lamm wurde inhaftiert. Angeblich waren bei ihm sowie bei Max Tannenbaum Waffen gefunden worden.“ hs