Beeindruckt waren die 23 Waldbesitzer aus Erlangen und Umgebung, die der Einladung von Försterin Heike Grumann vom Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Fürth-Uffenheim, Forstrevier Herzogenaurach , zur Exkursion ins Nachbarrevier Emskirchen gefolgt waren: Es ging nach Gunzendorf, Markt Emskirchen, wo Land- und Forstwirt Hans Hermann Nöhring stattliche Bäume in seinem Wald zu bieten hatte. Die mit 36 Metern höchste Esskastanie Bayerns steht nämlich genau hier – neben vielen anderen Vertreterinnen ihrer Art.
Das ist durchaus ungewöhnlich, denn Edel- oder Esskastanien sind sehr wärmeliebend und kommen in Deutschland bisher vor allem in Weinbaugegenden (Rheinland-Pfalz) vor. „Bei uns sind sie absolut selten – noch“, erklärte Heike Grumann, denn der Klimawandel sei in vollem Gange. Etwa 1,5 Grad war es in den letzten Jahren bereits wärmer als früher, eine weitere Erwärmung ist prognostiziert. Ein guter Grund für Waldverantwortliche, sich über mögliche passende Baumarten für das „neue“ Klima zu informieren. Denn im Gegensatz zur Landwirtschaft , wo eine Feldfrucht nach einem halben Jahr geerntet wird, wachsen Bäume 100 Jahre und oft deutlich länger an einem Standort. In dieser Zeit müssen sie mit allem zurechtkommen, was die Natur zu bieten hat, z. B. Wildverbiss, extreme Wetterlagen , Insektenfraß, Umweltgifte usw. Ändert sich das Klima, ändert sich das gesamte Ökosystem – auch die Baumartenzusammensetzung. Manche Arten werden zurückweichen, manche neu erscheinen.
Wie die großen Esskastanien nach Gunzendorf kamen, ist nicht bekannt. Sie sind da und sehen absolut gesund aus. Auch Früchte tragen sie fast jedes Jahr im Herbst – zur Freude von Hans Hermann Nöhring und seiner Familie. Denn sie fangen sie mit großen Netzen unter den Bäumen auf, waschen und trocknen sie, bis sie dann zum Überwintern von Sand umhüllt in den kühlen Keller wandern.
Aussaat auf den entstandenen Lücken
Wer jetzt glaubt, sie werden dann an Weihnachten geröstet und als Maroni verspeist, liegt falsch. Denn die meisten der Früchte sind ziemlich klein, deutlich kleiner als die Esskastanien , die es im Handel gibt. Die Nöhrings denken weiter: Im Mai werden die Früchte zusammen mit Eicheln im Wald der Familie ausgesät – dort, wo durch Borkenkäfer und Kiefernsterben Freiflächen und Lücken entstanden sind. Mit etwas Glück und liebevoller Pflege (der Kampf gegen die Brombeere ist vor allem im ersten Jahr einer, den man gewinnen muss, bei zu hohen Wildbeständen muss außerdem ein Zaun die Kultur schützen) stehen dann nach drei Jahren mannshohe Jungkastanien auf der Fläche. Denn das Höhenwachstum der Esskastanien ist vor allem in den ersten 15 Jahren enorm. Dazu kommt in diesem Falle, dass die Bäume nicht gepflanzt, sondern gesät wurden. So kann sich ihre Wurzel an Ort und Stelle ungestört entwickeln, ohne dass sie beim Verpflanzen beschädigt wird. Ein Vorteil, der sich auch langfristig positiv auf die Gesundheit und Stabilität der Bäume auswirkt.
Aber nicht nur mit Esskastanien wusste Hans Hermann Nöhring seine Waldbesitzerkollegen und -kolleginnen zu beeindrucken: Im Wald der Familie wachsen neben den heimischen Baumarten auch Baumhaseln, Libanonzedern, Türkische Tannen, Mammutbäume und Amerikanische Roteichen. „Man muss es halt ausprobieren!“, meint er und ist sich im Klaren, dass nicht alles gelingen wird. Selbst Jungbäume, die die ersten Jahre gut überstanden haben, sind kein Garant dafür, dass sie alt werden. Vor allem die Extremjahre, die ja Prognosen zufolge zukünftig häufiger auftreten werden, sind die Hürde, die es zu nehmen gilt. Und auch die Gefahr, dass sich Pilze, Insekten oder andere Organismen ausbreiten und das Leben von Bäumen gefährden, besteht weiterhin, wird vielleicht noch zunehmen. Umso wichtiger, dass die Bäume sich auf ihrem Standort wohlfühlen und robust werden. Esskastanien mögen z. B. kein stauendes Wasser im Untergrund, ein bei uns häufig vorkommendes Phänomen. Außerdem gibt es ein Problem: Weder Saatgut noch Pflanzen sind aktuell in größeren Mengen auf dem Markt. Und wer hat schon eigene Altbäume im Wald wie die Familie Nöhring?
Nöhring rät dazu, sich an seinen zuständigen Beratungsförster am Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten zu wenden. Auch der experimentierfreudigste Waldbesitzer braucht fachliches Rüstzeug und Erfahrung. So können alle Möglichkeiten ausgelotet und gegebenenfalls auch Fördermittel für Maßnahmen beantragt werden.
Der Nöhring’sche Wald ist zwar gebeutelt vom Klimawandel, aber dank des Engagements der Familie und des örtlichen Försters Gernot Käßer sehr vielfältig und damit gut aufgestellt für die Zukunft. Sehr vorbildlich und einen Besuch wert. red