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Anklage fällt, Forderung bleibt


Autor: Manfred Wagner

Haßfurt, Mittwoch, 09. Juli 2014

Verhandlung  Ein Betrugsfall gegen einen 38-Jährigen, der Hartz IV kassiert und trotzdem mit Schrott gehandelt haben soll, wurde in Haßfurt eingestellt. Und dennoch darf der Mann die staatliche Unterstützung nicht behalten.



von unserem Mitarbeiter Manfred Wagner

Haßfurt — In dubio pro reo - im Zweifel für den Angeklagten. Eine Anklage wegen Betrugs endete vor dem Amtsgericht in Haßfurt mit der Einstellung des Verfahrens. Die Behauptung des Beschuldigten (38), wonach sämtliche Einnahmen aus einem Schrotthandel sein vor zwei Jahren verstorbener Schwiegervater eingesteckt habe, konnten weder Staatsanwalt Ralf Hofmann noch die Vorsitzende Richterin, Ilona Conver, widerlegen.
Der in der Anklageschrift erhobene Vorwurf des Betrugs erwies sich im Laufe der Verhandlung als nicht beweisbar. Demzufolge wurde das Verfahren gegen den Mann und seine Lebensgefährtin (41) ohne Auflagen eingestellt.
Wie der Vertreter der Anklage vortrug, erhielt das Paar im Jahr 2008 Hartz-IV-Leistungen vom Jobcenter in Haßfurt. Insgesamt wurden beiden von 2148 Euro überwiesen. Im selben Zeitraum aber hätten sie erhebliche Erlöse aus dem Verkauf von Altmetallen und Schrott erzielt, hieß es in der Anklageschrift.

Nur geholfen

In seiner Einlassung erwiderte der Beschuldigte, selber nie mit Schrott gehandelt zu haben. Vielmehr habe er nur im Auftrag seines damaligen Schwiegervaters - weil der weder einen Führerschein noch ein Fahrzeug besessen habe - Alteisen bei einer Firma in Burgpreppach abgeliefert. Das ihm vor Ort ausgehändigte Geld und die Quittungen habe er seinerzeit an den Senior abgeliefert, der mit dem Zugewinn offenbar seine kümmerliche Rente aufbessern wollte.
Für seine Gefälligkeit habe er jeweils 20 oder 30 Euro Spritgeld für seine Auslagen bekommen. Ein einziges Mal, erzählte der jetzt als Lagerist tätige Arbeiter, habe ihm der Rentner 50 Euro in die Hand gedrückt und gesagt: "Damit kannst du mit deiner Frau mal essen gehen." Seine ebenfalls angeklagte Lebenspartnerin bestätigte diese Angaben. Das Paar hat vor einiger Zeit den Haßbergkreis verlassen und wohnt nun in Augsburg.
Ein Amtsinspektor des Schweinfurter Zollamtes schilderte im Zeugenstand, wie es zu dem Betrugsvorwurf kam. Als der Beamte nämlich die Schrotthandelsfirma in den Haßbergen überprüfte, wurden auch die Ablieferbelege und Quittungen durchgesehen.

Immer wieder derselbe Name

Und da tauchte immer wieder der Name des Angeklagten auf. Weil der Abgleich ergab, dass es sich dabei um einen Leistungsempfänger handelte, meldete den Zöllner den Vorgang an das Jobcenter.
Bereits vor geraumer Zeit hatte das Paar einen Rückforderungsbescheid der Arbeitsbehörde erhalten. Dagegen hatten sie keinen Einspruch eingelegt, sondern - obwohl sie sich unschuldig wähnten - schon einige hundert Euro zurückbezahlt. Für juristische Laien schwer nachvollziehbar ist nun die Tatsache, dass mit der Einstellung des strafrechtlichen Verfahrens die Rückzahlung an das Amt nicht erledigt ist. Mit den ersten Rückzahlungen wurde der amtliche Bescheid quasi akzeptiert und ist inzwischen rechtskräftig.
Insofern, informierte der Ankläger im Anschluss an die Verhandlung eine anwesende Schulklasse, ist "der Zug für die beiden wohl abgefahren". Sie sehen das Geld nicht mehr.
Ergänzend empfahl die Strafrichterin, bei bestehenden Zweifeln an der Richtigkeit einen amtlichen Bescheid erst mal anzufechten. Damit verhindert man, dass er rechtskräftig wird. Zurückziehen könne man den Einspruch immer noch.