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OB Kastner: Coburg muss "finanziell handlungsfähig bleiben"


Autor: Simone Bastian

Coburg, Sonntag, 06. Januar 2013

Mehr Raum fürs Theater, ein Hotel anstatt der Angerhalle und womöglich eine Tiefgarage unterm Schlossplatz: Trotz Sparkurs sieht OB Norbert Kastner Möglichkeiten, Dinge zu gestalten. Und: Der Hebesatz für die Gewerbesteuer soll 2013 und 2014 so niedrig bleiben, wie er ist.
Norbert Kastner


Spätestens im Februar soll der Stadtrat den Haushalt 2013 verabschieden. Wenn es nach Oberbürgermeister Norbert Kastner (SPD) und der Verwaltung geht, sind Steuererhöhungen darin kein Thema.

Coburger Tageblatt: Herr Oberbürgermeister, seit zwei Jahren fährt die Stadt einen strikten Sparkurs. Nun müsste sich doch zeigen, ob dieser Kurs auch greift.
Norbert Kastner: Wir sehen derzeit zwei Entwicklungen: Die Sparmaßnahmen greifen, und die Einnahmensituation bei der Gewerbesteuer ist besser als angenommen. Wir werden also die Rückstellungen nicht so schnell aufbrauchen wie geplant.

Aber im Ergebnis haben wir immer noch einen zweistelligen Millionenbetrag als Defizit im Jahr, und deshalb ist weiterhin Sparen angebracht.

Steht mit dem Haushalt 2013 eine Änderung des Gewerbesteuerhebesatzes an?
Die Finanzplanung, die wir intern vorberaten haben, geht für 2013 und 2014 von einem stabilen Gewerbesteuerhebesatz von 275 Prozent aus. In der Planung ist dann eine Erhöhung ab 2015 auf 300 Prozent.

Stadtrat Klaus Klumpers (ÖDP) hat jetzt vorgeschlagen, den Hebesatz auf 225 Prozent zu senken.
Wenn ich höflich bin, würde ich den Vorschlag als originell bezeichnen. Man muss ja die Begründung anschauen: "Wir haben noch zuviel Geld, um Förderung zu bekommen, deshalb müssen wir möglichst schnell schauen, dass wir es loswerden." Das ist in meinen Augen alles andere als seriös. Wir haben jetzt eine solide Finanzplanung bis 2015 in der Vorberatung, mit der wir nun im neuen Jahr in die Gremien gehen werden.

Aber Ihre Finanzplanung sieht auch vor, die Rücklagen abzuschmelzen.
Richtig. Schon seit Jahren. Aber es ist die Frage, wie schnell ich das tue. Selbst nach jetziger Planung sind die Rücklagen 2015 aufgebraucht. Aber es kann nicht sein, dass ich ab 2015 alle Investitionen und alle Kosten über Kredite finanziere. Schon das, was wir jetzt in der Planung haben, darf eigentlich nicht eintreten. Aber das auch noch um zwei Jahre zu verkürzen, ist völlig abenteuerlich. Wir müssen finanziell handlungsfähig bleiben.

Aber es stehen auch große Aufgaben an - die viel diskutierte Sanierung alter Häuser in der Ketschenvorstadt, das lang versprochene Bürgerhaus in Wüstenahorn. Könnte die Stadt nicht auch dafür Geld reservieren?
Niemand hat das Bürgerhaus versprochen. Es hat oberste Priorität - aber nur, wenn es entsprechend gefördert wird. Die Wohnbau wird die Investition von 3,5 Millionen Euro nicht aus eigenen Mitteln stemmen. Aber uns ist signalisiert worden, dass wir auf Förderung hoffen können. Bei Investitionen muss man auch immer die Folgekosten im Blick halten. Wenn es wirtschaftlich ist, ein Haus für 500   000 Euro zu sanieren, dann kann es auch ein Privater machen oder die Wohnbau. Da braucht es die Stadt nicht dazu. Aber zu fordern, dass die Stadt unwirtschaftliche Sachen machen soll, fände ich ulkig. Wir unterstützen die Wohnbau schon mit zinsgünstigen Darlehen - nicht nur bei der Sanierung, sondern auch im Wohnungsbau, damit die Mietpreise nicht explodieren. Aufgaben haben wir genug! Auch etliche neue.

Und die wären?
Im Wesentlichen das Parkhaus im Bahnhofsbereich, das muss mit dem ICE am Netz sein. Das haben wir jetzt das erste Mal in der Finanzplanung. Neu in der Höhe ist der Zuschuss fürs Hospiz, wo sich das Kostenvolumen verdreifacht hat. Das steht aber unter dem Vorbehalt, dass der Landkreis sich auch beteiligt. Und wir haben noch viele Maßnahmen abzufinanzieren, zum Beispiel all die Kindergärten und Kinderkrippen, die 2013 fertig werden müssen.

Wie lauten denn die Schwerpunkte für 2013?
Was wir schaffen müssen ist eine Entscheidung bezüglich des Parkhauses am Bahnhof - von der Standortfestlegung über die Planung bis zur Investition vergehen ja ein paar Jahre. Wir werden genug damit zu tun haben, in der Ketschenvorstadt und in Wüstenahorn voranzukommen. Wir machen weiter beim Glasfaserausbau, mit 1,5 Milionen Euro im Jahr. Wir haben noch an den Schulen zu tun: Rückert schule, Casimirianum, Heiligkreuzschule. Die Jugendherberge steht auch ganz oben auf der Tagesordnung. Dort reden wir über ein Investitionsvolumen von über sieben Millionen Euro. Da müssen wir abwarten, wie das Jugendherbergswerk fördert. Im Raum stehen drei Millionen Euro, aber das ist noch nicht unter Dach und Fach.

Was ist mit dem Landestheater?
Die Sanierung steht seit vielen Jahren im Haushalt, die ist städtischerseits in der jetzt bekannten Höhe gesichert. Allerdings haben wir noch keine Einigung mit dem Freistaat über Raumbedarf und Raumprogramm und damit über das Kostenvolumen. Der Intendant und die Verwaltungsdirektoren sagen klar, dass sie zusätzlichen Raumbedarf haben, und darüber haben wir noch keine Einigung. Der Freistaat stellt sich auf den Standpunkt, dass wir das bezahlen sollen, was zusätzlich gebraucht wird, und das kann es ja wohl nicht sein. In der Vergangenheit wurden alle Erweiterungen gemeinsam finanziert, und zwar zu 25 Prozent von der Stadt, zu 75 Prozent vom Freistaat. Mein Ziel ist es, im ersten Quartal 2013 eine Einigung hinzubekommen. Ich habe den Verantwortlichen im Landestheater den Auftrag erteilt, klar aufzulisten, warum sie was brauchen. Eine reine Sanierung des Theaters ohne zusätzliche Flächen ist meiner Ansicht nach zu kurz gesprungen.

Was ist dann mit der Schlossplatz- oder Theatertiefgarage?
Wenn es eine Schlossplatz-Tiefgarage geben soll, muss die in der Planung abstimmt werden mit der Sanierung und Erweiterung des Theaters. Die muss ja ans Theater angedockt werden, damit sie Sinn hat. Das andere ist die Frage, wer die Tiefgarage baut. Fakt ist, das werde ich dem Stadtrat spätestens im Januar oder Februar berichten, dass die Arbeitsgruppe Schlossplatztiefgarage unter Federführung der IHK zu dem Ergebnis kam, dass es viele Interessenten gab, aber keinen, der die Vorgaben des Stadtrats erfüllt, nämlich ohne einen Cent von der Stadt.

Es gibt auch den Vorschlag, die Stadtentwicklungsgesellschaft damit zu beauftragen.
Ich habe schon immer gesagt: Wenn es eine entsprechende Förderung gibt - ich hätte auch eine Idee, aus welchem Programm man etwas bekommen könnte - so dass man es wirtschaftlich betreiben kann, dann kann das auch die Stadtentwicklungsgesellschaft tun. Sie hat ja Erfahrung im Bau und Betrieb von Parkhäusern.

Gibt es denn schon jemanden, der auch wirklich prüft, ob das geht?
Was es entgegen allen anderen Angaben noch nicht gibt, sind detaillierte Baugrunduntersuchungen. Es gibt Einschätzungen, aber noch nichts Konkretes. Wenn es niemanden gibt, der ohne Hilfe der Stadt investiert, gibt es zwei Möglichkeiten: Entweder die Stadt tut es, was unwahrscheinlich ist, oder die Stadtentwicklung tut es, wenn es entsprechende Förderung gibt. In diesem Fall würden wir in eine konkrete Planung gehen und sie auch abstimmen mit dem Landestheater.
"Coburgs neuer Süden" hat da weniger gute Aussichten. Das Bebauungsplanverfahren ruht, und jetzt soll die Verwaltung prüfen, wo der Ersatzbau für die Angersporthalle entstehen kann. Gibt es da schon ein Ergebnis?
Nein. Aus meiner Einschätzung heraus wird es auf den südlichen Angerbereich hinauslaufen, vorbehaltlich einer abschließenden Prüfung. Alles, was ich mittig ansiedle, zum Beispiel an der Stelle des heutigen Umkleidehauses, schneidet natürlich massiv in das ursprüngliche Konzept von Coburgs neuem Süden ein. Das wäre dann ein für allemal erledigt. Eine neue Halle sollte das Konzept nicht über den Haufen werfen. Deswegen denke ich, dass eine neue Dreifachhalle an den Rand des Angers kommt. Aber das werden wir noch zu diskutieren haben.

Wie sehen denn dann die weiteren Perspektiven für das Gelände aus? Wenn eine neue Halle im südlichen Bereich gebaut und die heutige Dreifachhalle abgerissen wird, liegt dann neben dem Kongresshaus eine große Brache.
In meinen Augen ist der jetzige Standort der Angerturnhalle der bestgeeignete Hotelstandort. Ich würde dann noch mal auf die Interessenten zugehen und versuchen, den Standort an den Investor zu bringen. Dann hätte ich keine Brache neben dem Kongresshaus, sondern ein Hotel, dass ich eventuell sogar andocken kann. Das entspräche zwar nicht dem Bebauungsplan, aber ich glaube, das ist das einzig marktfähige Konzept.

Die Fragen stellte Redaktionsmitglied Simone Bastian.