So erinnert das "Ensemble Rubato" bei seinem Auftritt in Coburg an den jüdischen Kinderarzt, Schriftsteller und Pädagogen Janusz Korczak, der 1942 von den Nazis ermordet wurde.
Wie weit ist der Weg vom guten Gedanken zur guten Tat? Und doch: Wie einleuchtend ist die gute Tat - im Rückblick betrachtet. Die scheinbar einfachen und einleuchtenden Erkenntnisse, die doch so schwierig in die Tat umzusetzen sind - darum geht, wenn man sich mit dem Leben von Janusz Korczak beschäftigt.
Finsterste Zeiten des Naziterrors Denn dieser Kinderarzt, Schriftsteller und Pädagoge hat in den finstersten Zeiten des Naziterrors einfach das getan, woran andere vielleicht denken, aus Angst um ihr eigenes Wohlergehen dann aber doch nicht tun. Korczak hat - mitten im Grauen der Judenverfolgung der Nationalsozialisten - seine Ideale bewahrt, hat als Leiter des jüdischen Waisenhauses in Warschau die ihm anvertrauten Kinder auch dann nicht im Stich gelassen, als es um sein eigenes Leben ging.
Er schlug die Möglichkeit zur Flucht aus und begleitete seine Waisenkinder auf ihrem letzten Weg in die Gaskammern von Treblinka.
Woche der Brüderlichkeit "Das Kind tut Wunder wie der Frühling" hatte Korczak einst in seiner "Pädagogik der Achtung" formuliert. "Das Kind tut Wunder wie der Frühling" lautete auch das Motto eines Abends, den die Reihe "Kultur im Contakt" gemeinsam mit dem "Evangelischen Bildungswerk" dem Andenken Korczaks gewidmet hat. Zu Gast im Coburger "Contakt" zum Auftakt der "Woche der Brüderlichkeit": das "Ensemble Rubato" aus Altdorf mit seinem Programm im Gedenken an Janusz Korczak.
Klezmerklänge Aber geht das denn überhaupt - ein solches Leben in einem gut zweistündigen literarisch-musikalischen Abend bündeln? Texte und Musik ergänzen sich beziehungsreich und beleuchten
sich mit kluger Dramaturgie gegenseitig. Klezmerklänge zwischen Melancholie und trotziger Lebensfreude werden zum musikalischen Kommentar eines unerschrockenen Lebens.
Einfühlsam musiziert Jiddische Lieder erinnern an jüdische Kultur in Europa vor dem Holocaust und während des Völkermordes der Nazis. Das achtköpfige "Ensemble Rubato" musiziert stets einfühlsam und mit gutem stilistischem Gespür. Klug ausgewählt sind die Texte Korczaks, die der Altdorfer Dekan Jörg Breu vorträgt. Sie zeigen ihn als einen Pädagogen, der unerschrocken neue Wege ging, indem er die Interessen von Kindern und ihren Schutz in einer Welt der Erwachsenen in den Mittelpunkt seines erzieherischen Konzeptes stellte.
Gebet des Aufruhrs Sie zeigen aber auch sein Ringen um den Glauben im Angesicht des Schreckens auf
Erden. Dieser Korczak-Abend zeigt einen mutigen Pädagogen auch in seinen Zweifeln, im zornigen Zwiegespräch mit Gott ("Gebet des Aufruhrs"). Bild- und Textprojektionen veranschaulichen die Erinnerungsreise durch ein außergewöhnliches Leben.
Not und Entbehrung Sie zeigen Janusz Korczak in verschiedenen Lebensaltern - als zehnjährigen, ernst drein blickenden Jungen, als Student der Medizin in der Uniform der Warschauer Hochschule, mit Vollbart und Brille als Leiter seines Warschauer Waisenhauses und in der letzten Aufnahme 1940 aus dem Warschauer Ghetto, gezeichnet von Entbehrung und Not.
Behutsam und zugleich unerschrocken - so lässt sich das Konzept dieses Abends beschreiben.
Das Publikum im Coburger "Contakt" ist jedenfalls spürbar beeindruckt und erklatscht sich noch eine Zugabe.
Stationen eines unerschrockenen Lebens Janus Korczak, mit bürgerlichem Namen Henryk Goldszmit, wächst als Sohn eines assimilierten polnischen Juden und Rechtsanwalts in Warschau auf. Der Tod des Vaters bedeutet für die ganze Familie und den 17-jährigen Henryk einen tiefen Einschnitt und sozialen Abstieg. Früh beginnt er unter dem Pseudonym Janusz Korzcak literarisch zu arbeiten, studiert Medizin und erlebt als Militärarzt die Schrecken des Krieges.
Pädagogik der Achtung Im Jahr 1912 übernimmt er die Leitung des jüdischen Waisenhauses Dom Sierot, schreibt Kinderbücher, hält pädagogische Vorträge im Rundfunk und wird zum bekanntesten Pädagogen Polens.
Seine "Pädagogik der Achtung" stellt das Recht des Kindes in den Mittelpunkt; seine tiefgründigen und provokativen Gedanken zur Rolle der Erwachsenen und zur Aufgabe der Erziehung beeinflussen bis heute die Pädagogik.
Schwierigste Bedingungen 1940 muss sein Waisenhaus ins Ghetto umziehen. Unter schwierigsten Bedingungen versucht Korzcak, "seinen" Kindern trotz widrigster Umstände und täglicher Bedrohungen ein Leben in Würde zu ermöglichen. Das Angebot zur Flucht schlägt er aus, um bei den Kindern zu sein, als diese 1942 in die Gaskammern deportiert werden. 1972 wurde Korczak posthum der Friedenspreis des deutschen Buchhandels verliehen.
Ensemble RubatoAnnette Rimroth (Geige)
Esther Tscherner (Oboe)
Ullrich Reuter (Klarinette)
Bärbel Kruse (Klarinette)
Wolfgang Gölkel (Gitarre)
Manfred Stocker (Gitarre)
Leonidas Kalavrouziotis (Bass)
Jochen Riehl (Percussion)