"Tag der Keramik" bietet faszinierende Einblicke
Autor: Jochen Berger
Rödental, Sonntag, 23. Juni 2013
So bietet der "Tag der Keramik" Einblick in die künstlerische Arbeit von Sigrun Wassermann und Klaus Dorrmann.
Keramiker müssen geduldige Menschen sein. Vor allem dann, wenn sie in jener Technik arbeiten, die Sigrun Wassermann bevorzugt. Ihre Spezialität: Gefäße, die wie gestrickt aussehen. Stück für Stück baut sie ihre Vasen aus Drehton auf. Diese etwa 20 Zentimeter langen, gut einen Zentimeter dicken Tonwürste legt sie Reihe auf Reihe übereinander. Mit der linken Hand hält sie die langsam wachsende Tonwand von innen fest, von außen klopft sie Stück für Stück mit einem seltsam geformten Holzlöffel dagegen. "Im Grunde ist das ein Flaschenknecht", erklärt die Keramikerin. Damit verleiht sie den Schichten aus Drehton fast das Aussehen von Flechtwerk.
Spezial-Rezeptur entwickelt
Nur rund 15, vielleicht 20 Zentimeter pro Tag sind mit dieser Methode zu schaffen - keine Technik also für eilige Naturen. "Mich entspannt das total", sagt Sigrun Wassermann beim "Tag der Keramik" im Glasmuseum in der Rosenau am Sonntag. "Ich finde es schön, dass die Form langsam wächst", erklärt sie. Früher hat sie auf der Drehscheibe gearbeitet, fand das irgendwann aber langweilig, weil diese Art der Herstellung eigentlich nur symmetrische Formen zulässt. Mit der - historisch gesehen - älteren Technik des Aufbauens lassen sich jedoch problemlos viele asymmetrische Formen gestalten.
Rund zwei bis drei Wochen dauert es, bis auf diese Weise eine großformatige Vase gestaltet ist. Ist der Rohling fertig, muss er auftrocknen. Rund zwei Wochen nimmt das in Anspruch. Erst dann ist er reif für den ersten Brand - den rund zehn Stunden dauernden Schrüh-Brand bei relativ niedrigen Temperaturen von 960 Grad. "Dann nimmt der Scherben nämlich noch Wasser auf", erklärt die Künstlerin. Erst danach kommt die Glasur aus Porzellan Engobe drüber, die dem Objekt schließlich einen matten Glanz verleiht. Der dafür nötige zweite Brand bei rund 1300 Grad Celsius dauert nochmals rund zehn, elf Stunden.
Noch länger im Ofen müssen die Vasen von Klaus Dorrmann gebrannt werden: rund 16 bis 17 Stunden bei 1340 Grad. "Reduzierend gebrannt" werden seine Arbeiten - unter Entzug von Sauerstoff. Bei seinen Objekten setzt Dorrmann auf die ungewöhnliche Verbindung von Steinzeug und Porzellan. Eigentlich vertragen sich diese beiden Materialen gar nicht.
Betriebsgeheimnis?
Deshalb hat Dorrmann, der seit 2000 gemeinsam mit Sigrun Wassermann eine galerieartige Werkstatt in der Alten Schule in Wohlbach betreibt, die Rezepturen ein wenig angepasst. Ist diese Rezeptur ein sorgsam gehütetes Betriebsgeheimnis?
"Ich würd's nicht ins Internet stellen", sagt Dorrmann, aber einem Kollegen, der Interesse hat, würde er schon Auskunft geben. Dabei hilft dieses Rezept allein noch gar nicht weiter. Entscheidend ist der Brand. Zum "Tag der Keramik" zeigt Dorrmann, wie er seine großformatigen Vasen gestaltet.
Mit Rundholz gewalzt
Die Grundlage ist eine runde Tonscheibe, die er mit flüssigem Porzellan bestreicht. Ist das Porzellan angetrocknet, walzt er die Scheibe dann mit einem breiten Rundholz. Bei diesem Vorgang entstehen interessante Risse in der Oberfläche.
"Man muss dem Material seinen Willen lassen", sagt Dorrmann - das ist seiner Erfahrung nach besser, als mit allzu detailliertem Plan ein bestimmtes Aussehen erzwingen zu wollen.
Die Künstler
Sigrun Wassermann hat in Kiel an der Fachhochschule für Gestaltung studiert und betreibt seit 2000 zusammen mit Klaus Dorrmann eine galerieartige Werkstatt in der Alten Schule in Wohlbach bei Ahorn. Hier entstehen ihre großen, "gestrickten" Gefäßskulpturen in einer Aufbautechnik, die zu den ältesten keramischen Gestaltungsweisen überhaupt gehört.
Klaus Dormann hat bei den legendären Keramikern Wilhelm und Elly Kuch in Burgthann gelernt, 1990 seinen Meister gemacht und tritt seitdem vor allem mit freien keramischen Arbeiten hervor. Er strukturiert und färbt weiche Steinzeugplatten mit farbigen Porzellanen, die ihm als Bauteile für seine Gefäßkörper dienen.