Wie schaut es um das Radwegeangebot im flachen Land aus? Bad Rodachs Bürgermeister, Tobias Ehrlicher (SPD), hat da seine Erfahrungen gemacht.
Klingt doch gut: Den Anteil des Radverkehrs von 10,5 Prozent auf 20 Prozent innerhalb von acht Jahren steigern. Dieses Ziel des Freistaates Bayern findet auch Zustimmung des Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Clubs (ADFC). Am Wochenende veranstaltet der Verband seine Landesdelegiertenversammlung in der Gerold-Strobel-Halle. "20 Prozent klingen freilich gut", sagt auch Bad Rodachs Bürgermeister, Tobias Ehrlicher (SPD). "Aber alleine", das betont das Oberhaupt der Gastgeberstadt auch, "können wir Kommunen das nicht schaffen". Da trifft es sich ja gut, dass sogar der bayerische Innenminister, Joachim Herrmann (CSU), am morgigen Samstag nach
Bad Rodach kommen will.
Natürlich hat der Fahrradverkehr für Bad Rodach eine spezielle Bedeutung. Für eine Stadt, bei der Tourismus eine wichtige Rolle spielt, "sind Radfahrer ein großes Thema", sagt der Bürgermeister und blickt vom Thermalbad aus die Straße entlang. Dort liegt nur ein paar Steinwürfe unterhalb der Therme der neue Wohnmobilstellplatz. Fast alle Gäste, die dort ankommen, haben Fahrräder mit dabei. Und wenn nicht, wollen sie sich gerne welche leihen. "Da braucht man eine Infrastruktur", erklärt Ehrlicher. Und die ist nach Einschätzung des Bürgermeisters in Bad Rodach absolut konkurrenzfähig. Günstige Leihräder und Karten gibt es an der Therme, wobei die Stadt davon profitiert, dass für das Coburger Land und das Rodachtal das Programm "Fahrrad und Fitness" entwickelt wurde.
Die 2205 ist ein Sorgenkind
Unzufriedener wird der Bürgermeister da schon, wenn es um die Hardware für Fahrradfahrer geht. Ehrlichers Sorgenkind ist die - ja, auch in dieser Hinsicht - die Staatsstraße 2205. Rund um die Ost-West-Achse von Coburg nach Bad Rodach gibt es zwar ausgewiesene Radwege, aber auch Lücken: Abschnitte, die noch geschottert sind und damit von Rennradfahrern praktisch nicht genutzt werden können. Den Idealfall sieht Ehrlicher jeden Tag: Die Straße von Bad Rodach nach Adelshausen, die mit einem "Top-Radweg" (O-Ton Ehrlicher) glänzt. Der Bürgermeister dazu: "So etwas würde ich mir zwischen Coburg und Bad Rodach auch wünschen."
Wobei Tobias Ehrlicher gar nicht mal scharf darauf ist, einen Radweg direkt auf gerader Linie neben der Staatsstraße zu bekommen. Ein Ausbau der Flurwege würde ihm schon genügen, denn "dem Fahrradfahrer wird es egal sein, ob es 18 oder 21 Kilometer bis nach Bad Rodach sind". Wären die Lücken geschlossen, würde es mehr Radler von Coburg nach Bad Rodach geben - das steht für Ehrlicher außer Zweifel.
Dass Bad Rodach in diesem Bereich aber auch noch Hausaufgaben zu erledigen hat, weiß der Bürgermeister natürlich auch. Zwischen Breitenau und Gauerstadt gibt es noch gut 500 Meter ungeschotterten Radweg. Da trifft es sich gut, dass die Stadt als Mitglied der Initiative Rodachtal auf ein Förderprogramm zum Ausbau des landwirtschaftlichen Kernwegenetzes zugreifen kann. Dieses ist eine wichtige Hilfe, erklärt Tobias Ehrlicher: "Wir Kommunen wissen kaum mehr, wie wir den Unterhalt unserer Flurwege bewältigen sollen." Deshalb sei der Freistaat Bayern gefordert, seine Kommunen mit einem zusätzlichen Förderprogramm zu unterstützen. Wobei der Bad Rodacher Bürgermeister kein Problem darin sieht, wenn Flurwege von Radfahrern und landwirtschaftlichen Fahrzeugen gemeinsam befahren werden. Eine Doppelnutzung, sagt der Bürgermeister, sollte im ländlichen Raum schon machbar sein. Alleine deshalb, weil man in Bayern schon darauf aufpassen müsse, den Landverbrauch in Grenzen zu halten.
Kein Bedarf für einen Highway
Eher amüsiert nimmt Ehrlicher dagegen den Wunsch der Radler-Lobby nach Fahrrad-Autobahnen zur Kenntnis: "Ich glaube, dass so etwas im ländlichen Raum derzeit kein großes Thema ist."
Die ADFC-Landesdelegiertenversammlung in Bad Rodach
Programm: Unter dem Motto "Umsetzung des Radverkehrsprogramm Bayern 2025" findet am morgigen Samstag um 11 Uhr in der Gerold-Strobel-Haller die Landesversammlung des Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Clubs (ADFC) statt. Erwartet werden rund 90 Delegierte aus ganz Bayern.
Gastredner: Joachim Herrmann (CSU) - Staatsminister des Innern, für Bau und Verkehr - wird den Delegierten in Bad Rodach das gerade veröffentlichte und lang erwartete Radverkehrsprogramm Bayern 2025 vorstellen.
Für seine Arbeit in den kommenden Jahren hat der ADFC einige Schwerpunkte schon gesetzt:
Unfälle: Ziel ist eine deutliche Senkung der Unfallzahlen mit Fahrrädern durch wirksamere Maßnahmen zur Verbesserung der Sicherheit, insbesondere für ältere Radler.
Zuschüsse: Der ADFC fordert attraktive Förderprogramme für Kommunen zum Ausbau des Radverkehrs.
Anschlüsse: Nötig ist nach Ansicht des ADFC der Aus- und Umbau der Abstellanlagen für Räder, vor allem an Bahnhöfen.
Highways: Der Freistaat Bayern soll Radschnellwege als Landesradwege in das Bayerische Straßen- und Wegegesetz mit aufnehmen.
Image: Der ADFC wünscht sich mehr bayernweite Radlkampagnen, die zum Radfahren im Alltag motivieren.
Forderung: Um all dies zu schaffen, braucht es laut ADFC mehr Geld im Landeshaushalt und mehr politischen Willen in den Kommunen.