Watschn für Dressel trifft die SPD in Coburg-Kronach

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Debakel. Anders kann man es nicht nennen. Und es ist nicht nur ein Debakel für Carl-Christian Dressel.

Dass der promovierte Jurist aus Coburg keine Chance mehr auf einen aussichtsreichen Listenplatz bei der Bundestagswahl hat, mag auch mit seiner Persönlichkeit zu tun haben. Viele seiner Genossen können ihn schlicht nicht leiden, der Spruch vom Feind, Todfeind, Parteifreund gilt auch in der SPD.

Drei Gegenkandidaten sind schon bei der Nominierung des Direktkandidaten gegen ihn angetreten, darunter der in Coburg sehr geachtete und beliebte Norbert Tessmer. Er wäre der Gegenkandidat gewesen, den Hans Michelbach (CSU) am meisten gefürchtet hätte, denn Tessmer genießt Anerkennung über Parteigrenzen hinweg. Aber Tessmer machte einen Rückzieher, als es bei der Kandidatenkür in den zweiten Wahlgang ging. Dressel gewann damals knapp, mit 63 zu 57 Stimmen gegen den DGB-Funktionär Mathias Eckardt. Wenn dieses knappe Ergebnis Dressel auch nur eine Sekunde zum Nachdenken gebracht hat, dann zumindest nicht öffentlich.

Schon damals kolportierten Dresselgegner (natürlich nur hinter vorgehaltener Hand), dass der Coburger keine Unterstützung im Bezirk und auf Landesebene haben würde. Der "erste Männerplatz" in Oberfranken werde keinesfalls an Dressel gehen. Ob diese Rauner und Unkenrufer selbst dazu beigetragen haben? Die Frage kann man sich stellen. Die Genossen im Bezirk Oberfranken werden es jedenfalls mitbekommen haben, dass die Coburger mit Carl-Christian Dressel ein Problem zu haben scheinen, auch wenn keiner offen ausspricht, worin es besteht.
Aber warum sollen die übrigen Oberfranken einen Coburger Kandidaten nach vorne stellen, wenn der nicht mal im eigenen Kreisverband über hundertprozentigen Rückhalt verfügt?

Deshalb ist diese Reihung nicht nur ein Debakel für Carl-Christian Dressel, sondern für den gesamten Unterbezirk der SPD. Denn hier fuhr die SPD noch ihre höchsten Stimmenergebnisse ein. Das wurde schon am Samstagabend auf Facebook genüsslich vorgerechnet: 23 Prozent der Zweitstimmen für die SPD bei der Bundestagswahl 2009, bei einem Landesergebnis von 16,7 Prozent, das gab es weder in Bamberg noch in Kulmbach. Die SPD stellt im Wahlkreis Coburg-Kronach die beiden Landräte, zwei Oberbürgermeister, etliche Bürgermeister, starke Gemeinderatsfraktionen. Aber auf bundespolitischer Ebene ist sie nicht vertreten.

Dressel bleibt angesichts dessen nur eine Chance: Er muss das Direktmandat holen. Das wäre zwar gegen alle Wahrscheinlichkeit, aber unmöglich ist es nicht. Und die SPD in der Region müsste reinen Tisch mit ihm machen und sich hinter ihn stellen. Denn es gilt das gleiche wie innerhalb der Partei: Warum sollten die Wähler in Coburg-Kronach für Dressel stimmen, wenn ihn knapp die Hälfte seiner Genossen nicht will?