Druckartikel: Nachts in Coburg allein mit dem Schnee

Nachts in Coburg allein mit dem Schnee


Autor: Simone Bastian

Coburg, Montag, 21. Januar 2013

,,Am schönsten ist es vor 4 Uhr, bevor der Berufsverkehr einsetzt", sagt Schneepflugfahrer Oliver Seyfarth. Von 3 Uhr früh bis abends um 21 Uhr sind die Jungs vom städtischen Winterdienst derzeit in zwei Schichten im Einsatz.
Eingespieltes Team: Beifahrer Kai Heinlein und Fahrer Oliver Seyfarth sind schon seit Jahren gemeinsam im Winterdienst unterwegs.


Oben blinken die Rundumleuchten, vorne flattern die orange-weißen Flaggen am Pflugschild im Fahrtwind. Die Schneeketten klirren auf dem Asphalt, der noch leicht mit Matsch bedeckt ist. "Wir machen jetzt in der Innenstadt weiter", erläutert Kai Heinlein, der Beifahrer im Schneepflug. Denn es hat aufgehört zu schneien, und dann bleibt Zeit für die weniger wichtigen Straßen.

Wenn's dick kommt, so wie am Sonntagabend mit Eisregen und am Montagmorgen mit Schnee, dann sind die elf Winterdienstfahrzeuge des Coburger Entsorgungs- und Baubetriebs ( CEB) vorrangig auf den Strecken der Kategorie I unterwegs. "Gefährlich und/oder verkehrswichtig" seien diese Straßen, erläutert Bernd Löhnert, beim CEB zuständig für den Winterdienst. Erst, wenn sich die Wetterlage beruhigt, bleibt Zeit für die nachgeordneten Straßen. "Viele Anwohner verstehen das aber nicht", seufzt Löhnert.

Denn dann hagelt es Anrufe beim CEB, einmal waren es 90 an einem Tag. Schließlich kann es durchaus passieren, dass die nächste Straße geräumt wird, die eigene aber nicht.

Salz oder Lauge

Zu den verkehrswichtigen Straßen gehört die Hauptachse Goethe-/Löwenstraße. Das Pflugschild bleibt hier oben, nur Salz rieselt hinten aus dem Streuaufsatz. Bei Schneefall wird Trockensalz gestreut; der Aufsatz könnte aber auch Salzlauge ausbringen. Das geschieht bei Eis oder bei extrem kalten Temperaturen. Aber für den Matsch auf der Straße reicht Salz. 20 Gramm pro Quadratmeter, "das ist ziemlich viel", sagt Seyfarth. Wie viel und was gestreut wird, legt jeweils der Fahrdienstleiter fest, der schon morgens um 2.30 Uhr die Lage geprüft hat. Wird Winterdienst gebraucht, so wie am Montag, als Regen in den Neuschnee fiel und Autos und Straßen eine weiße Glasur verlieh, ergeht um 3 Uhr der Weckruf. Spätestens um 3.30 Uhr sind dann alle Räumfahrzeuge im Einsatz, jedes besetzt mit Fahrer und Beifahrer, erklärt Bernd Löhnert.

"Am schönsten lässt es sich fahren vor 4 Uhr, wenn man noch keinen Berufsverkehr hat", erzählt Oliver Seyfarth. Im Rinnstein der Kasernenstraße liegt dreckiger Schnee, vom Gehsteig auf die Straße geräumt. "Da haben die Anwohner einfach kein Verständnis", seufzt Kai Heinlein, der Beifahrer. "So liegt der Matsch auf der Straße, und wenn ein Lkw durchfährt, spritzt es bis an die Häuserwände." Am Bleichanger besteht diese Gefahr noch nicht. Oliver Seyfarth senkt das Pflugschild in die feste Schneedecke und fährt langsam nach hinten. Kai Heinlein passt auf, ob der Abstand passt. "Weil viele Leute so unvernfünftig parken, ist der Beifahrer unerlässlich", erläutert Oliver Seyfarth. Einmal wenden, zurückstoßen bis zum Ende der Stichstraße, wieder vor zum Floßanger. Abhaken.

Jeder Meter aufgezeichnet

Knapp drei Kilometer hat das Streufahrzeug bis jetzt zurückgelegt und 118 Kilogramm Salz gestreut. Abzulesen ist das an dem elektronischen Aufzeichnungsgerät, das per GPS die Route des Lasters aufzeichnet und gleichzeitig registriert, wann der Pflug abgesenkt war und wann nicht. Auch die Zeiten werden erfasst. So lässt sich zurückverfolgen, wann welches Fahrzeug wo war.

Der Pflug fährt kettenrasselnd den Bürglaß und das Steintor hinauf zum Pilgramsroth. Julius-Popp-Straße und An der Helle stehen auf dem Plan - zwei Siedlungsstraßen ohne Durchgangsverkehr. Auch die Julius-Popp-Straße fährt Oliver Seyfarth rückwärts an, denn am Ende gäbe es keine Wendemöglichkeit für den Pflug. Die gibt's dafür An der Helle, doch der Wendeplatz ist von Garagen gesäumt. Da bleibt kein Platz für Schneehaufen. Drei-, viermal zieht Seyfarth den Schnee rückwärts vom Platz und schiebt ihn dann ein Stück weiter vorn an der Straße an den Rand.

13 Tonnen wiegt der MAN-Laster, der Motor leistet 240 PS. An einem steilen Stück der Malmedystraße muckt er kurz, Seyfarth schaltet eine Getriebestufe runter. Die Automatikgetriebe bedeuten für die Fahrer eine große Erleicherung, sagt er. "Früher musste man ständig kuppeln. Da haben nach neun Stunden die Beine wehgetan."
Aber auch mit Automatikgetriebe sind die neun Stunden Winterdienst ein Knochenjob, weiß Bernd Löhnert. Zwei Schichten leisten seine Leute jeden Tag, von morgens um 3 bis abends um 21 Uhr. Neun Stunden hochkonzentriert fahren, mit dem Dauerblinklicht in allen Spiegeln, das schlaucht.

Seit Jahren bilden Seyfarth und Heinlein ein Team im Winterdienst. Im Sommer arbeiten sie getrennt: Seyfarth reinigt die Gullys, Heinlein, gelernter Maurer, kontrolliert Treppen und macht kleine Ausbesserungsarbeiten.