Brüderpaar wollte schlichten, teilte aus und wurde jetzt am Amtsgericht verurteilt
Autor: Manfred Wagner
Haßfurt, Dienstag, 08. Juli 2014
von unserem Mitarbeiter manfred Wagner
Haßfurt — Samstagabend, 1. Februar 2014: Apres-Ski-Party war angesagt an einer Hütte in einem Ort im Landkreis Haßberge. Als sich kurz nach Mitternacht zwei Besucher gegenseitig an die Gurgel gingen, wollten zwei Brüder (20 und 21 Jahre alt) ihrem bedrängten Freund beistehen. Also keilten sie nacheinander auf einen anderen jungen Erwachsenen (18 Jahre) ein. Der Jugendrichter am Amtsgericht in Haßfurt präsentierte dem Brüderpaar nun die Quittung dafür: Einer der Angeklagten muss 500 Euro zahlen, der andere 30 Sozialstunden ableisten.
Vom Vorsitzenden Richter zum Tathergang befragt, bezeichneten sich die Angeklagten als Opfer. Sie selber seien attackiert worden und hätten nur zurückgeschlagen, lautete zusammengefasst ihre Version.
Nachdem aber sieben andere junge Leute im Zeugenstand die Vorgänge geschildert hatten, ergab sich ein etwas anderes Bild.
Angefangen hatte alles an der Bar. Dort gab es zwischen zwei jungen Burschen erst einmal gegenseitige Beschimpfungen, und die Stänkerei artete zunehmend aus. Als die Störenfriede aus der Hütte verwiesen wurden, ging es draußen mit gegenseitigem Schubsen und Rangeleien weiter. In dieser Situation griff der ältere der beiden angeklagten Brüder ein und wollte seinen Freund "raushauen".
Kleidung zerrissen
Der 21-Jährige balgte sich mit seinem Widersacher am Boden, und dabei zerriss sein schön gestreifter Pulli. Darüber war er so erbost, dass er dem anderen mit der Faust ins Gesicht schlug. Er habe ihn am Auge und an der Schläfe getroffen, sagte der 18-jährige Angegriffene.
Danach sei die Balgerei weitergegangen.
Und da kam der zweite Bruder ins Spiel. Er keilte auch auf den 18-Jährigen ein. Der erlitt dabei Schürfwunden und Prellungen im Gesicht. Die Verletzungen klangen erst nach etwa eineinhalb Wochen ab. Am Tag nach dem Vorfall ging der Geschlagene zur Polizei und erstattete Anzeige.
Weiße Weste
Bei den beiden Angeklagten handelt es sich mitnichten um polizei- oder amtsbekannte Schläger. Strafrechtlich gesehen haben sie eine weiße Weste. Jugendgerichtshelfer Franz Heinrich bescheinigte ihnen ein intaktes Familienhaus und einen tadellosen Lebenslauf. Beide haben erfolgreich eine Ausbildung absolviert, und der ältere will in Kürze seinen Meister machen.
Jugendtypische Verfehlung
Vor Gericht aber, das machte Rechtsanwalt Jürgen Wagner als Nebenklägervertreter deutlich, haben
sich die Angeklagten offenbar alles andere als geschickt verhalten. Hätten sie nämlich ihr Fehlverhalten zugegeben, sich entschuldigt und eine kleine Wiedergutmachung angeboten, wäre wohl alles halb so schlimm ausgegangen. Der Jurist plädierte auf keine drakonische Strafe, hielt aber angemessene Strafzahlungen für angebracht.
Dieser Argumentation schloss sich Jugendrichter Martin Kober an. Mit der Begründung, dass es sich um eine jugendtypische Verfehlung handele, wandte er das Jugendstrafrecht an. Ganz billig wird es für die Verurteilten nicht, denn sie müssen zudem sowohl den Rechtsanwalt des Opfers als auch die Gerichtskosten übernehmen. Das Urteil des Gerichts ist bereits rechtskräftig.