Druckartikel: Ein Zeichen gegen das Vergessen

Ein Zeichen gegen das Vergessen


Autor: Helmut Will

Ebern, Sonntag, 18. November 2018

In Ebern schlugen die Redner eine Brücke vom Gestern zum Heute. Die Erinnerung an den Krieg, der vor 100 Jahren zu Ende ging, ist eine Mahnung für den Frieden und für Völkerverständigung.
Uniformträger von Polizei und Feuerwehr waren mit dabei. Vorne von rechts: Siegbert Weinkauf und sein Vertreter Detlef Hauck. Foto: Helmut Will


Nach den Gottesdiensten in beiden Kirchen in Ebern zog unter den Klängen des Blasorchesters Ebern aus Anlass des Volkstrauertages ein Trauerzug vom Rathaus zum Ossarium an der Stadtpfarrkirche. Dabei waren Fahnenabordnungen von Vereinen und Vertreter von Behörden. Bürgermeister Jürgen Hennemann und Herbert Becker vom Trägerverein Synagoge Memmelsdorf hielten am Ossarium Mahnreden.

Hennemann gedachte in seiner Rede der Soldaten, die in den Weltkriegen staarben, und den Menschen die durch Krieg, Gefangene, Vertriebene und Flüchtlinge ihr Leben verloren und denen die verfolgt und getötet wurden, weil sie einem anderen Volk, einer anderen Rasse angehörten. Gedacht wurde jenen die ihr Leben verloren, weil sie der Gewaltherrschaft trotzten und an ihrer Überzeugung oder ihren Glauben festhielten.

Aus der Geschichte lernen

Hennemann rief dazu auf, auch jene zu denken, die dieser Tage Opfer von Bürgerkriegen und kriegerischen Auseinandersetzungen werden. Der diesjährige Volkstrauertag findet eine Woche nach dem hundertsten Jahrestag des Endes des Ersten Weltkrieges statt. Hennemann erinnerte an die Menschenvernichtung in der Reichsprogromnacht im Jahr 1938, die sich zum achtzigsten Mal jährt.

Der Bürgermeister hoffte, dass man aus der Geschichte lerne. Mit der Gedenkveranstaltung solle ein Zeichen gegen das Vergessen gesetzt werden. Besonders solle man sich an den Soldaten erinnern, die aus eigenen Gemeinden oder eigenen Familien kommen und die ihr Leben lassen mussten.

Jürgen Hennemann forderte auf für Frieden und Freiheit, für Demokratie einzutreten. Er erinnerte an eine ergreifende Veranstaltung in der Synagoge in Memmelsdorf hinsichtlich Judenverfolgung und Ermordung, wo Herbert Becker, Zweiter Vorsitzender des Trägervereins Synagoge Memmelsdorf, eine beeindruckende Rede gehalten hatte. Deshalb bat Hennemann Becker auch bei der Feierstunde zu sprechen.

Herbert Becker bedauerte, dass der Krieg von manchen Seiten als reinigendes, heftiges Sommergewitter gesehen wurde. "Sorgenvolle Beobachter sahen den Jahreswechsel 1914/15 als letzte Chance der Politik für Friedensinitiativen. Noch hatte man keine Vorstellung vom kommenden Ausmaß des Krieges, seiner Opfer und Folgen", sagte Becker.

Der "Weihnachtsfrieden"

Die immer größer werdenden Opfer hätten mit jedem Tag mehr einen Frieden unmöglich gemacht. "Die wären dann ja alle umsonst gewesen", so der Redner. Zu Weihnachten 1914 kam es an einigen Abschnitten der Front zu einigen spontanen Feuerpausen, was nicht eine Initiative der Politik gewesen sei, sondern von den Soldaten an den Fronten selber kam. Hier hätten britische-, deutsche und französische Soldaten die Gräben verlassen, um sich in der Mitte im Niemandsland zu treffen um miteinander Weihnachten zu feiern. Ausgangspunkt seien häufig die Weihnachtsfeiern deutscher Soldaten am 24. Dezember gewesen. "Die Waffenruhe hielt zum Teil über Tage bis Anfang Januar", sagte Becker. Vereinzelt wurde sogar von gemeinsamen Gottesdiensten berichtet.

"Danach wurde wieder aufeinander geschossen", sagte Becker betrübt. Für die Verbissenheit stehe bis heute der Name Verdun. 50 Millionen Bomben und Granaten seien später auf das eng begrenzte Schlachtfeld gefallen, wo eine der grausamsten Schlachten des Ersten Weltkrieges an der Westfront zwischen Deutschland und Frankreich stattfand, die am 21. Februar 1916 mit einem ersten Angriff deutscher Truppen auf die Stadt Verdun begann.

Eine Milliarde Bomben und Granaten seien während des gesamten Krieges auf Frankreich nieder gegangen. Lange sei davon nichts bekannt geworden. "Mit der Dauer der Schlachten hat sich ein zäher Hass auf alles gelegt und es lag wohl auch an der grausamen Logik des Krieges", sagte Becker.

Die beiden Geistlichen, Pfarrer Bernd Grosser und Pater Rudolf Theiler sprachen Fürbitten für jene, die ihr Leben verloren und jene die Heimat, Eltern oder Kinder verloren haben. Gebetet wurde für alle Menschen die unter den Kriegen der Gegenwart und Gewalt, Verfolgung und Unterdrückung leiden.