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Konzert in Coburg: Wagners Tristan und die Folgen


Autor: Jochen Berger

Coburg, Donnerstag, 04. April 2013

Mit klug komponierten Programmen lässt sich Musikgeschichte in Klang verwandeln. Wie das geht, demonstriert das Landestheater Coburg mit seinem Sinfoniekonzert.
Die Sopranistin Betsy Horne (links) und die Mezzosopranistin Hayley Sugars sind die Solistinnen am Montag beim Sinfoniekonzert. Foto: Andrea Kremper


Zur spannenden musikalischen Entdeckungsreise wird das 5. Sinfoniekonzert dieser Saison im Landestheater. "Tristan und die Folgen" hat Coburgs Generalmusikdirektor Roland Kluttig das Programm überschrieben, mit dem er direkt anknüpft an die konzertante Aufführung von Ausschnitten aus Wagners "Tristan und Isolde" vor knapp zwei Wochen in der Morizkirche.


Schreker und Schönberg, Strauss und Mahler


Von Franz Schreker über Arnold Schönberg spannt sich der Bogen bis zu Richard Strauss und Gustav Mahler. Ein knappes halbes Jahrhundert Musikgeschichte wird darin beziehungsreich beschworen. Zum Auftakt erinnert Roland Kluttig an einen Komponisten, der zu Lebzeiten große Erfolg vor allem als Opernkomponist feierte: Frank Schreker.



Von den Nazis verfemt

Der 1878 geborene Schreker, Sohn eines jüdischen Hoffotografen und einer Mutter aus altsteirischer Adelsfamilie, wurde schon Ende der 1920er Jahre von Nationalsozialisten angefeindet und schließlich zum Rücktritt von seinem Amt als Direktor der Berliner Musikhochschule gezwungen. Ein Jahr nach seiner Zwangsversetzung in den Ruhestand starb er 1934 an einem Herzinfarkt.


Schrekers Kammersinfonie


Seine Kammersinfonie in einem Satz entstand 1916 und wurde am 12. März 1917 im Musikverein Wien von Professoren der Musikakademie unter Leitung des Komponisten uraufgeführt. Das ungewöhnlich besetzte Werk verlangt sieben Bläser, elf Streicher sowie Harfe, Celesta, Harmonium, Klavier, Pauken und Schlagwerk. Die Kammersinfonie zeichnet sich nicht zuletzt durch seine raffinierte Orchestrierung aus, durch seine subtilen Farbeffekte. "Ich bin ein Klang-Künstler, ein Klang-Träumer, ein Klang-Ästhet", schrieb Schreker selbst über sein Komponieren. In Schrekers Werk lassen sich mancherlei Einflüsse finden. In ihrer luxuriösen Farbigkeit freilich besitzt seine Musik einen unverwechselbar eigenen Klang.


"Lied der Waldtaube"


Mit dem folgenden "Lied der Waldtaube" aus den "Gurre-Liedern" erinnern Hayley Sugars und das Philharmonische Orchester unter Leitung von Roland Kluttig an die Uraufführung dieser Kantate vor genau einem Jahrhundert.


Schönbergs größter Erfolg


Diese Uraufführung wurde zum größten Erfolg des Komponisten, der später als Erfinder der Zwölftontechnik ins Zentrum musikästhetischer Auseinandersetzungen geraten sollte. Tatsächlich ist in den "Gurre-Liedern" kaum etwas zu ahnen von Schönbergs späterer Radikalität. Ein großer Teil des Werkes entstand schließlich bereits um die Jahrhundertwende und damit Jahre vor der Uraufführung. Die Einleitung etwa beschwört unüberhörbar die Erinnerung an den Schluss von Wagners "Götterdämmerung". Und auch das "Lied von der Waldtaube", das Hayley Sugars am Montag im Landestheater interpretiert, wäre ohne Wagner und dessen "Tristan" nicht denkbar.

Mahlers Schwanengesang

In vielerlei Hinsicht ein Nachklang sind die "Vier letzten Lieder" von Richard Strauss - Abgesang auf eine zur Entstehungszeit (1948) eigentlich schon längst vergangene Epoche. Drei der vier Textvorlagen stammen aus der Feder von Hermann Hesse, den der greise Komponist in jener Zeit in der Schweiz kennengelernt hatte. Doch von Hesse gab's für Strauss freilich kein Lob. Hesse tönten diese Lieder "wie alle Strauss-Musik: virtuos, raffiniert, voll handwerklicher Schönheit, aber ohne Zentrum, nur Selbstzweck".
Abgesang und Ausblick gleichermaßen ist Gustav Mahlers unvollendete 10. Sinfonie - ein Schlüsselwerk an der Schwelle zur Moderne. Das einleitende Adagio, das bis zum September 1910, als Mahler die Arbeit an dem Werk einstellte, bereits weit gediehen war, bildet den Ausklang des Programms. J.B.




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