Nachzügler-Störche haben genügend Auswahl: In Seßlach, Schottenstein und Schweighof gibt es noch freie Nisthilfen.
Schweden, Tschechen, Franken, Schwaben - sie sind ein internationales Völkchen, die Störche, die sich in diesem Jahr im Coburger Land niedergelassen haben. Das geht aus den Daten über die Tiere hervor, die zum großen Teil durch ihre Beringung am Bein zu identifizieren sind. Wobei der Tag der Beringung nicht ganz genau das Alter der Tiere markiert, erklärt Hans-Peter Schönecker, der Storchenbeauftragte der Coburger Kreisgruppe im Landesbund für Vogelschutz (LBV): "Die Beringung erfolgt durch geschulte Beringer im Zeitraum 15 bis 42 Tage nach dem Schlüpfen der jungen Weißstörche."
Eine Ausnahme davon gibt es in Scherneck: Dort hat der weibliche Storch zwar einen Ring mit der Kennung "SVS831", aber der wurde dem Vogel erst verpasst, als er schon erwachsen war. Die Storchendame wurde nämlich im Herbst 2008 verletzt in Schweden aufgefunden und lebte danach bis zum März 2015 in einer Aufzuchtanlage. Dann wurde sie freigelassen und ließ sich in der Folge in Scherneck nieder.
Viele Gefahren für Störche
Dort erlebt sie gerade ereignisreiche Wochen, denn ihr bisheriger Partner (er wurde im Juni 2012 in einem Vogelpark in Groß-Rohrheim beringt) verschwand Mitte März spurlos. Hans- Peter Schönecker vermutet, dass der Vogel zu Tode gekommen ist. Gefahren für Störche gibt es zuhauf: Stromleitungen, Windräder, fahrende Autos... Doch die Schernecker Vogeldame blieb nicht lange alleine: Schon nach drei Tagen ließ sich ein männlicher Storch auf dem Schernecker Horst nieder und vertrieb den weiblichen Vogel anfangs immer wieder aus dem Nest. "Inzwischen", das hat Hans-Peter Schönecker am Wochenende beobachtet, "sind sich die Beiden aber näher gekommen." Zumindest erwecken sie den Einruck, als würden sie sich um Nachwuchs bemühen.
Die anderen Störche in der Region sind da schon weiter. "Es schaut so aus, als hätten die Vögel an vier von fünf Standorten bereits mit der Brut begonnen", berichtet Schönecker, der regelmäßig bei den Storchen-Horsten vorbei schaut. Ein Fachmann wie er erkennt binnen weniger Minuten, ob die Vögel schon brüten: "Dann, wenn sich auf jeden Fall immer ein Tier im Nest aufhält und regelmäßig mit dem Schnabel darin herum stochert." Das ist nämlich ein Zeichen dafür, dass der Storch vorsichtig die Eier umdreht, damit sie nicht nur einseitig gewärmt werden.
Ein paar weiße Flecken gibt es auf der vom LBV im Internet veröffentlichten Storchen-Landkarte aber immer noch. "Aber das kann sich noch ändern", gibt sich Hans-Peter Schönecker gelassen und verweist sofort auf den Horst neben der Seßlacher Stadtmauer. Dort haben bereits mehrfach erfolgreich Störche gebrütet. Doch im vergangenen Jahr blieb das Nest verwaist, nachdem im Sommer 2015 ein Storch beim Anflug gegen die Stadtmauer geprallt war und kurz darauf seinen (inneren) Verletzungen erlag.
Vom Umfeld und dem Nahrungsangebot wäre Seßlacher aber prädestiniert für eine erfolgreiche Brut - das weiß man beim Coburger LBV. Nicht viel schlechter stuft Hans-Peter Schönecker die Erfolgsaussichten der Nisthilfen bei Schottenstein und auf dem Gut Schweighof (bei Bad Rodach) ein. Auch dort könnten Storchenpaare auf jeden Fall genug Nahrung finden, um junge Vögel groß zu ziehen.
1-A-Lage in Wiesenfeld
Ein bisschen Zeit haben Störche noch, bis sie endlich einen Nistplatz gefunden haben sollten. "Bis Mitte April sind die Chancen gut", erklärt der Storchenbeauftragte. Und weil derzeit noch viele Nachzügler die Region überfliegen, könne es durchaus sein, dass noch der eine oder andere Horst Bewohner findet.
Bald wird das Nistplatz-Angebot noch größer. In Wiesenfeld - dank seiner Nähe zum Coburger Goldbergsee fast mit einer "1-A-Lage" gesegnet - plant die Landwirtsfamilie Schreiner, auf ihrem Stall eine Plattform für einen Horst anzubringen.
Dass über Störche so viel bekannt ist, ist zwei Faktoren zu verdanken: den vielen (wie Schönecker) ehrenamtlichen Vogelwarten und dem Max-Planck-Institut für Vogelkunde in Radolfszell. Dort werden die Erkenntnisse über die Störche aus dem gesamten Freistaat gesammelt, in Datenbanken aufbereitet und wissenschaftlich ausgewertet. Wobei Hans-Peter Schönecker manchmal so seine Zweifel hat, ob man Jungstörchen zwingend einen Ring verpassen muss: "Aus wissenschaftlicher Sicht halte ich eine Beringung heute nicht mehr für notwendig. "