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"Me and My Girl" kehrt zurück ans Landestheater


Autor: Jochen Berger

Coburg, Montag, 12. November 2012

Als Regie-Gast bringt Holger Hauer das Erfolgsmusical "Me and My Girl" von Noel Gayzurück nach Coburg und spricht über das Geheimnis guter Unterhaltung. Die Neuinszenierung feiert am Samstag, 17. November, Premiere im Haus am Schlossplatz.
Regisseur Holger Hauer gastiert erstmals in Coburg. Er inszeniert Noel Gays Musical "Me and My Girl", mit dem das Landestheater vor 20 Jahren einen riesigen Erfolg landete. Der Premierenvorhang für die Neuproduktion hebt sich am Samstag. Foto: Jochen Berger


Holger Hauer ist ein gefragter Mann in Deutschlands Musicalszene. In Coburg inszeniert er derzeit "Me and My Girl", das vor genau 20 Jahren seine umjubelte deutschsprachige Erstaufführung feierte. Im Gespräch verrät er, was der Erwartungsdruck des Publikums für ihn bedeutet.

infranken.de: "Me and My Girl" ist ein Stück mit riesigem Aufwand an Personal und entsprechend an Kostümen etc. Wie lösen Sie dieses Problem?
Holger Hauer: "Me and My Girl" ist sicherlich eines der aufwendigsten Stücke, das man an einem Theater dieser Größe machen kann. Es ist schon an der Grenze, aber: Herausforderungen stärken den Charakter. Karl Valentin hat das gut auf den Punkt gebracht: Kunst ist schön, macht aber viel Arbeit.



Was ist die besondere Herausforderung bei diesem Musical?
Bei einem solchen Stück muss man einfach viel organisieren. Meine Regieassistentin macht eigentlich den Job von drei, vier Personen. Allein die Verteilung der Mikroports ist eine Wissenschaft für sich in diesem Stück. Im Grunde gibt es viermal so viele Personen, die eigentlich ein Mikroport haben müssten. Dann heißt es: Wer kann wann mit wem wechseln? Das ist für die Darsteller sehr anstrengend, das ist aber auch für den Tonmeister furchtbar schwierig. Da werden Listen geschrieben, da wird organisiert.

Wie lösen Sie bei einem Stück mit derartig vielen Darstellern die Beschaffung der Kostüme?
Ich finde es auf jeden Fall gut, dass sich das Haus nach 20 Jahren wieder an eine so große Nummer wagt, aber es ist eben auch wirklich eine große Nummer. Ohne Leihgaben bei den Kostümen geht das natürlich nicht. Der Königsmantel, der in diesem Stück ganz wichtig ist, ist ein Stück, das regelrecht durch Deutschland wandert. Der war meines Wissens bereits in vier Produktionen zu sehen, zuletzt in Bielefeld. Ich glaube, dieser Mantel verbringt ähnlich viel Zeit in einem Postpaket wie er auf der Bühne verbringt.

Wie lässt sich aus Ihrer Sicht "Me and My Girl" beschreiben?
Es ist ein typisches 30er-, 40er-Jahre-Stück. Ich mag es sehr. Ich finde, es ist sehr gute Unterhaltung, es hat über weite Strecken eine sehr schöne Übersetzung, es gibt frische, pfiffige Melodien, wir haben eine sehr gute Orchesterbesetzung, die einen richtigen Big-Band-Sound herstellt, zu dem dann noch Streicher dazu kommen. Das ist ein Stück, das macht richtig Spaß. Das ist letztlich auch das, was das Stück will. Da steht jetzt keine große Message dahinter. Man kann sich sehr davon mitreißen lassen. Und im Vergleich zu dem, was man heute im Fernsehen sieht, ist das charmante, sehr auf den Punkt gebrachte gute Unterhaltung.

Worauf legen Sie bei der Probenarbeit besonderen Wert?
Mir ist es wichtig, dass das Stück Charme hat, die Musik hat großen Charme, die Figuren haben großen Charme. Das ist auch das, was wir bei aller leichten Modernisierung in unserem Konzept unbedingt bewahren wollen. Letztlich besteht die Kunst darin, ein solches Stück nicht zu verraten und nicht auf Teufel komm raus auf modern zu bürsten.

Wie sieht Ihr Konzept aus?
Wir wollen die Geschichte charmant mitnehmen ins Heute. Bei uns spielt die Geschichte in der Gegenwart, aber der englische Adel, um den es geht, hat sich in den letzten 70 Jahren doch eigentlich gar nicht verändert. Das birgt die Möglichkeit, den Geist dieses Stückes zu erhalten, zugleich aber leichte Modernisierungen einzubringen wie zum Beispiel ein Handy. Wir kombinieren einfach ein bisschen alt und neu, befinden uns zwar im Heute, merken das aber fast gar nicht. Damit, denke ich, bleibt der Geist des Stückes erhalten. Niemand muss Angst haben: Mein schönes "Me and My Girl" wird hier auf modern getrimmt. Trotzdem hat das Stück eine andere Frische, finde ich.

Wie gehen Sie damit um, dass das Stück hier vor zwei Jahrzehnten ein riesiger Erfolg war?
Natürlich kommen immer wieder mal Leute zu mir und fragen: Ist das nicht ein unglaublicher Druck? Und ich sage: Nein, gar nicht. Das wird damals sicherlich eine ganz tolle Inszenierung gewesen sein. Aber jetzt versuchen wir ganz einfach, auch eine tolle Inszenierung zu machen. Schließlich ist es ja auch eine neue Generation, die heute ins Theater geht.

Was ist aus Ihrer Sicht bei diesem Stück besonders wichtig?
Ich möchte gern an den wichtigen Kleinigkeiten arbeiten. Mein Lieblingswort in diesem Zusammenhang ist Timing. Gerade Komik ist so schwer zu spielen. Wir arbeiten so hart an diesem Timing, da geht es oft nur um einen kurzen Blick, eine kurze Pause. Das wiederholen wir manchmal eine Viertelstunde, bis es wirklich stimmt. Es gibt nichts Schlimmeres als schlecht getimte Gags, wie das deutsche Fernsehen gegenwärtig ja häufig beweist.

Was wünschen Sie sich für die Premiere?
Wir wollen, dass das ein vergnüglicher Abend wird - nicht oberflächlich, sondern mit guter Komik. Es ist ja doch ein Unterschied, ob man nur Quatsch macht, oder ob man schauspielerisch gute Komik abliefert - mit schöner Musik und tollen Sängern und Darstellern. Meinem Gefühl nach wird das ein sehr runder, schöner Abend. Ich bin jedenfalls sehr guter Dinge.



Ein Musical und seine Interpreten

Holger Hauer Geboren wurde Holger Hauer in Münster in Westfalen. Er ist seit über zwanzig Jahren als Schauspieler, Musicaldarsteller, Regisseur, Autor und Übersetzer an vielen deutschen Bühnen und beim Fernsehen tätig. Die ersten Jahre als reiner Musicaldarsteller und Sänger unterwegs, war er in vielen großen Rollen, wie zum Beispiel als Riff in "West Side Story" oder als Frank N. Furter in "The Rocky Horror Show" an diversen Stadt-, Staats- und Nationaltheatern zu sehen. Außerdem übernahm er im Sprechtheater Rollen. Auch in Fernsehserien wie beispielsweise "Wilsberg" oder "Ein Fall für Zwei" ist er wiederholt auf dem Bildschirm präsent.

Regiekarriere Seine Regiekarriere begann er am Staatstheater Saarbrücken, an dem er zwei Musicals, die er von Amerika nach Deutschland holte, übersetzte, und als deutsche Erstaufführung auf die Bühne brachte.

Premieren-Tipp "Me and My Girl" - Musical von Noel Gay; Buch und Gesangstexte von L. Arthur Rose und Douglas Furber; Samstag, 17. November, 19.30 Uhr, Landestheater Coburg - Termine: 22., 23., 29. November, 7., 12., 14., 22. Dezember, 19.30 Uhr, 31. Dezember, 15 und 19.30 Uhr, 6. Februar, 19.30 Uhr, 17. Februar, 15 Uhr, 30. April, 19.30 Uhr, 12. Mai, 15 Uhr
Produktionsteam Musikalische Leitung und Choreinstudierung: Lorenzo Da Rio; Inszenierung: Holger Hauer; Bühnenbild, Kostüme: Dietrich von Grebmer; Choreografie: Tara Yipp; Dramaturgie: Susanne von Tobien

Darsteller Bill Snibson: Jens Janke
Sally Smith: Marie Smolka / Jana Kristina Lobreyer
Maria, Herzogin von Dene: Gabriela Künzler
Sir John Tremayne: Michael Lion
Lady Jacqueline Carstone: Julia Klein
Gerald Bolingbroke: Karsten Münster
Herbert Parchester: David Zimmer
Lady Battersby: Kerstin Kluge
Lord Battersby: Adelbert Ross
Sir Jasper: Freimut Hammann
Charles, der Butler: Stephan Ignaz
Majordomus: Sascha Mai
Mrs. Worthington-Worthington: Claudia Schäfer
Sophia Wirtz-Schlaechter: Gabriele Bauer-Rosenthal
Pearly Queen: Monika Tahal
Pearly King: Thomas Unger
Mrs. Brown: Ioana Tautu
Ein Mädchen: Luise Hecht
Konstabler: Martin Trepl
Die Ahnen: Jae Han Bae, Kostas Bafas, Martin Trepl, Thomas Unger, Simon van Rensburg, Sergej Zinchenko
Chor des Landestheaters; Ballett Coburg; Statisterie
Philharmonisches Orchester Landestheater Coburg