"Madame Pompadour" und der ironische Charme der Melancholie
Autor: Jochen Berger
Coburg, Dienstag, 04. Dezember 2012
Leo Falls "Madame Pompadour" ist ein Lehrstück über die stille Macht der Gattung Operette. Kurz nach ihrem 90. Geburtstag kehrt sie zurück nach Coburg.
An manchen Abenden muss die Operette reichlich Champagner trinken, um wenigstens für zwei, drei Premierenstunden zu vergessen, dass sie ihre besten Jahre schon lange Zeit hinter sich hat. Dann spielt sie die Fröhliche, tanzt Walzer oder Cancan und wacht am nächsten Morgen reichlich verkatert und mit umso tieferen Falten im Gesicht wieder auf.
Delikate Klangmischung
Manchmal aber erinnert sich die Operette ganz ohne Champagner an ihr eigenes Alter und erkennt, dass sie gar nicht unbedingt die Fröhliche spielen muss. Dann weiß sie plötzlich ganz genau, dass ihr schönster, weil unverwelklicher Reiz ihre konsequente Künstlichkeit ist. Dann muss sie auch nicht permanent Champagner trinken und Walzer tanzen, sondern darf sich ganz ungeniert, weil formvollendet ihren Erinnerungen hingeben.
Am Dirigentenpult: Daxi Pan
Stilsicher und mit feinem Gespür für diese heikle Balance hat Gastregisseur François De Carpentries die Pompadour Ende Mai auf die Bühne des Landestheaters gebracht. Gut fünf Monate später kehrt sie als Wiederaufnahme zurück in den Coburger Spielplan - diesmal mit Daxi Pan am Dirigentenpult anstelle von Hans Stähli, der Ende des Jahres in Ruhestand gehen wird.
Wenn der Premierenbeifall längst verrauscht ist, können Operettenabende manchmal ein etwas müdes Vergnügen werden. Im Fall von "Madame Pompadour" aber widersteht Daxi Pan klugerweise der Versuchung, sich in vordergründigen musikalischen Schwung flüchten zu wollen.
Vielmehr sucht er in Leo Falls Partitur mit klarem Gestaltungswillen immer wieder die überraschenden musikalischen Feinheiten, die delikaten Mischungen der Holzbläser etwa, den leise melancholischen Charme der Melodien, der nur stellenweise von Berliner Schnoddrigkeit kontrastiert wird.
Mit präziser Spielfreude
Das Philharmonische Orchester folgt seinem Dirigat konzentriert und klangschön. Und droben auf der Bühne agiert das Ensemble mit der souveränen Betsy Horne in der Titelrolle mit meist präziser Spielfreude, auch wenn einige Massenszenen da und dort an Prägnanz zurück gewinnen können.
Für Rainer Scheerer übernimmt Stephan Ignanz den Part als Polizeiminister Maurepas und demonstriert dabei sein besonderes Talent für pointiert skizzierte Charakterrollen. Freundlicher Beifall.
Theater-Tipp
Leo Fall "Madame Pompadour" - Termine: 6., 21., 29. Dezember, 6., 9. Januar, 19.30 Uhr, Landestheater Coburg
Theaterkasse Telefon 0 95 61/89 89 89
Musikalische Leitung Daxi Pan; Inszenierung: François De Carpentries; Bühnenbild: Siegfried E. Mayer; Kostüme: Karine van Hercke