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Roland Fister macht aus "Dorian Gray" eine Musical-Oper


Autor: Jochen Berger

Coburg, Freitag, 07. Juni 2013

Wie fühlt es sich an, als Dirigent ein eigenes Werk zu interpretieren? Als musikalischer Leiter bereitet Roland Fister die Uraufführung seiner Musical-Oper "Dorian Gray" am Landestheater vor.
"Dorian Gray": Dirigent und Komponist Roland Fister (rechts) bei der Probenarbeit mit Michael Lion (Basil Hallward). Die Musical-Oper nach der Roman-Vorlage von Oscar Wilde erlebt am Samstag ihre Uraufführung am Landestheater Coburg.Fotos: Andrea Kremper


Oscar Wildes Roman "Das Bildnis des Dorian Gray" ist ein skandalumwittertes literarisches Meisterwerk. Roland Fister, Kapellmeister am Landestheater, hat daraus eine Musical-Oper gemacht. Die Uraufführung findet am Samstag in Coburg statt.

Wer mal schnell in den Klavierauszug von "Dorian Gray" rein blättert, stolpert immer wieder über raffinierte Taktwechsel. Wie oft haben Sie deshalb als Dirigent bei der Probenarbeit den Komponisten Roland Fister verflucht?
Roland Fister: Vielleicht müsste man ja eher fragen, wie oft das Orchester Komponist und Dirigent verflucht hat. Die Partitur ist schon anspruchsvoll, anspruchsvoller, als ich eigentlich gedacht habe. Aber als ehemaliger Schlagzeuger macht man sich bei Taktwechseln nicht so viele Gedanken. Und natürlich kommt hinzu, dass es im Fall einer Uraufführung keine Referenzaufnahmen gibt.

Die andere Herausforderung sind die häufigen Tonartenwechseln.

Vom inneren Ohr auf die Bühne: Wie nahe kommen sich innere Vorstellung und Theaterwirklichkeit aus Sicht des Komponisten?
Wenn wir es so hinkriegen, wie es in der Partitur notiert ist, klingt es so, wie ich mir das vorgestellt habe.

Aus Sicht des Komponisten: Worauf muss ein Dirigent bei "Dorian Gray" besonders achten - neben den Taktwechseln?
Wenn die Grundstruktur klar ist, dann wird's, glaube ich, ganz gut fließen. Dann kommt es vor allem darauf an, dass die klangliche Balance funktioniert. Weil ich die besondere Akustik des Landestheaters ja seit vielen Jahren gut kenne, habe ich eigentlich beim Orchestrieren schon versucht, diese Bedingungen in der Partitur zu berücksichtigen. Eigentlich hat es im Probenprozess nur wenige Momente gegeben, wo man noch nachjustieren musste.

Worauf haben Sie bei der Orchestrierung besonders Wert gelegt?
Ich habe mich bemüht, es möglichst schlank klingen zu lassen, weil es viele Konversationspassagen gibt, die schwer verständlich wären, wenn es zu dick instrumentiert ist.

Wie würden Sie selbst Ihren Stil bei diesem Werk definieren? Haben Sie kompositorische Vorbilder?
Das ist schwer zu beschreiben. Was ist Oper, was ist Musical? Von der Struktur her, von der Anlage ist es eher eine Oper und dann durchaus mit einer Verismo-Oper von Puccini zu vergleichen. Von der Tonalität her geht's eher in Richtung Musical oder Jazzharmonik. Und manche Passagen kann man auch als groß orchestrierte Filmmusik beschreiben, manchmal auch mit einer Klanglichkeit, die ein wenig von Bernstein herkommt. Das trifft's vielleicht am ehesten.

Wann haben Sie sich entschieden, den Text selbst zu schreiben?
Im Grunde habe ich versucht, aus der Not eine Tugend zu machen. Als ich mit der Komposition begonnen habe, hatte ich keinen Librettisten zur Hand, den ich hätte fragen können. Und am Anfang war auch gar nicht klar, ob daraus ein Werk werden würde, das aufgeführt wird. Am Anfang habe ich das ja nur für mich geschrieben.

Im Vergleich zum Roman ist das Textbuch naturgemäß sehr konzentriert auf wenige Handlungsstränge. Wie beschreiben Sie Ihr dramaturgisches Vorgehen?
Ganz am Anfang stand die Entscheidung, die Stofffülle des Romans auf fünf Hauptcharaktere zu konzentrieren. Im Konzept für die Uraufführung ist jetzt noch der Bruder von Sibyl Vane als stumme Rolle wieder dazu gekommen. Entscheidend war, sich auf die Frage zu konzentrieren: Wo rühren die Konflikte her? Sie kommen daher, dass jeder den anderen nur als Projektionsfläche seiner Bedürfnisse sieht.

Was war Ihre Hauptarbeit als Librettist?
Die bestand darin, immer mehr zu fokussieren, immer mehr wegzulassen. Beim Vertonen der ersten Textabschnitte habe ich schnell gemerkt, dass ich den Text sogar noch mehr verknappen muss. Das hat bei den weiteren Teilen dann ganz gut geklappt. Da musste ich im Nachhinein relativ wenig weglassen.

Sind Sie als Komponist so richtig auf den Geschmack gekommen nach "Dorian Gray"? Gibt es vielleicht sogar schon Pläne für weitere Arbeiten?
Ich habe natürlich gemerkt, dass es richtig Spaß machen kann, zu komponieren. Deshalb ist für mich jetzt klar, dass ich bei einem nächsten Stück zunächst auch wieder nur aus Spaß beginnen würde - nicht mit dem Druck auf eine Aufführung hin. Im Moment habe ich noch keinen konkreten Stoff. Es gab zwar schon ein paar Ideen, die ich aber wieder verworfen habe. Schließlich geht es ja darum, einen Stoff zu finden, bei dem ich wirklich Lust habe, mich länger damit zu befassen. Und ich möchte mich nicht im Vorfeld mit Rechteproblemen herumschlagen müssen.

Wie ist das Aufführungsmaterial entstanden?
Ich habe klassisch auf Notenpapier geschrieben und dann die Seiten an meinem Vater geschickt, der das Material am Computer in Notensatz verwandelt hat.

War Ihrem Vater klar, dass er sich damit auf eine strapaziöse Arbeit eingelassen hat?
Ich glaube schon, weil mein Vater früher selber arrangiert hat und im Prinzip wusste, wie viel Arbeit das macht. Problematisch war nur, dass das Notensatzprogramm beim Verarbeiten des Textes viele Fehler macht. Das hat viel Zeit gekostet.

Ihr Vater kommt dann natürlich auch zur Premiere?
Er ist jetzt schon bei den Orchesterproben dabei, um eventuelle kleine Fehler in den Orchesterstimmen noch auszubessern.

Wie würden Sie Ihren nervlichen Zustand kurz vor der Premiere beschreiben?
Schwer zu sagen. Vermutlich bin ich schon nervös, aber ich merke es gar nicht, weil gedanklich noch viel zu regeln ist und ich mich nur frage, wie ich die restliche Zeit am effektivsten einteile.

Der Komponist, das Werk und seine Interpreten

Premieren-Tipp "Dorian Gray" - "Musical-Oper", Text und Musik von Roland Fister, 8. Juni, Landestheater Coburg; Inszenierung: Bodo Busse; Bühnenbild und Kostüme: Michael Heinrich.

Vorstellungen 14., 16., 20., 30. Juni , 10. Juli. In der neuen Spielzeit steht "Dorian Gray" ab September wieder auf dem Programm. Die Vorstellung am 30. Juni ist eine Zusatzvorstellung. Dafür entfällt die ursprünglich geplante Aufführung der Strauß-Operette "Der Zigeunerbaron" ersatzlos. - Theater-Kasse: Tel. 0   95   61/89   89   89.

Roland Fister begann nach einem abgeschlossenen Schlagzeugstudium mit einem Dirigierstudium bei Peter Gülke, das er 2000 mit Diplom abschloss. Diverse Meisterkurse ergänzten die Ausbildung. Fister arbeitete als Assistent von Thomas Hengelbrock und Yakov Kreizberg. Im Jahr 2001 wurde Fister als Kapellmeister ans Landestheater engagiert.

Darum geht's Oscar Wildes Roman "Das Bildnis des Dorian Gray", 1891 als Buchausgabe erschienen, erzählt die Geschichte eines jungen Mannes, der sein eigenes Bildnis darum beneidet, nicht altern zu müssen. Sein Wunsch, dieses Bildnis möge an seiner Stelle altern, erfüllt sich für ihn mit grausiger Konsequenz. Für sein Libretto hat Komponist Roland Fister die Roman-Vorlage auf zentrale Handlungsmomente reduziert und zugleich um einen Prolog samt Epilog ergänzt, der im Auktionshaus Sotheby's spielt.

Besetzung
Dorian Gray: Joel Annmo (David Zimmer)
Hallward: Michael Lion
Sibyl Vane: Anna Gütter
Mrs. Vane: Ulrike Barz
Lord Henry: Falko Hönisch
Portier: Marcello Mejia-Mejia
Auktionator: Karsten Münster
Theaterinspizient: Jan Korab
Lady Agatha: Joanna Stark
Lady Wotton: Gabriele Bauer-Rosenthal
Herzogin: Patricia Lerner
Herzog: Thomas Unger
Sir Thomas: Freimut Hammann
Mr. Vandeleur: Martin Trepl
Edward: Simon van Rensburg