Druckartikel: Melodienzauber zum Nulltarif im Rodacher Kurpark

Melodienzauber zum Nulltarif im Rodacher Kurpark


Autor: Jochen Berger

Bad Rodach, Montag, 01. Juli 2013

So wird das Klassik-Open-Air im Kurpark Bad Rodach zum klangvollen Geschenk für zahlreiche Musikfreunde.
Schwärmerisch: Mit Ausschnitten aus Leonard Bernsteins "West Side Story" verzaubern Sandra Moon und Adam Sanchez das Publikum im Kurpark Bad Rodach. Fotos: Albert Höchstädter


Freiluft-Konzerte gehorchen ganz eigenen Konzerten. Sie brauchen Programme, die auch dann noch funktionieren, wenn sich Blätterrauschen ungefragt mit Geigenmelodien mischt. Die Musik Antonin Dvoráks zum Beispiel verträgt diese Naturklänge als Kontrapunkt ohne größere Probleme, wie das sontägliche Gastspiel der Nürnberger Symphoniker im Kurpark von Bad Rodach beweist.

Komponisten-Dreiklang

Dvorák, Bernstein, Gershwin - dieser Komponisten-Dreiklang lockt trotz zunächst ungewisser Wetterprognose nach Angaben der Veranstalter rund 1600 Zuhörer an. "75 Jahre Haba Firmenfamilie" steht auf den Programmflyern. Und über der Bühne prangt auf in großen Lettern der Dank der veranstaltenden Firma an die Stadt Rodach und ihre Bürger.

Vielseitiges Ochester

Für Tobias Ehrlicher, den jungen Bürgermeister der Kurstadt, ist dieses Konzert ein Bekenntnis des1938 gegründeten Unternehmens zu seinem Standort - und für die Zuhörer ist dieses erste Klassik-Open-Air im Kurpark ein wohlklingendes Geschenk, das die Gelegenheit bietet, bei freiem Eintritt ein weit gereistes fränkisches Orchester live zu erleben. Denn die Nürnberger Symphoniker sind ein stilistisch vielseitig aktiver Klangkörper, der schon zahlreiche internationale Gastspiele absolviert hat. Nicht zuletzt mit vielen Filmmusik-Einspielungen haben sich die Nürnberger Symphoniker einen Namen gemacht, sich in diesem Genre sogar schon einen Grammy Award erspielt.

"Aus der Neuen Welt"

Dass sie mit den besonderen Bedingungen eines Freiluft-Auftrittes routiniert umgehen können, beweisen sie gleich zum Auftakt mit Dvoráks unverwüstlich populärer 9. Symphonie mit dem Beinamen "Aus der Neuen Welt". Stefanos Tsialis weiß, worauf es bei einem Open-Air-Konzert ankommt - auf kräftig ausgereizte Kontraste, auf klare Konturen, damit die natürlich auf Lautsprecher-Verstärkung angewiesene Musik nicht verschwimmt und diffus wird. Selbst das ferne Brummen eines kleinen Motorflugzeugs, das sich mit dem ausdrucksvollen Gesang des Englischhorns im langsamen Satz mischt, kann den Musikgenuss nicht trüben. Rhythmisch lebendig gelingt das Scherzo, schwungvoll, aber nicht gehetzt gerät das Finale.

Stefanos Tsialis ist ein Dirigent mit ausgeprägtem Gespür für fotogene Gestik. Das ist bei einem Open-Air-Konzert gar nicht unpraktisch, weil das Publikum dann auch optisch eingestimmt wird auf die besonders ausdrucksvollen oder besonders dramatischen Passagen.

Drei Zugaben

Vollends populär präsentiert sich dann der zweite Teil. Nach der flott musizierten Ouvertüre zu Leonard Bernsteins "Candide" folgt die erste Suite aus seiner "West Side Story". Mit der Sopranistin Elaine Ortiz-Arandes und dem Tenor Adam Sanchez übernehmen zwei sehr routinierte Sänger die Soloparts. Sie wissen, worauf es bei einem solchen Konzert ankommt - auf große vokale Gesten, die auch in den weiter entfernten hinteren Reihen noch deutlich ankommen. Gekonnt servierte Hits von "Maria" bis "Tonight" bescheren den beiden Solisten verdientermaßen ausdauernden Beifall der Zuhörer.

Ein instrumentaler Querschnitt aus George Gershwins "Porgy & Bess" bildet dann den Abschluss des offiziellen Programms. Unter der jederzeit routinierten Leitung von Stefanos Tsialis beweisen die Nürnberger Symphoniker auch in diesem Genre sehr überzeugend ihre stilistische Vielseitigkeit.

Kein Wunder, dass das begeisterte Publikum einen klingenden Nachschlag wünscht und sich mit ausdauerndem Beifall insgesamt drei Zugaben erklatscht. Nach dem gelungenen Auftakt bleibt eigentlich nur die Frage: Wer schenkt dem Bad Rodacher Publikum im nächsten Jahr ein Klassik-Open-Air?

Wie alles begann


Hintergrund Seit ihrer Gründung 1946 sind die Nürnberger Symphoniker auf vielen Bühnen zu Hause: Oper, Operette, Oratorium, Film und vor allem das Symphoniekonzert.

Auszeichnung Für ihre Einspielung der Titelmelodie der Fernsehserie "The Beauty and the Beast" erhielten sie 1993 den Grammy Award.

Stefanos Tsialis studierte in Saloniki, Kopenhagen und Wien. Er war Chefdirigent der Mitteldeutschen Kammerphilharmonie sowie ständiger Gastdirigent der Berliner Symphoniker. Danach agierte er als stellvertretender GMD und 1. Kapellmeister am Meininger Theater und Chefdirigent und künstlerischer Leiter der Thüringen Philharmonie Gotha.

Haba Es war ein Wagnis, am 26. April 1938 ein Unternehmen in leeren Fabrikräumen zu starten, in unsicheren Zeiten und mit wenig Kapital. Anton Engel und Eugen Habermaaß gingen dieses Wagnis ein. Sie gründeten die Firma Anton Engel, Fabrik für fein polierte Holzwaren in Bad Rodach, und ein paar Tage später mit Karl Wehrfritz sogar eine zweite Firma: Wehrfritz & Co. Bereits 1940 übernimmt Eugen Habermaaß nach dem Ausstieg der gleichberechtigten Gesellschafter die beiden Firmen. Heute ist die Haba Firmenfamilie in vierter Generation in Familienbesitz.