Tosender Beifall für Hans Stähli im Coburger Landestheater
Autor: Jochen Berger
Coburg, Mittwoch, 02. Januar 2013
So wurde das umjubelte Konzert zum neuen Jahr im Coburger Landestheater vor zahlreichen Zuhörern zum bewegenden Abschied auf offener Bühne.
An besonderen Abenden wird das Theater scheinbar ganz ohne Regisseur zum Spiegelbild des Lebens. Dann begegnen sich Anfang und Ende im Klang schwungvoller Melodien. Dann wird der Aufbruch zum Abschied, der Abschied aber auch wieder zum Aufbruch in einen neuen Lebensabschnitt - wie das Konzert zum neuen Jahr im Landestheater.
Neben Generalmusikdirektor Roland Kluttig steht an diesem Abend Coburgs langjähriger Erster und koordinierter Erster Kapellmeister Hans Stähli zum letzten Mal am Pult des Philharmonischen Orchester. Und Stähli ist gleich in doppelter Funk tion zu erleben - als Dirigent und als Arrangeur.
Zum Auftakt Manuel de Falla
Der Anfang freilich gehört den beiden Ballett-Suiten aus Ma nuel de Fallas "Der Dreispitz". Hier erweist sich Roland Kluttig als Dirigent mit feinem Gespür für den Farbenreichtum dieser effektvoll gearbeiteten Partitur.
Gelungene Reisen locken immer wieder mit Entdeckungen. Klangreisen wie dieses Konzert zum neuen Jahr auch. Denn eine Entdeckung für die Zuhörer ist die Begegnung mit Joseph Canteloube - die Begegnung mit einem französischen Komponisten, der hierzulande doch sehr im Schatten von Claude Debussy und Maurice Ravel steht.
Lieder der Auvergne
Mit beinahe manischem Eifer hat Canteloube fast sein gesamtes Komponistenleben lang Lieder seiner Heimat gesammelt - Lieder der Auvergne. So heißt denn auch sein bekanntestes Werk passend "Chants d'Auvergne", eine Sammlung, aus der Marie Smolka eine Auswahl interpretierte. Ihr schlanker, silbrig heller und sehr beweglich geführter Sopran wird zum perfekten Instrument für diese melodisch bemerkenswert reizvollen, raffiniert instrumentierten Gesänge.
Roland Kluttig im ersten und Hans Stähli im zweiten Teil des Abends schenken ihr dazu mit dem delikat musizierenden Philharmonischen Orchester die klanglich fein differenzierte Begleitung.
Ein ganzes Musikerleben passt natürlich eigentlich nicht hinein in einen bunt gemischten Konzertabend. Aber immerhin reicht der von ihm konzipierte und dirigierte zweite Teil dieses "Konzerts zum neuen Jahr", um hörbar werden zu lassen, was Hans Stähli immer ausgezeichnet hat, seit er vor 35 Jahren seine Theaterkarriere als Solorepetitor am Landestheater begann.
Als Künstler war Hans Stähli nie ein Mann der lauten Töne. Wie sich sein hintersinniger Humor Schweizer Provenienz musikalisch artikuliert, erlebt das Publikum in Stählis Orchesterfassung eines Klavierwerks von Gioachino Rossini. Mit scheinbar müheloser Instrumenta tionskunst lockt der Bearbeiter Stähli den bildlich anschaulichen Humor Rossinis aus dessen Stück "Un petit train de plaisir" (Ein kleiner vergnüglicher Zug) hervor. Sein Faible für die Musik der Familie Strauß hat Stähli lange Jahre als Leiter des erfolgreichen Kammerorchesters "Die flotten Geister" demonstriert. An diesem Abend bleibt Stähli in Sachen Strauß beim Thema Eisenbahn mit der flott dirigierten Polka "Bahn frei" von Eduard Strauß.
Raffinierte Bearbeitung
Wer zu einer musikalischen Eisenbahnfahrt einlädt, kommt an Arthur Honeggers "Pacific 231" einfach nicht vorbei. Hans Stähli und das Philharmonische Orchester bedienen die klangliche Oberfläche virtuos und lassen die Musik fauchen und schnaufen, verwandeln die Partitur in das Klangbild einer Lokomotive, die immer wuchtiger, immer schneller in Fahrt gerät. Dennoch bleiben die Interpreten an dieser Oberfläche nicht hängen. Sie demonstrieren vielmehr, dass dieses Stück Programmmusik zugleich eine brillante Orchesteretüde ist.
Südamerikanische Rhythmen
Dass sich Schweizer Humor und die Begeisterung für Jazz-Harmonien und südamerikanische Rhythmen und Melodien ganz selbstverständlich verbinden lassen, beweist Stähli dann zum Abschluss mit seiner raffinierten Version von Duke Ellingtons "Caravan" und seiner Adaption von Nicanor Molinares "Chiu, Chiu", beide vom schwungvoll inspiriert musizierenden Orchester mitreißend dargeboten.
Der begeistert ausdauernde Beifall für Hans Stähli mündet in stehende Ovationen der zahlreichen Zuhörer und wird schließlich noch mit einer Zugabe belohnt: Stählis Orchesterfassung von "La Cucaracha".