Was ist, wenn der Welsberger Wind arg wackelt?

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Stehen die vier Windräder im "Bürgerwald" an ungeeigneter Stelle. Ein Mann aus München meint: Ja. Deshalb klagt er vor dem Verwaltungsgericht gegen die Baugenehmigung. Foto: Berthold Köhler
Stehen die vier Windräder im "Bürgerwald" an ungeeigneter Stelle. Ein Mann aus München meint: Ja. Deshalb klagt er vor dem Verwaltungsgericht gegen die Baugenehmigung. Foto: Berthold Köhler

Ein Mann, der unweit des Windparks "Bürgerwald" auf die Jagd geht, klagt vor Gericht: Er hat Bedenken, dass einige der Anlagen nicht sicher stehen.

Sind zumindest einige der vier Windräder des Windparks "Bürgerwald" ein Sicherheitsrisiko, weil sie bei starken Turbulenzen nicht mehr standsicher sind und umfallen können? Wenn es nach einem Rechtsanwalt aus München (der Grundstückseigentümer und Jäger im Wald zwischen Seßlach und Welsberg ist) geht: Ja! Deshalb hat sich das Bayreuther Verwaltungsgericht gestern mit der Klage des Mannes gegen die Genehmigung zum Bau der Windkraftanlagen befasst. Eine Entscheidung des Gerichts steht noch aus, vielleicht geht der Rechtsstreit sogar noch in die Verlängerung. Bis in den Abend hinein beriet sich gestern die Zweite Kammer des Verwaltungsgerichtes. Was dabei herausgekommen ist, wird frühestens im Laufe des Freitags bekanntgegeben.
Zentraler Kritikpunkt des Klägers waren mehrere Gutachten, die bei der Genehmigung zum Bau der Anlagen durch das Landratsamt eine wichtige Rolle spielten. Dabei ging es um die Standsicherheit der Windräder - insbesondere in Bezug auf Turbulenzen, die durch die Hanglage des Windparks entstehen können. Ein erstes Gutachten kam dabei offensichtlich wirklich zur Erkenntnis, dass drei von vier Anlagen an "ungeeigneten" Stellen stehen. Demzufolge hätte der Windpark nur mit Betriebseinschränkungen (wie Abschaltungen bei starken Turbulenzen) betrieben werden dürfen. Ein tiefergehendes Gutachten von 2016 kam aber dann doch zur Einschätzung, dass die Windkräfte keine Gefahr für die vier Anlagen darstellen dürften.
Eben jenes Gutachten nahm der Kläger ins Visier - insbesondere deshalb, weil bei einem der inzwischen stehenden Windräder der Mindestabstand zum Waldgrundstück des Mannes unterschritten wurde. Die mögliche Folge schilderte der Kläger drastisch: "Wenn das Ding umfällt, liegt es zu zwei Dritteln auf meinem Grundstück." Für Rechtsanwalt Christian Wenzel als Vertreter von Green City Energy (dem Bauherrn der vier Windräder) war die "Umfall-Theorie" schon sehr weit hergeholt. Er verwies auf die technische Steuerung der Windkraftanlagen, die bei einer Unwucht im Betrieb sofort abschalte.
Dem Kläger wiederum waren diese Versicherungen nicht genug. Er zweifelte in zahlreichen Punkten die Qualität des Gutachtens massiv an, was dazu führte, dass auch Christian Wenzel als Klagegegner "kein Problem" damit signalisierte, wenn der Gutachter seine Sicht der Dinge persönlich vor dem Verwaltungsgericht schildern würde. Ob dies der Fall sein (und damit der Rechtsstreit mit einer zweiten mündlichen Verhandlung fortgesetzt) wird, war Teil der Beratung des Gerichts.


Nicht mehr als eine halbe Stunde

Die bei der dreieinhalbstündigen Verhandlung ausführlich ausdiskutieren Bedenken des passionierten Jägers waren aber nicht die einzigen Klagen gegen den Windpark, die gestern das Verwaltungsgericht beschäftigten. Zwei weitere Kläger wandten sich ebenfalls gegen die Baugenehmigung. Zentrales Thema dabei: die Verletzung der Rechte Dritter. Wie Rechtanwalt Veit Schell berichtete, leide einer seiner Kläger sehr durch die Lichteffekte, die von der nächtlichen Warnbeleuchtung der Anlagen hervorgerufen werden. Sein Kläger sei seit dem Bau der Windräder jede Nacht gezwungen, "die Schotten dicht" zu machen. Zudem kritisierte der Rechtsanwalt, dass auch den Gutachten zur Baugenehmigung nicht schlüssig hervorgehe, mit welcher Lärmbelastung die Welsberger zu rechnen hätten.
Weiterer Punkt: Die Licht-Schatten-Effekte durch die Rotoren. Klar dabei ist: Laut gesetzlicher Vorschriften dürfen benachbarte Grundstücke maximal 30 Minuten am Tag oder insgesamt 30 Stunden im Jahr dem "Flattereffekt" ausgesetzt sein. Ob dieser Wert bei den Grundstücken der Kläger eingehalten werden kann, darüber gingen die Meinungen gestern auseinander. Die Vertreter von Green City Energy versicherten, dass eine Anlage (die Nummer IV) mit einer Abschaltautomatik ausgestattet ist. Mit dieser könne man garantieren, dass die Grenzwerte sicher unterschritten werden. Fest steht aber auch: Die Bauherren wurden vom Landratsamt dazu verpflichtet, den Schattenwurf der Rotoren auf die Gebäude der Kläger zu dokumentieren und den Behörden bei Bedarf jeweils einen Monat nach Jahresende vorzulegen.


Was bisher so los war

Juli 2014: "Green City Energy", Partner der Gemeinde Itzgrund, reicht einen Antrag zum Bau von vier Windkraftanlagen mit einer Gesamthöhe von jeweils 199 Metern im "Bürgerwald" beim Gemeinderat ein.

September 2015: "Green City Energy" will eine Anlage um nicht einmal 20 Meter verschieben. Die Folge: Ein Bebauungsplanverfahren ist notwendig, der Gemeinderat beschließt dessen Durchführung. Strittig ist, ob und wie weit die Windräder über die Grenzen des Vorranggebietes hinaus ragen.
Oktober 2015: Das Verwaltungsgericht lehnt eine Klage gegen den immissionsrechtlichen Vorbescheid ab.

April 2016: Der Gemeinderat beschließt bei drei Gegenstimmen den Bebauungsplan für den Windpark.

Juli 2016: Weil eine Privatperson die sofortige Vollziehbarkeit der Baugenehmigung beklagt hat, wird der Weiterbau einer Anlage ausgesetzt.

Oktober 2016: Die Fundamente stehen, jetzt beginnt der Bau der technischen Anlagen.