Weichendorf/Modschiedel  —  Der Großteil der 1200 Gäste im Tanzcenter Deubel in Modschiedel schwingt ausgelassen das Tanzbein. Denn Melodas-Legende Josef "Sepper" Scheer gibt mit seiner Enkelin Sabrina Döpp und Hilmar Hirt (von der Band Mambo) den Tanzklassiker "Marmor, Stein und Eisen bricht" zum Besten. Bei der "Fränkischen Starnacht der Legenden" dankte das Publikum dem Trio mit einem nicht enden wollenden Applaus für den legendären Auftritt. Legendär nicht nur, weil die Melodas und die Mambo in den 60er und 70er Jahren noch rivalisierende Bands waren, sondern vor allem, weil es der letzte Auftritt von Josef "Sepper" Scheer werden sollte. Zwei Wochen später, am 27. Dezember, starb er im Alter von 84 Jahren, nachdem er knapp 65 Jahre lang der Star auf den Bühnen im Landkreis war und viele Nachwuchsbands inspiriert hatte.

Scheer gründete die Melodas im Jahr 1953. "Wir waren damals die erste Band im Bamberger Raum, die über ein Mikrofon gesungen hat - das war neu und kam sehr gut an", schrieb Scheer auf der Melodas-Homepage. "Deshalb avancierten wir relativ schnell zur führenden Tanz-Band der Nachkriegszeit im Raum Bamberg, Staffelstein, Herzogenaurach, Lichtenfels und Erlangen." Sieben Musiker gehörten den Melodas in der Gründerzeit an.

Mit Roy Black auf der Bühne

Die Band spielte im Vorprogramm von Schlagergrößen wie Roy Black, Howard Carpendale, Andy Borg, Roland Kaiser, Costa Cordalis und vielen anderen. Die fränkische Musik- und Tanzszene der 60er und 70er Jahre war einzigartig in Deutschland. Nirgendwo sonst wurden so viele Tanzcenter gebaut. An jedem Wochenende pilgerten bis zu 100 000 Tanzwütige in die angesagten Hallen. Im Raum Bamberg waren dies vor allem die "Tanzschuppen" in Zapfendorf, Drosendorf, Aschbach, Moggast, Schönbrunn, Walsdorf, Maineck, Modschiedel und Gunzendorf. Die Szene strahlte bis Coburg, Kulmbach, Bayreuth und Hof. Die Melodas-Musiker gingen alle einem regulären Beruf nach, "aber die Musik war für uns das schönste Hobby und wir freuten uns stets auf die zwei bis drei Auftritte am Wochenende", schrieb Scheer auf der Homepage.

Melodas als Duo

Nach den Tanzcentern kamen ab Ende der 80er Jahre die Bierzelte im Landkreis hinzu, die die Melodas regelmäßig füllten. Von da an bis 1998 spielte die Band mit vier Musikern. Danach traten Scheer und Mitgründer Andreas "Andi" Raab als Duo auf. 57 Jahre lang standen die beiden gemeinsam auf der Bühne, bis Raab im Jahr 2010 schwer erkrankte und schließlich starb. Danach fand Scheer mit seiner Enkelin Sabrina Döpp eine neue Duett-Partnerin. Döpp singt seit 1983 in der Band Corso. Offenbar hat sie das Talent ihres Großvaters geerbt.

Zusammen bestritten sie auch Scheers letzten Auftritt im Tanzcenter Modschiedel, bei dem er für sein Lebenswerk ausgezeichnet wurde. Er erhielt den fränkischen Lebenswerk-Preis als "bester Musiker".

Nach der imponierenden Vorstellung sorgte eine nur für diesen Abend zusammengekommene fränkische "All Stars Rockband" für eine fulminante Überraschung. In der Besetzung Jürgen Kühnlein, Friedel Amon, Uwe Gaasch (alle Revolver), Daniel "Macloud" Kaspar, Frank "Number 9" Stimpfig und Victor "Victory" Haschke rissen die "All Stars Rocker" mit einer fantastischen Performance den ganzen Saal zu Beifallsstürmen hin.

Es gaben sich darüber hinaus in Modschiedel die weiteren Bamberger Topbands von einst anlässlich dieser "Fränkischen Starnacht" ein historisches Stelldichein. Gerd Backert von den Playboys eröffnete den musikalischen Reigen mit dem Frankenlied, ursprünglich komponiert von Valentin Eduard Beckert im Jahre 1861. Es folgte die vollzählige Gruppe Anywhere mit Martin "Bobby" Popp, Dieter Nitschke, Günter "Jerry" Hohberger und Jürgen "Doc" Schleyer, die bereits damals und auch an diesem Tag einen glasklaren Sound von Konzerthausqualität dargeboten haben. Anywhere überzeugte so auch mit zwei eindrucksvoll vorgetragenen A-cappella-Songs.

Außerdem spielten die Gruppen Big Sound Jack mit Frontmann Detlef Christel, Hans Deusel (Ex-Direktor der Domschule und Lehrbeauftragter für Musik an der Uni Bamberg) und Stephan Kulla, Happy Jack und auch die Sound City Group mit Bernhard und Seppl Hartmann. Lediglich Siggi Stengel, der frühere Bassist und Stegauracher Ex-Bürgermeister, wurde aufgrund seiner politischen Verabschiedung an diesem Abend leider vermisst. Dafür war Norbert Medelnik als Gast zugegen, der Leadgitarrist der Sound-City-Anfangszeit. Auch Harald Hutzel von den 4 Kings, einer weiteren ehemaligen Bamberger Kultband, war dabei. Diese Bamberger Musikerszene gab "Sepper" Scheer in Modschiedel somit so etwas wie die letzte musikalische Ehre - und auch umgekehrt. Denn die in den 70ern aufstrebende Bamberger Musikerfamilie wurde weitgehend von der Erfolgsband des "Sepper" Scheer dazu inspiriert, es dieser nachzueifern. Er dürfte somit den ersten Funken gezündet haben, der zu einem Flächenbrand im positiven Sinne führte, um sodann das Bamberger Umland in den dortigen Tanzsälen und darüber hinaus zu bespielen.

Wer den letzten Auftritt verpasst hat, sich aber noch von Josef Scheer verabschieden möchte, hat dazu bei der Beisetzung Gelegenheit. Diese findet am 9. Januar um 14 Uhr auf dem Friedhof Fasanerie in Memmelsdorf statt.