Die Arbeitsgemeinschaft "Lebendige Erinnerungskultur in Coburg" will den Blick schärfen für die Wirkung historischer Ereignisse auf aktuelle politische und gesellschaftliche Entwicklungen.
Wo versucht wird, Betroffenheit durch ritualisiertes Erinnern zu erzeugen oder gar zu verordnen, wird dies scheitern. Eher wird damit eine Gegenreaktion hervorgerufen. Davon ist die Arbeitsgemeinschaft "Lebendige Erinnerungskultur in Coburg" überzeugt. Sie setzt daher auf andere Wege und plant eine Reihe von Veranstaltungen in diesem Jahr.
Auftakt wird der Vortrag von Götz Aly sein. Der Politikwissenschaftler, Historiker und Journalist richtet in seinem Buch "Europa gegen die Juden" einen gesamteuropäischen Blick auf den Antisemitismus und den Weg in den Holocaust. "Er zeigt auf, dass es sich um ein europäisches Problem handelte, das in Deutschland seine furchtbarste Ausprägung erfahren hat", sagt Dieter Stößlein vom Evangelischen Bildungswerk für die Arbeitsgemeinschaft.
Eine Pflege der Geschichtskultur mit Blick auf aktuelle Ereignisse steht für Ruprecht Appelshauser von der Initiative Stadtmuseum im Mittelpunkt der Veranstaltungsreihe. Weil gerade jetzt viele historisch wichtige Ereignisse genau 100 Jahre zurückliegen, biete sich an, die Demokratiegeschichte des 19. Jahrhunderts zu beleuchten.
"Man kann gegenwärtige Ereignisse nur verstehen, wenn man sich mit der Geschichte beschäftigt", gibt ihm Laura Göldner von der Volkshochschule Coburg Recht. Dazu sollen Vorträge mit hochkarätigen Referenten dienen. Neben Götz Aly (20. März) gehört dazu Eckart Conze. Ende Mai wird er zu seinem Buch "Die große Illusion" referieren, in dem es darum geht, "was uns der Versailler Vertrag nach 100 Jahren noch zu sagen hat". Die Hoffnungen der Welt, dass durch den Vertrag von Versailles nach dem großen Krieg eine stabile friedliche Ordnung geschaffen werden könnte, hätten sich eben als "große Illusion" erwiesen.
Um einen besonderen Mann aus dem Coburger Land geht es im Vortrag der Historikerin Franziska Bartl. Gemeint ist "Der vergessene Verschwörer" Georg Alexander Hansen. Obwohl sich belegen lässt, dass Hansen wichtige Funktionen im Kreis um Stauffenberg inne hatte, geriet er nach seiner Hinrichtung durch die Nationalsozialisten weitgehend in Vergessenheit. Franziska Bartl zeigt - treffend am 20. Juli - anhand neuester Forschungsergebnisse Hansens Rolle auf, spricht sogar von einer "Schlüsselperson" des Widerstands.
Spuren jüdischer Kultur
Nähe schafft Betroffenheit. Doch: "In Coburg sind die Spuren jüdischer Kultur praktisch ausgelöscht", weiß der Ethnologe, Museumsleiter und Heimatpfleger Hubertus Habel. Eine Exkursion zum Fränkische Schweiz Museum in Tüchersfeld führt zu solchen Spuren, die nicht getilgt wurden. Das Museum ist in einem ehemaligen Judenhof untergebracht. Die Synagoge in dem Gebäude, in dem damals mehrere jüdische Familien lebten, stammt aus dem 18. Jahrhundert. Die Exkursion findet am 13. Juli statt.
Den Bogen zur Gegenwart schlägt ein Vortrag, der am 11. April, im Haus Kontakt stattfindet. Das Datum ist der Jahrestag der Kapitulation Coburgs. In Erinnerung an diesen Tag soll auf die Gefahren atomarer Bewaffnung aufmerksam gemacht werden. Es steht dabei zur Diskussion, wie Abrüstung gewaltfrei beschleunigt werden kann.