So verbindet ein Konzert-Projekt des Landestheaters Coburg an der Dörfles-Esbacher Emil-Kirchner-Grundschule Kunst mit ungewöhnlichen Formen des Lernens.
Für knapp zwei Wochen verwandelt sich die Emil-Fischer-Grundschule in einen russischen Jahrmarkt. Zumindest zwei Klassenzimmer. Denn hier erarbeiten insgesamt 47 Kinder der Klassen 3a und 3c eine eigene Fassung von Strawinskys Ballett "Petruschka". Die originale Szene bei Strawinsky ist ein Jahrmarkt in St. Petersburg. Dort tritt ein Gaukler auf, der ein hinterlistiges Spiel mit seinen Puppen treibt - mit der eitlen Ballerina, dem melancholischen Petruschka und dem bösartigen Mohr.
"COmpose Strawinsky" hat Coburgs Generalmusikdirektor Roland Kluttig dieses Projekt genannt. Bei Strawinsky erzählt die Handlung des Balletts von den Liebesnöten Petruschkas, der sich in die Ballerina verliebt, die sich freilich in die Arme des Mohren werfen wird. Denn durch die Macht einer magischen Flötenmelodie erwachen die Puppen zum Leben. Und sie verhalten sich wie wirkliche Menschen - mit ihrer Eifersucht, ihrer Liebessehnsucht und ihrem Hass.
Genauso wichtig wie Mathe Dass sich Schulen bereit erklären, an einem solchen Projekt mitzuarbeiten, sei keineswegs selbstverständlich, weiß Carmen Schmidt. Gemeinsam mit Sören Schrader hat die in Berlin arbeitende Pädagogin bereits im vergangenen Jahr das ebenfalls ambitionierte Janácek-Projekt des Landestheaters geleitet. Im Grunde sind diese knapp zwei Wochen fast zu wenig für ein solches ehrgeiziges Vorhaben. Aber mehr Zeit zu bekommen, ist tatsächlich unmöglich.
"Wir wirbeln mit diesem Vorhaben natürlich den Schulalltag der beiden Klassen gehörig durcheinander", sagt Schmidt und ist dennoch überzeugt vom pädagogischen Mehrwert des Vorhabens: "Was die Kinder in diesen zwei Wochen lernen, ist genauso wichtig wie zum Beispiel Mathematik." Schmidt und Schrader wollen natürlich mit den 47 Kindern der Emil-Fischer-Grundschule eine überzeugende Aufführung auf die Bühne des Landestheaters bringen. Noch wichtiger ist Schrader dieser Aspekt: "Die Kinder lernen, aufeinander zu hören und miteinander Musik zu machen."
Säbel selbst gebastelt Für die Kinder ist dieses Projekt eine großes Herausforderung. Das weiß Carmen Schmidt natürlich - und das ist auch immer wieder zu spüren. Sich über diesen langen Zeitraum auf ein Thema zu konzentrieren, ist für die Kinder eine echte Herausforderung. "Sie müssen lernen, auch einmal Stille zu ertragen", sagt Carmen Schmidt. Denn nur so kann es schließlich gelingen, gemeinsam zu musizieren.
Wenige Tage vor der Aufführung im Landestheater hat das "Petruschka"-Projekt schon deutlich erkennbar Strukturen gewonnen. Immer wieder klingt Strawinskys Ballettpartitur mit ihren raffiniert eingearbeiteten Melodien im Musizieren der Kinder charakteristisch an. Auch die Kostümteile und viele der benötigten Requisiten sind weitgehend fertig.
Nur die Mohren, die eine wichtige Rollen spielen in Petruschka, brauchen noch große Säbel. Die sind in diesem Fall freilich aus dicker Pappe und müssen in Alufolie eingehüllt werden, damit sie ein wenig nach Metall aussehen.
Das freilich ist nicht so einfach. Erst muss der Umriss des Säbels mit etwas überstehendem Rand auf die Folie gemalt werden. Anschließend muss dieser Umriss ausgeschnitten und um die Pappform drapiert werden.
Gibt es ein Happy End? Dann kann das Spiel um Petruschka beginnen. Bleibt nur die Frage, wie das musikalische Puppenspiel in dieser Fassung ausgehen wird.
Ob der Mohr am Ende Petruschka mit seinem Säbel tötet? Oder ob Petruschka vielleicht nicht nur dem Mohren, sondern auch dem Gaukler entkommt? "Das wollen wir bewusst ein wenig offen lassen", sagt Carmen Schmidt. "Unser Lieblingsschluss wäre natürlich, wenn Petruschka am Ende wirklich ein neues Leben als freier Mensch beginnen könnte."