So wollen Gast-Regisseurin France-Elena Damian und Coburgs Schauspieldramaturg Georg Mellert in einer Quizshow Bürger und Politiker der Vestestadt auf die Bühne bringen.
Coburg — Für die einen ist es ein Schimpfwort, für die anderen ein verkapptes Lob: Residenzler. Für Gast-Regisseurin France-Elena Damian und Schauspieldramaturg Georg Mellert dagegen ist es einfach der passende Titel für eine ungewöhnliche Quizshow. "Residenzler" lautet am Freitag das Motto bei der Premiere in der Reithalle.
Urbane Quizshow: Was darf sich das Publikum darunter vorstellen?France-Elena Damian (D): Es geht um das urbane Leben und um eine Mischung aus Quizshow, Spielshow und Vermählungsshow.
Wie funktioniert der Ablauf?D: Es gibt eine Fragerunde, eine Spielrunde, und es gibt einen Überraschungsgast - jeweils einen Gast pro Abend. In unserer Quizshow tritt jeweils ein Politiker gegen einen Bürgerkandidaten an - jeden Abend sind das unterschiedliche Leute.
An jedem Abend ein Politiker aus einer anderen Fraktion gegen einen anderen Bürgerkandidaten.
Haben Sie da auf den politischen Proporz geachtet?Georg Mellert (M): Ja, natürlich.
D: Wir haben so eine Mischung aus Politikern, die in der ersten Reihe stehen, und Politikern, die vielleicht nicht ganz so bekannt sind.
Nach welchen Regeln läuft diese Quizshow ab?D: Es gibt ein Punktesystem. Und es gibt Fragen zur Stadtgeschichte, die die Kandidaten beantworten müssen. Außerdem geht es darum, dass es in der Coburger Geschichte einen Herzog gab, Franz Friedrich Anton, der eine sehr geschickte Heiratspolitik in die Wege geleitet hat.
M: Ein bisschen augenzwinkernd Hochzeit also als politisches Verfahren, als politische Maßnahme.
D: Deshalb werden wir bei der Show auch darauf achten: Harmonieren die beiden Kandidaten miteinander, wären sie die richtigen, um Coburg in eine glorreiche Zukunft zu führen.
M: Letztlich geht es natürlich auch darum, durch diese Quizfragen etwas über Coburg zu erzählen. Deshalb geht es nicht so sehr darum: Wer weiß mehr? Wir wollen vielmehr gemeinsam etwas über die Stadt erfahren, was wir vielleicht noch nicht wussten.
Jeder Abend wird also anders?D: Ja, es gibt im Grunde sechs Premieren. An sechs Abenden sind andere Kandidaten da, eine andere Band. Natürlich haben wir auch andere Fragen und andere Spiele. Das ist auch die große Herausforderung, vor der wir bei den Proben standen.
Wir machen im Grunde sechs verschiedene Abende, auch wenn die Struktur immer die gleiche ist.
Gab's einen Moment, wo Sie dachten: Das klappt doch nicht?D: Es ist natürlich ein großer organisatorischer Aufwand, den wir da betreiben und man kommt schon ab und zu mal an Grenzen. Denn das eine ist das Organisatorische, das andere ist, die Show zu konzipieren und auch den Schauspielern eine Sicherheit zu geben und fit zu machen für diese Show, damit sie wissen, mit wem sie es zu tun haben.
Wie sieht diese Struktur aus?D: Es gibt eine Figurenkonstellation von zwei Moderatoren und einer Figur, die wir Brain genannt haben. Nils Liebscher wird unser Brain sein, Sebastian Pass und Anna Staab führen durch den Abend als Johann und Johanna.
Hat sich Ihr Bild von der Stadt verändert?M: Mich hat die Stadt immer wieder überrascht. Das Bild hat sich nicht unbedingt substanziell verändert, aber es hat sich angereichert, ist bunter geworden. Ich habe zum Beispiel zum ersten Mal in meinem Leben eine Stadtratssitzung besucht. Ich habe noch besser kapiert, wie eine solche Stadt funktioniert. Was in jedem Fall bemerkenswert ist, ist die Erfahrung, wie sehr die Menschen diese Stadt lieben und schätzen.
D: Mich hat fasziniert, wie offen die Leute waren, mit denen wir gesprochen haben, wir haben zum Beispiel auch Menschen auf dem Marktplatz interviewt. Die Leute erzählen sehr gerne.
Aber nur, wenn sie gefragt werden?D: Nur, wenn sie gefragt werden.
Aber ich habe auch schon mal zwei Jahre in Magdeburg gelebt und habe dort ein komplett anderes Gefühl von dieser Stadt gehabt als hier. In Coburg ist es sehr lebendig, die Leute machen einfach mit.
In der vergangenen Spielzeit "Monster", in dieser Saison "Residenzler" - was reizt Sie an dem Format Stückentwicklung?D: Ich finde es spannend, wenn man sich einem Thema relativ frei widmen kann.
M: Man kann sich vorurteilsfrei in ein Thema hineinwerfen. Für mich ist das eine Art Forschung.
Gab es negative Reaktionen auf den Begriff Residenzler?M: Eigentlich nicht.
Für uns ist der Residenzler ein ziemlich buntes Tier, das gar nicht so einfach zu kategorisieren ist.
Wie sieht das Bühnenbild aus?M: Ein Bühnenbild, in dem alle glücklich sein können. Die Idee war im Grunde, vom Thema Hochzeit auszugehen, ein flüchtiges Fest zu zeigen, mit einer Kapelle, mit der Sonne, die scheint, ...
D: mit Luftballons, ...
M:...und mit Regenbogen
Selbst Coburger, die ihre Stadt gut kennen, werden noch etwas Neues erfahren?M: Ich hoffe doch.
Es gibt wohl niemanden, der alles über eine Stadt weiß.
Sie bringen "Die Residenzler" auf die Bühne der Coburger Reithalle Premieren-Tipp "Die Residenzler" - Stückentwicklung von France-Elena Damian und Georg Mellert, Freitag, 5. April, 20 Uhr, Theater in der Reithalle
Termine 7., 9., 18., 19., 21. April, 20 Uhr (jeweils Theater in der Reithalle)
Produktionsteam Regie: France-Elena Damian; Bühnenbild: Achim Naumann d'Alnoncourt; Kostüme: Sasha Matteucci; Dramaturgie: Georg Mellert
Darsteller Anna Staab, Sebastian Pass, Nils Liebscher, Coburger Bürger
Beteiligte Politiker Norbert Kastner (5. April), Angela Platsch (7. April), Adelheid Frankenberg (9. April), Max Beyersdorf (18.
April), Hans-Heinrich Ulmann (19. April), Ulrich Herbert (21. April)
France-Elena Damian ging bereits mit zehn Jahren auf ein Ballettinternat in Bukarest. Nachdem sie mit ihren Eltern aus dem damals noch kommunistischen Land floh, fand sie sich in Stuttgart wieder, wo sie ihre Ballettausbildung an der John-Cranko-Schule fortsetzte. Doch der Weg führte sie vor die Bühne: An der Berliner Hochschule für Schauspielkunst "Ernst Busch" studierte sie Schauspielregie. Nach zwei Jahren als Regieassistentin am Theater Magdeburg ist sie seit Herbst 2011 als freie Regisseurin tätig. Gemeinsam mit Georg Mellert betreute sie 2012 die Stückentwicklung "Monster".