Honig, Gewürze und Mehl: Das sind die Grundstoffe für Lebkuchen, Schmätzchen und das diesjährige Weihnachtsmärchen im Coburger Landestheater. Es heißt "Der Lebkuchenmann".
Es gibt in Coburg natürlich nur einen Lebkuchenmann. Der heißt Peter Feyler und ist der Chef der gleichnamigen Lebkuchenmanufaktur. Doch nun bekommt er Konkurrenz: "Lebkuchenmann" ist in diesem Jahr das Weihnachtsmärchen des Landestheaters betitelt. Doch davor ist dem Konditormeister, dessen Familienunternehmen in diesem Jahr 120. Geburtstag feiern konnte, nun mal gar nicht bange. Vor allem, weil der Lebkuchenmann im Theater eigentlich gar keiner ist. Auf Englisch heißt er "Gingerbread Man". Wörtlich übersetzt wäre das ein Ingerwerbrotmann. Sowas kennt hier keiner. Die Deutschen machten deshalb "Pfefferkuchenmann" daraus.
Über den Pfefferkuchenmann gibt es eine klassische Geschichte, die im anglo-amerikanischen Raum so bekannt sein dürfte wie bei uns das Märchen Hänsel und Gretel. "Renn so schnell du kannst!", ruft der frischgebackene Pfefferkuchenmann allen zu. "Du kannst mich nicht fangen, ich bin der Pfefferkuchenmann!" So läuft er allen davon, bis er an einen Fluss kommt, wo er einen Fuchs trifft. Der bietet dem Pfefferkuchenmann an, ihn hinüberzubringen. Der steigt erst auf den Schwanz des Fuchses, dann auf dessen Rücken und schließlich auf den Kopf, weil das Wasser immer tiefer wird. Am Ende hat der Fuchs den leichtsinnigen Pfefferkuchenmann in der Schnauze und frisst ihn auf.
So eine Geschichte wäre freilich ein trauriges Weihnachtsmärchen. Wohl auch deshalb heißt das Musical "Gingerbread Man" von David Wood auf Deutsch "Der Lebkuchenmann". Darin geht es um die Küchenbewohner, die nachts zum Leben erwachen und ihrem Freund, dem Kuckuck in der Uhr, helfen wollen, dass er seine Stimme wieder gewinnt. Eine hübsche Geschichte um den Wert der Freundschaft und den Wert eines jeden Einzelnen in einer Gemeinschaft.
Zumindest haben Ingwerbrot, Pfefferkuchen, Lebkuchen, Printen und wie diese würzigen Gebäcke alle heißen, die gleichen Wurzeln, sagt Peter Feyler. Der "Pfefferkuchen" als solcher habe seinen Namen daher, dass er Gewürze enthält. Die waren im Mittelalter selten und teuer, und letztlich firmierten sie alle als "Pfeffer".
Ursprung in Klöstern "Der klassische Pfefferkuchen ist ein brauner Lebkuchen, den man auch als Spruchherz kennt", erläutert Feyler. Meist wurde aus dem festen Teig Gebildgebäck, das in Formen gestrichen wurde. Doch mit solchem Gebäck gibt sich seine Lebküchnerei nur in Ausnahmefällen ab. Feyler backt klassische Oblatenlebkuchen, die ihren Ursprung im süddeutschen Raum haben. Wie sie entstanden, ist unklar. "Es wird vermutet, dass irgendwann irgendjemand die Lebkuchenmasse etwas weicher gemacht und auf eine Oblate gestrichen hat." Die ersten Lebkuchenbäcker dürften in Klöstern zu finden gewesen sein, sagt Feyler. Dort wurden die Oblaten gebacken, dort gab es Apotheken, die die Gewürze verarbeiteten, und dort wurden die Rezepte gesammelt - auf Latein.
Später, als sich die Handwerksberufe herausbildeten, gab es auch Lebküchner als eigene Zunft. "Wir sind die letzten", sagt Feyler - zumindest in Coburg. "Früher gab's noch Dorn und Pensel." An die Lebküchnerei Dorn erinnert noch ein Schriftzug an einer Hauswand am Bürglaß. Vor 120 Jahren gründete der Urgroßvater von Peter Feyler sein Unternehmen. Der Urenkel sitzt in dem gleichen Zimmer, das schon seinen Vorfahren als Büro diente. Und er backt nach den gleichen Rezepten. Die Spezialität der Feylers sind aber nicht allein ihre Lebkuchen, sondern vor allem ihre Schmätzchen.
Auch die haben Honig im Teig. Das Besondere daran: Basis ist ein Lagerteig aus Honig und Mehl, der erst einige Zeit reifen muss, bevor er weiterverarbeitet wird. Diese Reifezeit bringt dem Teig feine Aromen und milde Säuren, die wiederum notwendig sind, damit der Teig beim Backen aufgeht. "Der Lagerteig bietet mehr Geschmacksintensität", sagt Feyler. Aber ihn zu verarbeiten sei aufwendig. "Das ist ein fester Block, den müssen wir anwärmen und zerteilen." Für einen Lebkuchenmann würde sich der fertige Schmätzleteig aber nur bedingt eignen. "Er würde breit laufen. Das sieht dann aus, als ob der Lebkuchenmann übergewichtig wäre." Aber das Rezept für den Schmätzleteig rückt der echte Coburger Lebkuchenmann ohnehin nicht heraus.
Dafür steht der Spielplan fürs Weihnachtsmärchen
online.
Wer die ursprüngliche Geschichte vom Pfefferkuchenmann nachlesen möchte, findet sie
hier, zusammen mit Fotos und Rezepten.