So verzaubert die Musik des Walzerkönigs

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Birgit Kronshage bringt die Strauß-Operette "Der Zigeunerbaron" in Coburg auf die Bühne. Das Meisterwerk des Walzerkönigs feiert am Samstag Premiere am Landestheater (Probenszene mit Hayley Sugars, links).Fotos: Andrea Kremper
Birgit Kronshage bringt die Strauß-Operette "Der Zigeunerbaron" in Coburg auf die Bühne. Das Meisterwerk des Walzerkönigs feiert am Samstag Premiere am Landestheater (Probenszene mit Hayley Sugars, links).Fotos: Andrea Kremper
 
 
 
 
Christof Cremer hat das Bühnenbild und die Kostüme für die Coburger Neuinszenierung des "Zigeunerbarons" entworfen.
Christof Cremer hat das Bühnenbild und die Kostüme für die Coburger Neuinszenierung des "Zigeunerbarons" entworfen.
 

Gastregisseurin Birgit Kronshage bringt den "Zigeunerbaron" auf die Bühne des Landestheaters. Im Gespräch verrät sie, was sie an diesem Werk begeistert, manchmal aber auch vor schwierige Aufgaben stellt.

Für Birgit Kronshage ist "Der Zigeunerbaron" bereits die dritte Inszenierung am Landestheater - und die erste Produktion, die sie im Großen Haus betreut. Am Samstag feiert das Werk Premiere

Operette? Komische Oper? Wo ordnen Sie dieses Werk ein?
Birgit Kronshage: Das ist eigentlich fast schon nicht mehr komische Oper, sondern Spieloper - auch wenn ich der Meinung bin, dass es im "Zigeunerbaron" mehr operettenhafte Momente gibt, als man gemeinhin behauptet. Wichtig ist aus meiner Sicht, dass man es nicht als sentimental auffasst, sondern sehr emotional.

Die besten Argumente, den "Zigeunerbaron" auch heute noch auf die Bühne zu bringen, liefert die Musik. Dramaturgisch dagegen bietet das Werk manche Zumutungen. Wie gehen Sie damit um?
Ich muss damit umgehen - ob ich will oder nicht. Das Problem bei diesem Werk ist: Eigentlich gibt es drei verschiedene große Geschichten. Bis zur Mitte des 2. Aktes allerdings ist das Stück eigentlich stringent aufgebaut.

Worum geht es im "Zigeunerbaron" aus Ihrer Sicht?
Im Grunde geht es um erstarrte Gesellschaften, die sich verändern müssen, das aber aus sich heraus nicht tun. Dann kommt in der Figur des Barinkay ein Städter, der etwas verändern will.

Die Partitur bietet viele Hits, gegen deren Popularität man sich kaum wehren kann - Stücke, die ein Eigenleben führen. Wie verfahren Sie damit - gleichsam als Solitär ausstellen oder einbinden in einen stilistischen Zusammenhang?
Diese populären Stücke muss man unbedingt einbinden. Das lässt sich aber durchaus machen, denn es gibt in jedem Fall Operetten, die wesentlich weniger inhaltliche Bögen vorgeben als der "Zigeunerbaron". Die einzige Figur, die eigentlich keine Vorgeschichte hat, ist Graf Homoney, der im 2. Akt auftaucht und Soldaten für den Krieg gegen Spanien anwirbt.

Welche Figur ist Ihre Lieblingsfigur in diesem Werk?
Das ist schwierig zu sagen - das wechselt ständig. Eigentlich hat jede Figur überraschende Momente, die man immer wieder entdecken kann.

Wie kann man heute eine Figur wie den Schweinezüchter Kolman Zsupan als Interpret ernst nehmen?
Ich halte ihn für den einzigen richtigen Rebellen im Dorf. Er wird ja oft als dicker, gemütlicher Dummkopf gezeichnet. Meiner Ansicht nach ist er der Intelligenteste im ganzen Dorf. Wir versuchen jedenfalls, diese Figur wegzubringen von dem üblichen Klischee des Polterers.

Wie lässt sich das Ausstattungskonzept von Christof Cremer beschreiben?
Witzig und absurd. Man soll auf keinen Fall den Spaß der Geschichte zerstören. Aber es ist zugleich wichtig, dass die emotionalen Elemente Gewicht bekommen. Wir überzeichnen die Figuren rein von der Optik her ein wenig. Aber es wichtig, dass sie ein echtes Innenleben haben.

Welchen Bezug haben Sie generell zur Musik von Strauß?
"Der Zigeunerbaron" ist tatsächlich meine erste Strauß-Inszenierung. Ich wollte das Werk eigentlich schon seit langer Zeit sehr gerne machen - das ist grandiose Musik, auch wenn man sich dramaturgisch manchmal die Zähne ausbeißt. Die Musik ist sehr schwungvoll und intelligent gemacht. Schwierig wird es nur, wenn die Marschrhythmen beginnen. Da versuchen wir, den doppelten Boden herauszukitzeln.

Was ist Ihr Lieblingsstück in dieser Partitur?
Das ist auch schwierig zu sagen. Aber ich gestehe, dass mir der Dompfaff sehr gefällt, das ist sehr gefühlvoll, wenn man ihn ernst nimmt.

Welchen Anteil hat das Genre Operette bei Ihrer Arbeit im Vergleich zur Oper?
Bislang habe ich vorwiegend moderne oder zeitgenössische Werke des Musiktheaters inszeniert. "Der Zigeunerbaron" ist, glaube ich, erst meine dritte Operetten-Inszenierung.

Das Werk spielt laut Libretto im Jahr 1741 und hat einen zumindest benennbaren historischen Hintergrund. In welcher Zeit siedeln Sie das Werk an?
Wir wollen uns bewusst auf keine bestimmte Zeit festlegen. Wir zeigen einfach eine rückständige Gesellschaft

Am Ende des 2. Aktes ziehen die männlichen Protagonisten reichlich unmotiviert allesamt in den Krieg und kehren pünktlich zum 3. Akt unversehrt zurück. Wie lösen Sie dieses Problem?
Unser Verhältnis zum Krieg hat sich natürlich gewandelt im Vergleich zum 19. Jahrhundert. Das Grauen des Krieges in seinem ganzen Ausmaß auf die Bühne bringen zu wollen, würde natürlich die Grenzen des Genres Operette sprengen. Dazu passt auch die Musik nicht. Im Original ist sehr viel Patriotismus drin. Das macht es heute natürlich schwierig. Ein bisschen ist es vielleicht wie beim Ausbruch des Ersten Weltkrieges: Man zieht in den Krieg und weiß eigentlich nicht wirklich, was einen erwartet. Dabei wird der Krieg im "Zigeunerbaron" - anders als in Offenbachs "Großherzogin von Gerolstein" - nicht ad absurdum geführt. Letztlich ist es der Krieg, der die erstarrte Gesellschaft dazu zwingt, sich zu verändern. Diese Veränderung kommt von außen.

"Der Zigeunerbaron" ist Ihre dritte Inszenierung in Coburg. Wie heimisch fühlen Sie sich inzwischen hier?
Es ist auf jeden Fall sehr schön, hier zu sein. Ich fühle mich hier sehr, sehr wohl. Das Gefühl, zurück zu kommen, hatte ich eigentlich schon bei meiner zweiten Coburg-Inszenierung zum Auftakt der Saison mit "Lola Blau".

Wie sieht's mit Premierenritualen aus?
Da muss ich nachdenken. Premieren sind für mich immer sehr, sehr stressig. Ich muss aufpassen, dass ich mit meiner Nervosität niemanden anstecke. Ich versuche, am Premierenabend einen Platz zu finden, wo ich mich zurückziehen und das Geschehen auf der Bühne verfolgen kann, ohne im Zuschauerraum sitzen zu müssen.



Sie bringen den "Zigeunerbaron" auf die Bühne


Premieren-Tipp Johann Strauß "Der Zigeunerbaron", Samstag, 2. März, 19.30 Uhr, Landestheater Coburg

Weitere Termine 8., 15., März, 19.30 Uhr, 17. März, 15 Uhr, 19., 27., 31. März, 3., 11. April, 2., 4. Mai, 19.30 Uhr, Landestheater; Gastspiele in Bamberg: 24. Mai, 20 Uhr, 26. Mai, 19.30 Uhr, 28. Mai, 20 Uhr

Birgit Kronshage arbeitete als Dramaturgin für Musiktheater und Konzert sowie als Regieassistentin. Von 2002 bis 2010 war sie Spielleiterin am Theater Bielefeld. Als Leiterin der Studiobühne inszenierte sie eine Reihe zeitgenössischer Opern. In Coburg stellte sie sich bereits mit zwei Regiearbeiten vor. So setzte sie im Frühjahr 2011 Kammeropern von Peter Maxwell Davies und Salvatore Sciarrino in der Reithalle in Szene. Und zum Auftakt dieser Saison brachte sie Georg Kreislers Musical "Heute Abend: Lola Blau" im "Münchner Hofbräu" auf die Bühne.

Produktion Musikalische Leitung: Anna-Sophie Brüning; Inszenierung: Birgit Kronshage; Bühnenbild und Kostüme: Christof Cremer, Choreinstudierung: Lorenzo Da Rio; Dramaturgie: Susanne von Tobien

Solisten Graf Peter Homoney: Falko Hönisch; Conte Carnero: Sascha Mai; Sandor Barinkay: Karsten Münster; Kolman Zsupan: Michael Lion; Arsena: Julia Klein; Mirabella: Hayley Sugars; Ottokar: David Zimmer; Czipra: Gabriela Künzler; Saffi: Betsy Horne / Sofia Kallio; Pali: Kostas Bafas; Faktotum: Manfred Völk

Chor und Extrachor, Statisterie, Philharmonisches Orchester Landestheater Coburg