Forchheim
Verkehr

Blinde übernehmen in Forchheim-Süd das Steuer

Auf dem Forchheimer Ausstellungsgelände durften am Samstag sehbehinderte Menschen in der Praxis erfahren, was es bedeutet, ein Fahrzeug zu lenken. Einige konnten auf Erfahrungen aus der Vergangenheit zurückgreifen.
Höchste Konzentration: Walter Bogensperger lenkt das Auto der Fahrschule Dittrich.
Höchste Konzentration: Walter Bogensperger lenkt das Auto der Fahrschule Dittrich.
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"Beide Hände ans Lenkrad, langsam Fuß von der Kupplung nehmen und vorsichtig Gas geben." Fahrlehrer Josef Metzner gibt der 29-jährigen Anja genaue Anweisungen, ehe sich der schwarze VW Polo langsam in Bewegung setzt. Anja hat weder einen Führerschein, noch ist sie jemals ein Auto gefahren. Was zunächst an eine gewöhnliche Szene aus dem Fahrschulunterricht erinnert, stellt sich auf den zweiten Blick als etwas ganz anderes heraus. Denn Anja ist keine Fahrschülerin - sie ist blind.

Unter dem Motto "Blinde fahren Auto" kamen am Samstag rund 35 sehbehinderte und blinde Menschen auf dem großen Ausstellungsgelände im Forchheimer Süden zusammen, um selbst einmal hinter dem Steuer eines Autos zu sitzen. Neben Spaß und Freude sollte den zum Teil von Geburt an blinden Menschen auch vermittelt werden, wie es sich anfühlt, ein Fahrzeug mit Gas und Bremse zu führen.


Erinnerungen kommen hoch

Einige Teilnehmer, wie etwa Walter Bogensperger, konnten einst sehen und nahmen aktiv am Straßenverkehr teil. Doch seit fünf Jahren ist Bogensperger, dessen Sehkraft aus nur noch 20 Prozent auf einem Auge besteht, schon kein Auto mehr gefahren. Die Veranstaltung hält der 64-jährige aus dem Landkreis Bamberg für eine "richtig gute Sache".

Auch Mandy besaß früher einen Führerschein. Ihr fehlt das Gefühl des Autofahrens sehr: "Das Erlebnis, mal wieder zu fahren, ist aufregend und schön. Ich bin etwas hibbelig, aber Angst hab ich keine."

Die Fahrten wurden von erfahrenen Fahrlehrern begleitet, die diesen Tag durch ihren ehrenamtlichen Einsatz ermöglichten. Neben den beiden Forchheimer Fahrschulen Metzner und Dittrich half auch das Nürnberger Verkehrsbildungsinstitut mit und stellte neben einem Pkw sogar einen Lkw für Probefahrten zu Verfügung.

Ilona Schreml, ehrenamtliche Mitarbeiterin des Bayerischen Blinden- und Sehbehindertenbundes (BBSB), organisierte die Veranstaltung in Zusammenarbeit mit Josef Metzner, der Vorsitzender des Forchheimer Kreisverbandes Bayerischer Fahrlehrer ist. Unterstützt bei der Durchführung wurden sie von Forchheimer Einzelhändlern.


Andere Welten kennengelernt

Nach einigen Stunden und vielen kurvenreichen Runden neigte sich die Veranstaltung gegen Nachmittag dem Ende zu. Nicht nur auf den Gesichtern der Teilnehmer, sondern auch auf denen der Fahrlehrer zeichnete sich ein Lächeln und Zufriedenheit ab. Josef Metzner resümiert: "Heute konnten wir nicht nur den Sehbehinderten unsere Welt zeigen, sondern auch ein Stück weit deren Welt kennenlernen."