Warum Coburgs Generalmusikdirektor Roland Kluttig von Giacomo Puccinis Musik fasziniert ist.
Seine Musik hat Sogwirkung. Und seine verletzlichen Frauengestalten begeistern das Opernpublikum bis heute - auch die Geisha Cho-Cho San, die als "Madama Butterfly" Operngeschichte geschrieben hat. Für Roland Kluttig rangiert das Werk ganz weit oben auf der Hitliste der Puccini-Opern. Am Samstag feiert die "Butterfly" Premiere am Landestheater.
Wie wichtig ist der Aspekt Japan in musikalischer Hinsicht für "Madama Butterfly"?Roland Kluttig: "Madama Butterfly" ist in jedem Fall ein Werk des Exotismus. Puccini hat sich um genaue Kenntnis japanischer Musik bemüht, die er im Original aber gar nicht gehört haben kann. Andererseits schreibt er in der Partitur japanische Instrumente vor, die es gar nicht gibt. Zudem sieht er eine Vielzahl von Gongs vor, die man sicherlich auch nicht unbedingt alle braucht. Als Interpret muss man sich da um Annäherungen bemühen.
In der "Butterfly" gibt es asiatisch klingende, pentatonisch gefärbte Musik, die sicherlich rund ein Drittel des Stücks ausmacht. Das fließt ein in den sogenannten puren Puccini. Das Stück ist eine Orgie des übermäßigen Dreiklangs, und der beruht ja auf der Ganztonleiter.
Welche Bedeutung hat die "Butterfly" im Schaffen Puccinis?Puccini hat ja immer wieder große Frauenrollen geschaffen, aber die Cho-Cho San ist doch wohl die Figur, die ihm die liebste war. Sogar sein Boot hat er nach ihr benannt. Und es ist die einzige Oper, an der er von Aufführung zu Aufführung herum experimentiert hat.
"Butterfly" und "Turandot", Japan und China - wo gibt es in musikalischer Hinsicht Berührungspunkte, wo sind die Unterschiede?"Butterfly" hat keine bombastischen Elemente, das Werk hat einige grelle Momente, aber es ist ein ganz intimes Stück.
Es ist im Grund auch eine sehr ausgesparte Partitur. Das hängst sicher auch mit dem Realismus des Stücks zusammen.
Wie lässt sich der besondere "Butterfly"-Klang beschreiben?Puccini hat sich vor "Butterfly" extrem viel mit Debussy auseinandergesetzt, hat dessen Kunst der Instrumentierung sehr genau studiert, auch wenn ihm Debussy am Ende zu monothematisch erschien. "Butterfly" ist ein Mischung aus italienischer Schule, Verismus und der Farbigkeit Debussys. Was ihn mit Debussy verbindet, ist auch eine Kunst der Andeutung.
Was ist bei dieser Oper die besondere Herausforderung für den Dirigenten?Sie müssen immer gesanglich spielen mit dem Orchester. Man muss immer flexibel sein, elastisch musizieren. Unser Chordirektor Lorenzo Da Rio sagt dazu "wie ein Gummiband". Im Vergleich zu Verdi erweitert Puccini die Palette der Klänge um unglaublich viele Farben.
Haben Sie "Madama Butterfly" schon einmal dirigiert?Nein, das mein erster Puccini als Dirigent. Mein erster Puccini überhaupt war als Neunjähriger die Rolle des Solo-Knaben in "La Bohème" an den Städtischen Theatern Karl-Marx-Stadt in einer Doppelbesetzung mit Matthias Goerne.
Wie sind die ersten Erfahrungen als Puccini-Dirigent?Ich genieße es völlig. Und ich rätsel immer wieder über das Phänomen Puccini - darüber, wie es einem Komponisten gelingt, immer wieder ein derart lange anhaltendes Gänsehaut-Gefühl zu schaffen. Die "Butterfly" ist ein tolles, mutiges Sujet. Puccini hat damit ein Männerbild auf die Bühne gestellt, das für die damalige Zeit sehr ungewöhnlich war und ihm bei der Uraufführung in Mailand auch große Probleme beim Publikum bereitet hat.
Sicher ist dieses Männerbild auch ein wenig selbstkritisch gemeint.
Premieren-Tipp Landestheater Coburg "Madama Butterfly" - Oper von Giacomo Puccini; Samstag, 19. Januar, 19.30 Uhr
Produktionsteam Musikalische Leitung: Roland Kluttig
Inszenierung, Bühnenbild, Kostüme: Alexandra Szemerédy / Magdolna Parditka
Choreinstudierung: Lorenzo Da Rio Dramaturgie: Susanne von Tobien
Besetzung Cho-Cho San: Hyunju Park
Suzuki: Hayley Sugars
Kate Pinkerton: Gabriele Bauer-Rosenthal / Stefanie Schmitt
Benjamin F.
Pinkerton: Milen Bozhkov
Sharpless: Benjamin Werth
Goro: Karsten Münster / David Zimmer
Yamadori: Tae-Kwon Chu
Onkel Bonze: Michael Lion / Sergiy Zinchenko
Yakusidé: Marcello Mejia-Mejia
Der Kommissar: Martin Trepl
Der Standesbeamte: Sergiy Zinchenko
Die Kusine: Tomomi Fujiyama
Die Mutter: Monika Tahal
Das Kind: Julian Lion / Tom Schwerdt
Zur Geschichte Hintergrund Puccinis "Butterfly", am 17. Februar 1904 in Mailand uraufgeführt, reiht sich ein die Tradition von Opern mit exotische Stoffen - von Meyerbeers "Afrikanerin" über Bizets "Perfenfischer" und Massenet "Thais" bis Delibes' "Lakmé"; direkter Vorläufer und Auslöser war Mascagnis "Iris" (1898).
Aufführungs-Termine 23., 25. Januar, 19.30 Uhr, 27. Januar, 15 Uhr, 1., 7., 14., 16. Februar, 5., 10. März, 19.30 Uhr, 24. März, 15 Uhr, 10. April, 19.30 Uhr