Schweinchenrosa zum Happy End am Landestheater Coburg

3 Min
Der Schein trügt: Bis zum tatsächlichen Happy End ist es noch weit. Szene aus dem Coburger "Zigeunerbaron" mit (von links) Karsten Münster als Barinkay, Michael Lion als Zsupán und Julia Klein als dessen Tochter Arsena.Fotos: Henning Rosenbusch
Der Schein trügt: Bis zum tatsächlichen Happy End ist es noch weit. Szene aus dem Coburger "Zigeunerbaron" mit (von links) Karsten Münster als Barinkay, Michael Lion als Zsupán und Julia Klein als dessen Tochter Arsena.Fotos: Henning Rosenbusch
Gabriela Künzler, Sofia Kallio und Karsten Münster (von links)
Gabriela Künzler, Sofia Kallio und Karsten Münster (von links)
 
Gabriela Kpnzle r(links) und Sofia Kallio
Gabriela Kpnzle r(links) und Sofia Kallio
 
 
 
 
Sofia Kallio als Saffi
Sofia Kallio als Saffi
 
Sofia Kallio und Karsten Münster
Sofia Kallio und Karsten Münster
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
Regisseurin Birgit KronshageFoto: Andrea Kremper
Regisseurin Birgit KronshageFoto: Andrea Kremper
 

Was passiert, wenn sich Ironie, Eleganz und zauberhafte Walzermelodien begegnen? Birgit Kronshage bringt den "Zigeunerbaron" in Coburg auf die Bühne.

Ja, ja - die Liebe ist eine Himmelsmacht. Wenn Johann Strauß seine schönsten Melodien singen lässt im "Zigeunerbaron", hat die Logik ihr Recht auf Einspruch endgültig verloren. Wenn Sofia Kallio als Saffi und Karsten Münster als Sándor Barinkay in der Coburger Neuinszenierung vom Dompfaff singen, der sie getraut habe, dann fragt niemand mehr, wovon diese reichlich klischeehafte Geschichte denn eigentlich handelt - diese Geschichte, die vom reichen Schweinezüchter Kálmán Zsupán und dem nach langen Jahren in der Fremde endlich nach Hause zurück kehrenden einstigen Großgrundbesitzer Sándor Barinkay berichtet. Dann triumphiert die Musik mit ihren zauberhaften Walzerklängen, mit ihrer da und dort freilich auch ein wenig angestrengt klingenden Fröhlichkeit.


Zuschauer auch aus Kulmbach und Bamberg


Schöne Musik entschädigt
für dramaturgische Merkwürdigkeiten. So zumindest kann Operette sogar heute noch funktionieren - mit Ausstrahlungskraft, die weit über den Landkreis Coburg hinaus reicht. Das Premierenpublikum im Landestheater jedenfalls kommt an diesem Abend auch aus Lichtenfels, Kronach oder Forchheim, busweise sogar aus Kulmbach und Bamberg. Der Walzerkönig - ein musikalisches Phänomen ohne Verfallsdatum.

Schwelgerisch musiziert

Die Würze dieser Musik ist für den Interpreten der flexible Umgang mit dem Tempo. Am Dirigentenpult kostet Anna-Sophie Brüning schon in der Ouvertüre viele Rubato-Effekte geradezu schwelgerisch aus. Bereits hier wird deutlich, wie ernst sie die Musik des Walzerkönigs nimmt, wie sorgfältig sie auf Nuancen in Dynamik wie Ausdruck achtet. Jederzeit aufmerksam und klangschön musizierend folgt das Orchester ihrem Dirigat, wobei das Wechselspiel zwischen Bühne und Orchestergraben da und dort nicht frei von rhythmisch heiklen Stellen ist.


Szenenbeifalll lässt lange auf sich warten


Birgit Kronshages Regie nimmt den "Zigeunerbaron" in jeder Szene ernst als eine Operette, die von der musikalischen Anlage her eher eine Spieloper ist. Sie schielt mit ihrer Inszenierung nicht auf billige Lacherfolge, sondern ist stets bestrebt, den Figuren Gerechtigkeit widerfahren zu lassen. Selbst die karikierende Zuspitzung einzelner Rollen denunziert die Figuren nicht. Es geht Birgit Kronshage vielmehr darum, die Gefühle der Figuren sichtbar werden zu lassen in den Wirrnissen der bisweilen allzu konstruierten Handlung. Zündend freilich wirkt das Spiel auf der Bühne nicht immer. Der erste Szenenbeifall lässt denn auch recht lange auf sich warten.

Ironisch elegante Kostüme

Ironie und Anspielungsreichtum sind wichtige Zutaten in Christof Cremers Ausstattung. Wie schon in Rossinis "Barbier von Sevilla", mit dem er sich vor knapp zwei Jahren erstmals in Coburg vorstellte, hat Cremer im "Zigeunerbaron" eine große, nach vorne offene Schachtel auf die Bühne gestellt. Die hell gestrichenen Wände zieren allerlei geschriebene und gemalte Stichworte, die das Geschehen gezielt auf Distanz halten: Gefühlsduselei, Heldenverehrung, Heimat, Kitsch steht dort geschrieben zwischen einer riesigen Krone, einem kostümierten Paar und Aufrisszeichnungen, die ein Schwein im Querschnitt zeigen wie eine Landkarte mit essbaren Regionen.


Für diesen Coburger "Zigeunerbaron" hat Cremer mit sichtbarer Freude an vielen sprechenden Details ironisch elegante Kostüme entworfen mit unterschiedlichen Graden an pointierter Überzeichnung - vom schicken Tropenanzug für den in die Heimat zurückkehrenden Exilanten Sándor Barinkay bis zum perfekten Outfit für den reichen Schweinezüchter Kálmán Zsupán. Denn dessen strizzihafter Anzug ist - natürlich - schweinchenrosa.

Rasch ermüdender Beifall

Die Rollen sind allesamt angemessen besetzt - sängerisch wie darstellerisch. Die Partie des Zigeunerbarons Barinkay bietet jenseits aller Rollenklischees manche tenorale Herausforderung. Karsten Münster geht sie mit Elan und jederzeit durchsetzungsfähiger Kraftentfaltung an, entfaltet aber auch lyrisches Potenzial. Als Schweinezüchter Zsupán gelingt Michael Lion mit beweglichem Bass und lebendigem Spiel ein ironisch wirkungsvoll zugespitzes Porträt. Mit hellem Koloratursopran ist Julia Klein als Zsupáns Tochter Arsena zu erleben, als Saffi überzeugt Sofia Kallio - trotz einer vorsorglich angesagten leichten Indisposition. Köstlich karikierend: Hayley Sugars als Gouvernante Mirabella.
Präsent in Gesang und Darstellung: Gabriela Künzler. Und als Conte Carnero führt Sascha Mai vor, wie man eine vermeintlich kleine Rolle effektvoll auf die Bühne bringen kann. Chor und Extrachor des Landestheaters, von Lorenzo da Rio sorgfältig einstudiert, beleben viele Szenen mit engagiertem Spiel.
Und der Applaus? Ungetrübt freundlich, gerecht verteilt, aber doch recht rasch ermüdend.


Der Coburger "Zigeunerbaron" und seine Interpreten



Weitere Aufführungen Johann Strauß "Der Zigeunerbaron" - 8., 15., März, 19.30 Uhr, 17. März, 15 Uhr, 19., 27., 31. März, 3., 11., April, 2., 4. Mai, 19.30 Uhr, Landestheater Coburg: Gastspiele in Bamberg: 24. Mai, 20 Uhr, 26. Mai, 19.30 Uhr, 28. Mai, 20 Uhr

Produktionsteam Musikalische Leitung: Anna-Sophie Brüning
Inszenierung: Birgit Kronshage
Bühnenbild: Christof Cremer
Kostüme: Christof Cremer
Choreinstudierung: Lorenzo Da Rio
Dramaturgie: Susanne von Tobien

Darsteller Graf Peter Homoney: Falko Hönisch
Conte Carnero: Sascha Mai
Sandor Barinkay: Karsten Münster
Kolman Zsupan: Michael Lion
Arsena: Julia Klein
Mirabella: Hayley Sugars
Ottokar: David Zimmer
Czipra: Gabriela Künzler
Saffi: Betsy Horne / Sofia Kallio
Pali: Kostas Bafas
Faktotum: Manfred Völk

Chor des Landestheaters
Extrachor des Landestheaters
Philharmonisches Orchester Landestheater Coburg




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