Am neuen Solarenergiepark bei Großheirath kann sich jeder interessierte Bürger beteiligen. Die erste Anlage der "Neue Energie Obermain" ging in der vergangenen Woche in Betrieb.
Spatenstich für das größte bayerische Solarkraftwerk in Bürgerhand: In Großheirath baut die Bürgerenergie-Genossenschaft Neue Energie Obermain (NEO) seit dieser Woche ihren zweiten Solarpark. Auf einer über drei Hektar großen Fläche entsteht im Kreuzungsbereich der Bundesstraßen 4 und 289 neu eine Anlage mit 4900 Modulen und 1200 Kilowatt Leistung, die circa 300 Haushalte versorgen können wird.
Ein "Kraftakt" für die noch junge Genossenschaft, wie Thomas Schaller, NEO-Aufsichtsratsmitglied aus Marktzeuln, am Donnerstag bemerkte, denn erst am Dienstag hatte die Bürgerenergie-Genossenschaft im Landkreis Lichtenfels ihr erstes Solarkraftwerk NEO 1 in Betrieb genommen. Als man sich in der Endphase dieser Anlage in Unterneuses (Markt Ebensfeld) befand, sei das Angebot des Bad Staffelsteiner Unternehmens IBC Solar gekommen, auch das bereits geplante Projekt in Großheirath zu übernehmen.
"Wir mussten uns schnell entscheiden und erst einmal neue Mitglieder gewinnen", berichtete Schaller.
Beide "Vorzeigeprojekte" sollen demonstrieren, wie durch erneuerbare Energien regionale Wertschöpfung betrieben werden kann. Die jetzt in Angriff genommene Anlage ist rund 20 Prozent größer als NEO 1. Ihre Kosten von rund 1,2 Millionen Euro werden erneut von den Mitgliedern der Genossenschaft finanziert. "Es kann sich jeder beteiligen", erläuterte Uwe Fischer (Lichtenfels), einer der drei NEO-Vorstände. Voraussetzung sei der Erwerb von mindestens einem Geschäftsanteil zum Preis von 500 Euro. Es könnten aber auch mehrere Anteile gezeichnet werden.
Gleiches Stimmrecht für alle Um ihr Ziel einer umweltfreundlichen, sozial gerechten und wirtschaftlichen Energieversorgung vor Ort zu erreichen, will die Genossenschaft zunächst Photovoltaik-Anlagen auf Dächern und landwirtschaftlich wenig lukrativen Flächen (entlang von Hauptverkehrsstraßen und Bahnlinien) finanzieren. Mittelfristig soll in Windenergieanlagen, Blockheizkraftwerke und eventuell auch in die Wasserkraft investiert werden. Jeder Genosse sei an allen Projekten beteiligt und habe - unabhängig von der Zahl seiner Anteile - das gleiche Stimmrecht, ergänzte Vorstandskollege Thomas Schnapp (Kösten).
Wie sein Vorgänger wird NEO 2 von IBC Solar errichtet. Bis Ende April soll die Anlage stehen und bis Anfang Juni ans Netz gehen. Dann könnte noch ein Vergütungssatz von 9,19 Cent pro Kilowattstunde erreicht werden, betont Fischer.
Mit jedem Monat mehr sinke die Einspeisevergütung aber um ein Prozent. "Der Zeitfaktor spielt eine große Rolle", bestätigt auch Andrea Starker (Lichtenfels), die dritte im Bunde der NEO-Vorstände.
Bereits kurz nach Reaktorkatastrophe von Fukushima (Japan) hatten sich in Lichtenfels Bürger zusammengeschlossen, um sich für eine nachhaltige und dezentrale Versorgung aus erneuerbaren Energien einzusetzen. Aus den Mahnwachen am Lichtenfelser Marktplatz entwickelte sich der Arbeitskreis "Bürgerbündnis Erneuerbare Energien im Landkreis Lichtenfels", aus der dann wiederum die Bürgerenergie-Genossenschaft NEO hervorging.
"Sauberer Strom ist eine tolle Sache", freute sich der Großheirather Bürgermeister Udo Siegel (CSU) über den Spatenstich.
Er sieht in dem Solarkraftwerk einen Standortvorteil bei der Ansiedlung neuer Unternehmen im angrenzenden Gewerbegebiet: "Den Strom vor Ort beziehen zu können, rechnet sich sicherlich."
Einstimmig genehmigt Auch Gemeinderat Elmar Schramm (CSU), selbst Benutzer einer Photovoltaik-Anlage, schreibt dem Projekt eine "Startfunktion" zu. Im Gemeinderat wurde das Projekt einstimmig genehmigt, die Fläche bei der letzten Änderung des Bebauungsplans als Sonderfläche für Photovoltaik ausgewiesen. Zusammen mit seinen Partei-Kollegen Jens Beland, Gabriele Möslein-Treiber und Heike Wohlleben diskutierte Schramm mit IBC-Projektmanager Oliver Partheymüller, ob die Ausrichtung und Neigung der Module optimal sei. Der Solarexperte konnte sie beruhigen: "Das wird bei der Abnahme genau nachgemessen.
Schließlich hängt davon der Ertrag ab." Lediglich direkt zwischen den Bundesstraßen 4 und 289 neu sei wegen der Blendwirkung ein Feld nach Osten gedreht worden und werde dann die Morgensonne nutzen.
Mit dem Solarpark werde Großheirath wohl rein rechnerisch Energieautarkie erreichen, schätzt der Bürgermeister, auch dank der Biogas-Anlagen in seiner Kommune. In den letzten Tagen haben sich rund 30 Bürger im Rathaus gemeldet und Interesse an der Bürger-Energiegenossenschaft bekundet. 20 von ihnen zählen inzwischen zu den 320 Mitgliedern von NEO.
Rasend schnell sei das Projekt in Angriff genommen worden, berichteten alle Beteiligten. Siegel kommentierte: "Das straft alle Lügen, die sagen, in Deutschland dauert es von der Planung bis zur Bauausführung Jahre."
Schnell aufgestellt Für IBC-Geschäftsführer Udo Möhrstedt zeigt diese Anlage, wie
mit Solar in wenigen Wochen Strom vor Ort produziert werden kann. Angesichts der bereits überwiegend aufgebauten Gestelle für die Module zeigte sich auch einer der Grundstückseigentümer verblüfft: "Am Montag war hier noch nichts!"
Ob möglichst viel Strom auch vor Ort verbraucht werden kann, wie es nach Aussage von Vorstand Uwe Fischer von NEO angestrebt wird, ist derzeit fraglich: Anders als in Unterneuses, wo eine Ökoland-Bäckerei als Großabnehmer fungiert, hat in Großheirath noch kein Gewerbetreibender Interesse signalisiert, und die Bürger vor Ort zu versorgen ist (noch) nicht möglich: "Dies müsste über die öffentlichen Netze laufen", sagte Fischer.
Beim Startschuss des Solarparks am Donnerstag herrschte trotzdem eitel Sonnenschein bei allen Beteiligten. Nur die Sonne selbst ließ sich nicht sehen. Schaller war sich jedoch sicher: "Wenn alles steht, dann kommt auch die Sonne raus."