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"Me and My Girl" zurück am Coburger Landestheater


Autor: Jochen Berger

Coburg, Sonntag, 18. November 2012

So feiert Coburg die Neuinszenierung von Noel Gays Musical "Me and My Girl". Für die Regie zeichnet Holger Hauer verantwortlich.
"Me and My Girl": Beim legendären Lambeth Walk im Finale des ersten Aktes  von Noel Gays Musical bebt die Bühne des Landestheaters.Fotos: Henning Rosenbusch


Der begeistert ausdauernde Schlussapplaus zerklatscht die letzten Zweifel. Ja, "Me and My Girl" ist zurück in Coburg - erfolgreich zurück. Das Risiko, dieses Musical genau zwei Jahrzehnte nach seiner triumphalen Erstaufführung am Landestheater an gleicher Stätte neu inszenieren, hat sich hörbar gelohnt. Das Publikum erhält für seinen Applaus jedenfalls gleich mehrere Zugaben.


Stolze Vorfreude


Die Vorfreude auf diese Premiere ist im ausverkauften Haus spürbar, bei manchem Coburger Theaterfan ist sie sogar sichtbar - in Gestalt von T-Shirts jener legendären Erstaufführung und mit stolz präsentierten "Me and My Girl"-Buttons.


Musicalheld aus dem Bilderbuch

Für Hauptdarsteller Jens Janke in der Rolle des Bill Snibson, der schon auf der Bühne besonders ausdauernd umjubelt wird, gibt es anschließend noch den ganz persönlichen Ritterschlag bei der obligatorischen Premieren-Ansprache im Spiegelsaal - eine kräftige Umarmung durch Hartmut H. Forche, der dieses Musicals einst als deutschsprachige Erstaufführung in die Vestestadt geholt und inszeniert hatte und nun als Zuschauer erlebt, dass "Me and My Girl" 20 Jahre später mehr als nur eine nostalgisch verklärte Erinnerung sein kann.


Unbeirrbar treu


Jens Janke, in der vergangenen Spielzeit erstmals am Landestheater zu Gast, ist ein Musicaldarsteller wie aus dem Bilderbuch. Janke tanzt, spielt und singt gleichermaßen gut, er bringt Schwung auf die Bühne und beweist Gespür für das genaue Timing seiner Pointen. Sein Bill Snibson ist unbeirrbar in der Treue zu seinem Girl Sally.

Die lockende Aussicht, als Earl of Hareford zu Reichtum zu gelangen, wird für ihn nicht wirklich zur Versuchung, seine große Liebe für eine vermeintlich standesgemäße Partie zu verraten. Als Sally Smith wird Jana Kristina Lobreyer bei ihrem Coburg-Debut fast ebenso ausdauernd gefeiert wie Janke. Sie verdient sich diesen Beifall - und anschließend das persönliche Lob von ihrer Rollen-Vorgängerin Carol Lentner - besonders durch ihre Darstellung im zweiten Teil.


Rundum gelungenes Debüt als Musical-Dirigent


Coburgs neuer Chordirektor Lorenzo da Rio ist an diesem Abend in doppelter Funktion zu erleben. Er hat nicht nur den überaus spielfreudig agierenden Chor des Landestheaters samt Extrachor gründlich einstudiert, sondern feiert zudem am Pult sein rundum gelungenes Debüt als Musical-Dirigent.


Viele effektvolle kleine Rollen

Das in Big-Band-Besetzung samt Streichern homogen und stilsicher musizierende Orchester und das große Aufgebot an Solisten, Chor und Extrachor hält Lorenzo da Rio umsichtig zusammen. Er beweist aber vor allem feines Gespür für den Puls dieser Musik, die sich keineswegs nur auf den schwungvollen Lambeth Walk reduzieren lässt. Lorenzo da Rio gibt vielmehr auch den lyrischen Stücken die Ruhe, die sie brauchen, um sich wirkungsvoll zu entfalten.


Viele effektvolle kleine Rollen


Dieses Musical lebt natürlich von gut besetzten Hauptrollen. Aber es braucht auch präzis gezeichnete und gespielte kleine Rollen. Und die gibt es reichlich - von Gabriela Künzler als Herzogin von Dene und Michael Lion als Sir John Tremayne über Julia Klein als Lady Jaqueline Carston und Karsten Münster als notorisch verschuldeter Gerald Bolingbroke bis hin zu Kerstin Kluge und Adalbert Ross als Lady und Lord Battersby. Köstlich: Stefan Ignaz als Butler Charles.

Schwungvoll und witzig gerät die Choreografie von Tara Yipp, vom Ballett des Landestheaters und dem spielfreudigen Ensemble präzis tadellos.


Farbenprächtige Kostüme

Dietrich von Grebmer, einst Ausstattungsleiter am Landestheater, hat für diese Neuinszenierung Bühnenbild und Kostüme entworfen. Das Bühnenbild verzichtet auf den Einsatz der Drehbühne, ermöglicht aber dennoch flotte Umbauten und kombiniert geschmackvoll stilisiertes historisches Ambiente eines britischen Adelssitzes mit modernen Attributen. Die farbenprächtigen Kostüme tragen mit ironischen Akzenten zur wirkungsvollen Charakterisierung der Figuren bei.


Witzige Details

Holger Hauer ist ein versierter Musical-Regisseur, der die Gesetze dieses Genres auch als Darsteller bestens kennt. Hauer weiß genau, wie wichtig die dichte Verzahnung von sorgfältiger Dialog-Regie, genauer Personenführung und präzis getimtem Spiel ist. Das gelingt in weiten Teilen sehr überzeugend.


Lässt sich ein Sensationserfolg nach zwei Jahrzehnten tatsächlich wiederholen?


Diese Coburger Neuinszenierung gelingt in vielen witzigen und einfallsreichen Details ebenso wie in der Gesamtwirkung sehr überzeugend. Das muss noch keine Garantie für mehr als 50 ausverkaufte Vorstellungen sein wie ehedem. Einen Besuch wert ist diese Musical-Produktion aber in jedem Fall.



Theater-Tipp

Termine "Me and My Girl" - Musical von Noel Gay im Landestheater Coburg

22., 23., 29. November - 19.30 Uhr
7., 12., 14., 22. Dezember - 19.30 Uhr,
31. Dezember - 15 und 19.30 Uhr
6. Februar - 19.30 Uhr
17. Februar - 15 Uhr
30. April - 19.30 Uhr
12. Mai - 15 Uhr



Darsteller

Bill Snibson: Jens Janke
Sally Smith: Jana Kristina Lobreyer (alternierend: Marie Smolka)
Herzogin von Dene: Gabriela Künzler
Sir John Tremayne: Michael Lion
Lady Jacqueline Carstone: Julia Klein
Gerald Bolingbroke: Karsten Münster
Herbert Parchester: David Zimmer
Lady Battersby: Kerstin Kluge
Lord Battersby: Adelbert Ross
Sir Jasper: Freimut Hammann
Charles, der Butler: Stephan Ignaz
Majordomus: Sascha Mai
Mrs. Worthington-Worthington: Claudia Schäfer
Sophia Wirtz-Schlaechter: Gabriele Bauer-Rosenthal
Pearly Queen: Monika Tahal
Pearly King: Thomas Unger Mrs. Brown: Ioana Tautu
Ein Mädchen: Luise Hecht
Konstabler: Martin Trepl
Die Ahnen: Jae Han Bae, Kostas Bafas, Martin Trepl, Thomas Unger, Simon van Rensburg, Sergej Zinchenko

Chor des Landestheaters; Ballett Coburg; Statisterie
Philharmonisches Orchester Landestheater Coburg