Neustadt und das Geheimnis des Osterstorches

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Seltene Kombination: Sowohl der gezeichnete Entwurf als auch die drei Hähne wurden von Franz Hutschgau gefertigt. Museumsleiter Udo Leidner-Haber freut sich, die Gegenstände im Rahmen einer Sonderausstellung präsentieren zu können. Foto: Berthold Köhler
Seltene Kombination: Sowohl der gezeichnete Entwurf als auch die drei Hähne wurden von Franz Hutschgau gefertigt. Museumsleiter Udo Leidner-Haber freut sich, die Gegenstände im Rahmen einer Sonderausstellung präsentieren zu können. Foto: Berthold Köhler
 
 

Im Museum der Deutschen Spielzeugindustrie in Neustadt bei Coburg sind seltene Stücke aus der Sammlung von Franz Hutschgau zu sehen.

Die Recherche in den Stücken des ehemaligen Musterzimmers von Franz Hutschgau bringt selbst für einen Fachmann wie Museumsleiter Udo Leidner-Haber immer wieder überraschende Erkenntnisse. Die Tatsache, dass viele der Musterstücke und Prototypen Hutschgau in einem gerade sensationell guten Zustand sind, erfreut Leidner-Haber zum Beispiel jedes Mal aufs Neue: "Man darf ja nicht vergessen, dass Hutschgaus Sachen nicht für die Ewigkeit gemacht wurden." Den Osterhasen, Hühnern, Küken und Eiern der seit gestern laufenden Sonderausstellung "Fröhliche Ostern" sieht man ihr Alter von bis zu 90 Jahren auf jeden Fall gar nicht an.
Sie sind ein Spiegel der Zeitgeschichte, die Figuren und Gruppen, die das Museum der Deutschen Spielzeugindustrie in seinem Raum für Sonderausstellungen derzeit präsentiert. Rosa Hasen, hellblaue Hasen - was für den Betrachter aus der heutigen Zeit überreichlich bunt daher kommt, ist "typisch für die 50er Jahre", erklärt der Museumsleiter. Nierentische, Melitta-Geschirr und Resopal als Werkstoff eroberten die Wohnzimmer; die Oster-Deko war bunt, die Hasenkörper aus gepresster Pappe, die Ohren aus Schaumstoff - letzterer war das Trendprodukt kurz nach dem Krieg.
Im Vergleich zu den 50ern geradezu edel wirken die Ausstellungsstücke, die noch einmal 20 Jahre älter sind. In der Zeit vor dem Zweiten Weltkrieg verwendeten die Bossierer noch Papiermaché als Werkstoff, detailverliebt waren sie auch. "Bossierer war ein sehr künstlerischer Beruf", erklärt Leidner-Haber das, was Franz Hutschgau geschaffen hat - vieles davon ist detailreich, liebevoll gestaltet und ungewöhnlich. "Und alles komplett in Handarbeit", betont der Leiter des Museums.
Die Weihnachtszeit und das Osterfest bestimmten die Aktivitäten Hutschgaus auf dem deutschen Markt, doch international war der letzte Neustadter Bossierer seiner Zeit voraus. Für das heutzutage allgegenwärtige Halloween und das Thanksgiving-Fest produzierte die Firma fantasievolle Dekorationsartikel ausschließlich für den amerikanischen Markt. Wie in Deutschland auch, so standen diese als Blickfang in Schaufenster oder wurden mit Süßigkeiten gefüllt zu Geschenkartikeln.
Zu den rund 800 Artikeln, die dem Museum von der Familie Hutschgau vermacht wurden, zählt auch eine ganze Menge von Osterpostkarten. Die verschickte man damals mit Grüßen an die Verwandtschaft, Franz Hutschgau nahm die Motive dazu her, um Figuren daraus zu gestalten. Das Problem für Leidner-Haber und sein Team Museum dabei: Karten und Figuren waren nicht beieinander. "Es war eine spannende Suche, zu den Karten die richtigen Artikel zu finden", erklärt der Museumsleiter. Ohnehin wird der Hutschgau-Fundus wohl bis zum 1. Mai nicht zum letzten Mal Grundlage für eine auch heimatgeschichtlich interessante Sonderausstellung sein, vermutet der Leiter des Museums am Hindenburgplatz: "Wir haben damit eine großartige Sache, die für Neustadt eine ganz besondere Bedeutung hat."


Was macht denn der Storch da?

Wer aufmerksam durch den Ausstellungsraum geht, wird in einer Vitrine ein vermeintlich völlig unpassendes Exponat finden: einen Osterstorch. Udo Leidner-Haber weiß, was es mit dieser Figur auf sich hat: Gerade in Thüringen gilt der Storch sozusagen als "Vorfahr" des Osterhasen, der in der jüngeren Vergangenheit seine heutige Beliebtheit erreichte. Noch im 19. Jahrhundert war es hingegen der Storch, der die Eier ins Osternest gelegt haben soll.