Ein aus Maroldsweisach stammender Kunsthistoriker hat Fakten zum Schloss im Seßlacher Stadtteil Heilgersdorf zusammengetragen. Besonders das Dach des Gebäudes ist in der Region einmalig.
Das Heilgersdorfer Schloss ist ein einzigartiges Barockbauwerk, das Forschern wegen seines individuellen Mansarddachs, seiner Formensprache und seiner Loggia bis heute Rätsel aufgibt. Wer wann und warum in dieser Form diesen Bau geschaffen hat, diese Geheimnisse scheint Kunsthistoriker Volker Rößner (Maroldsweisach) nun weitgehend gelüftet zu haben.
Das hat er bei seiner "Feierabendführung" im Barockschloss gezeigt.
"Das Schloss kann nicht bereits 1705 erbaut worden sein", widersprach Dr. Rößner früheren Datierungen. Eine Untersuchung habe ergeben, dass das für den Dachstuhl verwendete Holz nachweislich aus dem Winter 1717/18 stammt. Untermauern konnte der Forscher das überraschende Ergebnis durch Funde im Archiv der Familie Lichtenstein, das er im Bayerischen Hauptstaatsarchiv aufspürte: Rechnungen bestätigen, dass das Schloss erst von Frühjahr 1717 bis Herbst 1718 erbaut wurde und nennen die Namen der Handwerker. Der Innenausbau zog sich bis 1720 hin.
Dass dieses Schloss kein repräsentativer Bau, sondern innen relativ bescheiden ausgestaltet wurde, erklärt sich damit, dass es von Adam Heinrich Gottlob von Lichtenstein (1693-1747) als Witwensitz für seine Mutter Florina Margareta in Auftrag gegeben wurde. Allerdings zog diese nie dort hin. Mit seiner neuen Datierung sei das Schloss keine Sensation mehr, sondern stehe "in der Entwicklungslinie des fränkischen Schlossbaus".
Das ist ja wie in Paris Dreiflügelige Anlagen und Mansarddächer kamen in Franken erst mit dem Bau von Schloss Weißenstein in Pommersfelden 1711 in Mode. Der Heilgersdorfer Hans Engelhardt, der nach Erkenntnissen Rößners mit dem Nachbau des Dachs beauftragt war, habe sich bei der Konstruktion "ausschließlich auf sein Gefühl" verlassen können. Das Ergebnis war dennoch ein "extrem komplizierter Aufbau".
Die Holz verschwendende Mann-an-Mann-Decke, die sich sonst nur auf schweren Lagergebäuden finde, ist zum Beispiel nicht mit der Dachkonstruktion verbunden. Den genauen Aufbau könnten nur weitere Forschungen klären. Rößner warnte: "Wenn Sie hier den falschen Balken raussägen, wird das unvorhersehbare Schäden nach sich ziehen."
Verantwortlicher Baumeister war wohl der Seßlacher Hans Georg Salb (1678 bis 1743). Dass diesem Gebäude die typische Handschrift Salbs in Dach- und Fensterform, Gebäudeecken und Portal fehlt, führt der Kunsthistoriker auf den starken Einfluss des Auftraggebers als "Kavaliersarchitekten" zurück: "Solange die Quellen keine neuen Hinweise ergeben, darf Adam Heinrich Gottlob von Lichtenstein als maßgeblich für die Planung des Schlosses angenommen werden."
Laut seiner Leichenpredigt unternahm der Adelige 1714 eine Reise nach Paris, wo er sich dem Studium der Architektur widmete. Das würde passen, denn das Mansarddach, der erhöhte Mittelteil mit Giebel, die offene Loggia mit Balustrade und Scheitelsteine mit Masken finden sich auch am Versailler Schloss. Weitere Anregungen holte sich der Lichtensteiner bei Besuchen seiner niedersächsischen Verwandtschaft.
Während Salb eher die technischen Richtlinien vorgab, konnte der Bauherr bei den Einzelformen seine Vorstellungen verwirklichen: Für Fenster und Portale engagierte der Schüler des Casimirianums den Bildhauer Johann Christoph Hemmer (Eyrichshof), der von der Bamberger Stukkateurskunst beeinflusst wurde, wie sie unter anderem am Böttingerhaus zu sehen ist.
Zusammen mit Salb, Engelhardt und Hemmer habe Adam Heinrich Gottlob von Lichtenstein das Schloss quasi gemeinsam "komponiert".
Rößners überraschende Erkenntnisse über die Baugeschichte sowie die kunsthistorische Analyse des Bauwerks liegen nun in gedruckter Form vor: Kreisheimatpfleger Lothar Hofmann überreichte Seßlachs Bürgermeister Hendrik Dressel (Freie Wähler) das erste Exemplar der Broschüre "Schloss Heilgersdorf".
Schloss Heilgersdorf Gegenwart Das Schloss befindet sich heute im Besitz der Stadt. "Ein schönes Ambiente, das aber auch viel Geld kostet", sagt Bürgermeister Hendrik Dressel über das Haus. Mit Blick auf die dringend notwendige Sanierung des Bauwerks ist Dressel aber auch optimistisch: "Wenn uns viele Besucher bestätigen, dass sich der Erhalt des Schlosses lohnt, kann uns nichts Besseres passieren." Ein Lob von hoher Stelle gab es für Rößners Forschungsarbeiten auch. "Sie bringen die Kunstgeschichte der Region voran", lobte Bezirksheimatpfleger Günter Dippold.
Das ist doch kein "Seßlacher" Schloß!
vielen Dank, dass Sie aufmerksam lesen und uns auf den Fehler in der Überschrift hingewiesen haben. Es handelt sich natürlich um das Heilgersdorfer Schloss im Ortsteil von Seßlach.
Danke und viele Grüße,
das inFranken.de-Team