Verse über eine Kindheit im Kreis Bamberg

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Ein "Goggl" und "ein guter Ami" spielen in den Kindheitserinnerungen des Autors Helmut Schleicher eine Rolle. Foto: Evi Seeger
Ein "Goggl" und "ein guter Ami" spielen in den Kindheitserinnerungen des Autors Helmut Schleicher eine Rolle.     Foto: Evi Seeger

Helmut Schleicher hat in "Rückspiegel auf Fränkisch" seine Erinnerungen an die Nachkriegszeit aufgeschrieben.

"Genauso war's", wird sich manch einer unter den älteren Zuhörern gedacht haben. Ja, so war es in den 50er Jahren auf dem Land, in Limbach, Pommersfelden oder Steppach.

Helmut Schleicher, der zwar in Bamberg geboren ist und auch heute dort lebt, ist ein Limbacher Urgestein. Seit seinem 50. Geburtstag schreibt er seine Erinnerungen auf, in Mundart und meist in Versform. Jetzt gibt es Schleichers gesammelte Werke als Buch. "Rückspiegel auf Fränkisch" titelt der Band, den der Autor im Pommersfeldener Rathaus vorstellte.

Die Gedichte stimmen nachdenklich, berühren, erheitern mitunter. "Ein heimatkundliches Dokument, das die Nachkriegszeit in unseren Dörfern beschreibt", nannte es Rudolf Schmidt, der Vorsitzende des Heimatvereins Reicher Ebrachgrund, bei der Buchvorstellung. Denn der Heimatverein Reicher Ebrachgrund hat Schleichers Buch herausgegeben. Franz Kachler, Ehrenvorsitzender des Heimatvereins, war der Motor, der Schleicher zu seinem Buch antrieb. "Der Autor reflektiert die Vergangenheit", sagt Kachler. Dass der "Rückspiegel" auf dem Cover leicht angestaubt ist, sei Zeichen für die "erlebten und gefühlten Momente" des Autors und seine Sicht aus der Erinnerung.

Die muss weit zurückreichen, wenn Schleicher, Jahrgang 1941, über den April 1945 schreibt. Denn da sind in die Dörfer im Ebrachgrund "die bösn Ami kumma". Dass die nicht ganz so "bös" waren, spürt Schleicher am Ende. Das hat mit dem liebsten Spielzeug des damals Vierjährigen zu tun: einem "Goggl" (Gockel), den der Bub beim Verlassen des Hauses vergessen hatte. Eine anrührende Geschichte, in der auch viele Namen längst Verstorbener wieder lebendig werden.

Originale und Hausierer

Wie auch in dem Gedicht "Windäzeid" (Winterzeit), in dem Schleicher die vielen Hausierer und Originale zum Leben erweckt, die in der kargen Nachkriegszeit durch die Dörfer zogen. Den singenden Ankäufer für "Hosöbelz" (Hasenpelz) zum Beispiel, aber auch den Scherenschleifer und den Kaffeeröster, den Korbmacher und den Bäck, der Brod, Brödla und Amerikaner verkaufte, wie auch den Gmaadinä, der im Auftrag der Gemeinde die Neuigkeiten beim "Ausschelln" verkündete. Aber auch den "Klaan Hertie", ein bekanntes Original aus Pommersfelden, der die Dörfer mit Wäsche, Kleidung und anderem mehr versorgte.

Herrlich zu hören - und zu verstehen - sind die vom Verfasser selbst vorgetragenen Gedichte. Wenngleich das Lesen - vor allem für Nichtfranken - nicht einfach sein dürfte. Zum Schreiben "verführt" habe ihn sein einstiger Lehrer, der unvergessene "Rektor Beck", verriet Helmut Schleicher bei der Lesung. Beck habe anlässlich seines 50. Geburtstags eine "herrliche Laudatio in Mundart" gehalten. Danach habe er selbst Lust auf Mundart bekommen.

Sein Erstlingswerk konnte Helmut Schleicher im Sitzungssaal des Pommersfeldener Rathauses einer großen Zahl von Zuhörern vorstellen. Der Hausherr, Bürgermeister Hans Beck (WBS), brachte die Erinnerungen mit den geschichtlichen Jubiläen dieser Tage in Verbindung. Die Nichten des Autors, Corinna und Sabrina Schleicher, umrahmten die Vorstellung mit Gitarrenspiel und Gesang.

Das Buch, neunter Band der "Materialien aus dem Reichen Ebrachgrund", ist beim Heimatverein Reicher Ebrachgrund und bei der Gemeinde Pommersfelden zum Preis von 22 Euro erhältlich.